Alzheimer und Demenzen
schwerer, ein Buch, die Zeitung oder eine Nachricht auf dem Küchentisch zu lesen, einen Brief oder einen Zettel zu schreiben oder mit den Zahlen auf Preisschildern, auf dem Kontoauszug oder einer Rechnung zurechtzukommen. Wem Zahlenwerte nichts mehr sagen, kann auch immer weniger gut abschätzen, ob der Preis eines Warenstücks überteuert ist, kann sein eigenes Alter nicht mehr angeben, weiß nicht mehr, in welchem Jahr er lebt, und dass im dritten Monat im Jahr der Frühling beginnt.
Betreuungsbedarf ist erhöht
Auch für Angehörige stellen diese Beeinträchtigungen des Kranken eine Erschwernis des Alltagslebens dar. Denn solange der Kranke noch lesen kann, kann er meist auch noch für kürzere Zeit allein zu Hause bleiben. Eine Nachricht auf dem Küchentisch kann ihn immer wieder daran erinnern, wo ich mich im Augenblick befinde und wann ich wieder nach Hause komme. Dieses Hilfsmittel ist oft eine große Beruhigung für ihn. Doch fällt es weg, weil er das Gelesene nicht mehr versteht, kann ich ihn möglicherweise gar nicht mehr alleine lassen. Denn viele Demenzkranke werden unsicher, ängstlich oder gar panisch, wenn sie nicht wissen, wo ihre Bezugsperson ist. Sie beginnen zu suchen, verlassen die Wohnung und verlaufen sich vielleicht dabei.
Der Verlust der Schreib- und/oder Lesefähigkeit zwingt mich als Angehörige schließlich, alle Aufgaben der Haushaltsführung und der Organisation des Alltagslebens, die schriftlich erledigt werden müssen bzw. Rechenfähigkeit verlangen, zu übernehmen.
Psychische Veränderungen sind möglich
Demenzkranke können sich auch psychisch verändern. Einige entwickeln depressive Episoden, Ängste oder Wahnvorstellungen. Vieles davon ist für die betreuenden Angehörigen oftmals nur schwer auszuhalten. Sie sollten in solchen Fällen frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Auch im psychischen Bereich gibt es ganz unterschiedliche Beeinträchtigungen, die bei einer Demenzerkrankung auftreten können, sich aber nicht bei jedem Erkrankten zeigen. Aber das Wissen um die Symptome hilft, die Situation zu verstehen.
Depressive Störungen und Angststörungen
Unter den psychischen Beeinträchtigungen, müssen an erster Stelle die depressiven Störungen genannt werden. Dafür gibt es verschiedene Gründe bzw. Ursachen (→ S. 18 , → 24 ).
Wenn depressive Störungen als Reaktion auf das Wissen um die eigene Demenzerkrankung ausgelöst werden, dann treten sie vornehmlich in frühen Krankheitsphasen auf und lassen häufig im weiteren Verlauf nach, da der Kranke in späteren Krankheitsstadien meist die Einsicht verliert, an einer Demenzerkrankung zu leiden. Diese mangelnde Krankheitseinsicht wird als Anosognosie bezeichnet (→ S. 51 ).
wichtig
Unabhängig von der Ursache sollten depressive Störungen immer behandelt werden, weil sie nicht nur die Lebensqualität des Betroffenen bedeutend beeinträchtigen, sondern sogar lebensgefährdende Auswirkungen für ihn haben können.
Immerhin steigt die Suizidrate im höheren Erwachsenenalter stetig an und als Ursache für die Selbsttötungen älterer Menschen wird in sehr vielen Fällen eine – oftmals unerkannte – Depression angenommen. Auch wenn man von dem Extrem einer Selbsttötung absieht, können Depressionen insofern lebensgefährdende Folgen haben, als die Betroffenen oft ein verändertes Gesundheitsverhalten zeigen, sich nicht mehr ausreichend und ausgewogen ernähren, ihre Medikamente nicht mehr einnehmen, zu wenig Flüssigkeit zu sich nehmen, ihr körperliches Abwehrsystem geschwächt wird und sie anfälliger für Krankheiten werden.
Ängstlichkeit nimmt zu
In jüngerer Fachliteratur werden Angstsymptome und gesteigerte Ängstlichkeit zum depressiven Krankheitsbild Demenzkranker gezählt. Dies scheint insofern gerechtfertigt, als es tatsächlich oft nicht unterscheidbar ist, ob ein Demenzkranker sich deshalb immer stärker von allen sozialen Kontaktenzurückzieht, weil er depressiv ist oder weil er aufgrund seiner Gedächtnis- und Orientierungsprobleme zunehmend unsicherer und ängstlicher wird. Auch aus hirnorganischer Sicht sind Angst und depressive Symptomatik sehr eng verwandt. Wie bei der Depression kommt es auch bei der Angstsymptomatik zu einem Serotonin-Mangel im Gehirn und es lassen sich bei beiden psychischen Störungsbildern Veränderungen der gleichen Gehirnregionen aufzeigen – ganz ähnlich wie bei einer Depression.
TIPP
Sorgen Sie für eigene Freiräume
Antriebsarmut und sozialer
Weitere Kostenlose Bücher