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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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zudem, wie schwer es für sie und Billy sein muss, wie sehr sie beide sich nach ihrem Mann und Vater sehnen müssen. Sie versprechen sogar, ihr mit Rat und Tat beizustehen, falls etwas sein sollte – egal was, sag einfach Bescheid –, und sie sitzt da und kann nichts anderes tun, als mitzuspielen und den Nagel so in ihr Herz zu treiben, dass er nie mehr herausfällt.
    Vier Tage später können sie in der Zeitung lesen, dass sie, ausgerechnet sie, zu der sie mit Blumen, Bier und Mitgefühl gekommen sind, Harry erschlagen hat. Ihren Kumpel Harry, seine eigene Frau. Die seine Leiche zerstückelt und im Wald versteckt hat – und dass sie ihnen folglich ins Gesicht gelogen hat, als sie zu ihr kamen, um ihr Hilfe und Mitmenschlichkeit anzubieten.
    Zum Teufel, seine eigene Frau.
    Wenn es Menschen gibt, denen sie niemals in die Augen sehen können wird, dann sind das Staffan Larsson und Börje Granat.
    Später ist es dann trotzdem passiert. Nicht bei Staffan, der die Stadt offenbar verlassen hat, als sie nach ihrer Gefängnisstrafe zurückkehrt, aber einmal hat Börje in der Schlange gestanden, als sie bei der Postbank arbeitete. Als er sieht, dass sie hinter der Glasscheibe steht, hat er auf dem Absatz kehrtgemacht und ist unverrichteter Dinge abgezogen. Ein anderes Mal ist sie um eine Straßenecke gebogen und ihm fast in die Arme gelaufen. Er hat sie nur ganz kurz angesehen, auf den Bürgersteig gespuckt und sich abgewandt.
    Es gibt vieles, was sie Börje Granat gerne erklären würde, aber sie weiß, dass sie es niemals tun können wird.
    Und am späten Nachmittag an diesem letzten schönen Samstag, an dem Billy bei der Ernte geholfen hat, sind sie zum Baden im Pool auf Groß-Burma eingeladen. Saft und Zimtschnecken und schwimmen. Sie bleiben nicht lange, aber lange genug, um Göran Gelegenheit zu geben, sich für später bei ihr anzukündigen. Ingvor will sich mit Freundinnen in der Stadt treffen, kein Problem.
    Er kommt wie versprochen, und es ist ihr letztes Stelldichein. Sie genießt es nicht, findet es aber auch nicht besonders unangenehm.
    Am Sonntag hilft Billy wieder bei der Ernte, bis zum Schulanfang sind es noch zwei Wochen, und er ahnt nicht, dass er in eine völlig fremde Schule an einem völlig fremden Ort gehen wird.
    Es fällt ihr schwer, an dieses letzte Wochenende zurückzudenken, und es wird mit der Zeit nicht leichter.
    Nachdem sie es nun trotzdem getan hat, wird es für sie noch schwieriger einzuschlafen – obwohl es schon weit nach eins ist. Morgen früh muss ich mit Mona sprechen, denkt sie. Ich muss.
    Sie seufzt, steigt aus dem Bett und zieht das Rollo herab.

42
    V or dem Frühstück machte er einen Spaziergang.
    Von den Bergen war nichts zu sehen, und auch ansonsten war die Sicht eingeschränkt. Niedrige Bäume und Sträucher, murmelndes Wasser und Steine, die bemurmelt wurden. Er folgte einem Weg einen langgezogenen Anstieg hinauf, dann wieder hinunter. Die Temperatur lag sicher nur ein paar Grad über Null, und man hatte im Großen und Ganzen das Gefühl, in einer kalten, feindlich eingestellten Wolke zu wandern. Als er nach einer halben Stunde wieder in der Pension war, beschloss er dennoch, seinen Gang als Bergwanderung zu betrachten, eine Aktivität, über die er viel gehört hatte, ohne selbst jemals echten Kontakt zu ihr gehabt zu haben.
    Mangels Aussicht und weiter Blicke war eine Zeile aus dem Buch Prediger aufgetaucht und hatte ihm Gesellschaft geleistet.
    Alles, was da ist, das ist ferne und ist sehr tief; wer will’s finden?
    Wenn ich eine Woche hier oben bliebe, würde ich das Buch Prediger auswendig lernen, dachte er und fragte sich, wozu ein solcher Gedanke gut sein sollte.
    Fragte sich auch, was diese einsame Zeile bedeutete.
    Ein Frühstücksbuffet stand bereit. Die deutsche Familie war offenbar schon abgereist, zu nördlicheren Abenteuern durfte man vermuten; das junge Paar saß mit einer ausgebreiteten Karte zwischen sich an einem der Tische. Beide nickten ihm freundlich zu; er bemerkte, dass sie schwere Stiefel und prächtige Trekkingkleidung trugen, auch sie hatten mit Sicherheit die Absicht, zu einem Ausflug ins Gebirge aufzubrechen. Einem vermutlich längerem als seinem, vielleicht hatten sie sich ausgerechnet, dass die Sonne diese Frostwolke schon bald fortbrennen würde.
    Als er seine zweite Tasse Kaffee getrunken hatte und überlegte, wie er in Kontakt zu Ellen Bjarnebo kommen sollte, tauchte die Pensionswirtin auf und wünschte ihm einen guten Morgen. Sie erkundigte

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