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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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reichen gerade so bis zum Fußboden, fällt ihr aus irgendeinem Grund auf –, während aus einem dunkelroten Loch in seinem Kopf Blut tropft. Die Lache auf dem Boden hat die Größe einer durchschnittlichen Pizza. Sie nimmt an, dass etwas, was bei dieser Käse wäre, Gehirnsubstanz sein muss.
    Sie weiß, dass er tot ist, braucht dafür nicht zu ihm zu gehen, und im selben Moment beginnt es als eine Art himmlische Bestätigung, in Strömen zu gießen. Harry Helgesson ist tot. Eine Welle der Übelkeit überkommt sie, und sie glaubt für eine Sekunde, sich übergeben zu müssen, aber es gelingt ihr, den Brechreiz zurückzudrängen. Vollkommen regungslos steht sie drei Meter hinter ihrem erschlagenen Mann auf dem schmutzigen Fußboden und lauscht ihrem pochenden Herzen und dem Regen, der auf das Blechdach trommelt.
    Bleibt stehen und wartet ab, bis das Grauen abklingt. Wartet darauf, dass Schwindelgefühle und Panik verebben und von Gedanken ersetzt werden. Von etwas, was zumindest ansatzweise an Gedanken erinnert.
    Es dauert vermutlich ein, zwei Minuten, nicht einmal hinterher hat sie rekonstruieren können, wie lange sie dort gestanden hat. Als sie langsam aus dem Raum zurückweicht, als sie die Tür aufschiebt und sich umschaut, ist der Junge jedenfalls verschwunden. Der Hammer liegt dagegen im Regen, er hat ihn fallen lassen, einfach so, und ist gegangen.
    Sie weiß nicht, wohin. Vielleicht in sein Zimmer, vielleicht in den Wald.
    Es spielt keine Rolle. Nicht jetzt. Mit Billy wird sie sich später beschäftigen müssen, wenn sie ihn findet, aber jetzt geht es um Harry, und obwohl ihr bloß ein paar klägliche Minuten zur Verfügung gestanden haben, weiß sie, was sie tun muss. Es gibt keinen anderen Weg.
    Sie braucht die ganze Nacht, und es regnet die ganze Nacht. Sie arbeitet in einer Art Trance, zerlegt auf dem Fußboden des Büros ruhig und systematisch die Leiche ihres Mannes. Zwei alte Betttücher hat sie dort ausgebreitet, die sie am nächsten Abend zusammen mit seinen Kleidern verbrennen wird; auf Klein-Burma gibt es trotz allem eine ganze Reihe guter Messer, und rein technisch ist der Vorgang kein Problem. Äxte hat sie auch und seit ihrer kurzen Zeit im Schlachthof darüber hinaus das nötige handwerkliche Geschick. Wie gesagt, es ist nicht schwieriger, einen Menschen zu zerlegen als ein Schwein. Sie überlegt, dass es gut gewesen wäre, wenn sie einen richtigen Misthaufen hätten, denn der soll der beste Ort sein, hat sie gehört, wenn man gewisse Dinge loswerden möchte. Zum Beispiel Leichen, da sie sich darin angeblich binnen weniger Monate völlig auflösen. Aber leider steht ihr keiner zur Verfügung, auf Klein-Burma gibt es mittlerweile weder Vieh noch Mist, und bis zum Misthaufen von Groß-Burma ist es zu weit und zu riskant. Sie erinnert sich, dass Harry bei ihrer Hochzeit knapp achtzig Kilo wog, aber seither hat er mindestens fünfzehn zugenommen. Er findet trotzdem problemlos Platz in drei Müllsäcken größeren und reißfesteren Formats, und sie geht davon aus, für diese Portionen genügend Kraft zu haben, um ihn ein ganzes Stück in den Wald zu schaffen. Ihn noch vor dem Morgengrauen vor den Augen der Welt zu verstecken, um danach … danach die Dinge zu nehmen, wie sie denn kommen würden. Sie konnte sich jetzt nicht wegen allem und jedem Sorgen machen.
    Bevor sie in den Wald aufbricht, versteckt sie die Betttücher und Kleider, schrubbt zudem eilig den Boden und wischt den Schreibtischstuhl ab und arbeitet dabei weiter in einem Zustand gedämpfter Erregung. Gedämpft und gleichzeitig fieberhaft. Die drei schwarzen Plastiksäcke liegen hinter der Scheune und warten. Er läuft mir nicht weg, denkt sie. Sie macht sich auch jetzt noch keine Gedanken um Billy, muss ihre Kräfte eins nach dem anderen einsetzen, und dem Jungen jetzt zu begegnen, könnte dazu führen, dass sie zusammenbricht. Um zwei ist sie mit dem Putzen fertig, und auf Groß-Burma brennt nirgendwo mehr Licht. Warum auch? Sie rollt die schwer beladene Schubkarre den Leonoraweg hinab und weiß, dass es keine Zeugen gibt. Kopf, Arme und Beine bei der ersten Tour, den Rumpf bei der zweiten Fahrt. Sie macht ihren zweiten und dritten Waldspaziergang an diesem seltsamen Abend und kommt beide Male ungefähr gleich weit. Zweihundert Meter in den Wald hinein, denn beim Anstieg an der Felswand wird der Weg schlechter; die Schubkarre wird zu schwer, womit sie gerechnet hat, und so kippt sie die Säcke dort ab. Anschließend, nach der zweiten

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