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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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höchstwahrscheinlich tot, und allzu großes Interesse zu zeigen, könnte verdächtig wirken. Da war es doch besser, einfach sitzenzubleiben und zu rauchen, Mandelplätzchen zu kauen und das Maul zu halten. Besagter Polizist hat übrigens bald seine erste Arbeitswoche beendet, seit er seinen Dienst wieder angetreten hat, nachdem seine Frau gestorben ist und ihn in einem Zustand von Panik und Roboterleben und Sinnlosigkeit zurückgelassen hat, schau an, jetzt sind wir wieder an dem Punkt, er wiederholt sich, ich wiederhole mich, meine Gedanken drehen sich im Kreis und reichen nicht weiter als bis zum schlimmsten gemeinsamen Nenner, ich bin im Leerlauf siebter Klasse, aber so ist das eben bei schrottreifen Robotern, und es … es gibt wirklich keinen Grund, aus dem Auto zu steigen, durch diese Leberwursttür zu treten, diese übelriechenden Treppen hinaufzusteigen und an dieser gottverdammten Tür zu klingeln. Nicht den geringsten Grund, du kannst da an deinem jämmerlichen Küchentisch sitzen, Alfons Söderberg, und in deinen Spucknapf spucken und spüren, wie deine Tage verrinnen und dir der Tod schon im Nacken sitzt, ich scheiße auf dich, oho, ja ja, verdammt.
    Nach diesem Gedankenstrom stieg er aus dem Wagen und ging über die Straße zu Hausnummer 16B.
    Söderberg hatte keine Mandelplätzchen gekauft, erkundigte sich aber, ob der Herr Wachtmeister ein Bier wolle.
    Das lehnte der Wachtmeister dankend ab, woraufhin sie gegenüber voneinander an einem Couchtisch Platz nahmen, auf dem ein Computer und sechs Schachbretter standen.
    »Ein Hobby«, erläuterte Söderberg und hustete. »Hält das Gehirn auf Trab. Ich war früher Jugendmeister. Spielen Sie?«
    »Nein«, antwortete Barbarotti. »Ist lange her.«
    »Das war in Ljusdal«, sagte Söderberg.
    »Wie bitte?«, sagte Barbarotti.
    »Als ich Jugendmeister wurde. Aber das ist schon eine Weile her.«
    »Das habe ich mir gedacht«, erwiderte Barbarotti.
    »Möchten Sie eine Zigarette?«
    »Habe aufgehört«, sagte Barbarotti.
    »Das will ich auch«, meinte Söderberg. »An meinem Todestag.«
    »Sehr vernünftig«, sagte Barbarotti. »Alles hat seine Zeit.«
    Söderberg zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch über den Computer hinweg aus.
    »Ich spiele am Computer, aber ich brauche die Bretter, um den Überblick zu behalten«, erläuterte er und ließ die Hand über die verschiedenen Partien schweifen. »Computer sind schon eine feine Sache, aber es geht doch nichts über die Wirklichkeit. Das dreidimensionale Bild.«
    Barbarotti überlegte kurz, wie viele Dimensionen seine eigene Wirklichkeit momentan enthielt. Seinem Gefühl nach, nicht viel mehr als eine. Schräg abwärts. Er tastete in seinen Jacketttaschen und erkannte, dass er keinen Notizblock dabeihatte.
    »Suchen Sie nach Kautabak?«, wollte Söderberg wissen.
    »Nein«, antwortete Barbarotti. »Ich konsumiere auch keinen Kautabak.«
    Söderberg zog an seiner Zigarette und hustete. »Kein Bier. Keine Zigaretten. Keinen Kautabak. Man darf hoffen, dass sie wenigstens ein Frauenzimmer haben.«
    »Hatte ich«, sagte Barbarotti. »Aber sie ist tot.«
    »Meine auch«, erwiderte Söderberg. »Meine war nichts Besonderes, aber im Namen der Gerechtigkeit hätten ihr schon noch ein paar Jahre vergönnt sein können.«
    »Das erwähnten Sie bereits gestern«, sagte Barbarotti. »Am Telefon.«
    »Tatsächlich?«, sagte Söderberg. »Ach ja, man labert sich manchmal eine Scheiße zusammen. Aber was verschafft mir die Ehre? Morinder, stimmt’s?«
    »Ja, Arnold Morinder«, bestätigte Barbarotti. »Und, was haben Sie zu ihm zu sagen?«
    »Warum fragen Sie?«, sagte Söderberg.
    »Es gibt da ein paar lose Fäden«, sagte Barbarotti.
    »Haben Sie eine Spur gefunden?«
    »Nicht direkt«, antwortete Barbarotti. »Wir wollen nur ein paar Dinge überprüfen.«
    »Dann ist er nicht wieder aufgetaucht?
    »Nein. Er ist nicht wieder aufgetaucht.«
    »Wollen Sie sich keine Notizen machen?«
    Barbarotti schüttelte den Kopf.
    »Oder alles aufnehmen?«
    »Nicht nötig. In diesem Stadium jedenfalls nicht.«
    »So, so«, meinte Alfons Söderberg und räusperte sich vernehmlich. »Ja, ich weiß auch nicht. Morinder war jedenfalls, wie er war, so viel ist sicher.«
    »Ich habe gelesen, was sie vor fünf Jahren über ihn gesagt haben«, erklärte Barbarotti.
    »Und was habe ich gesagt?«
    »Erinnern Sie sich nicht?«
    »Nein.«
    Barbarotti dachte einen Moment nach. Dann warf er alle geltenden Regeln für Vernehmungen über Bord;

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