Am Abgrund der Zeit (Science-Fiction-Roman) (German Edition)
Gewalt traf.
Von den Vorgängen auf der fernen Erde hatte die Besatzung von »Herakles« nicht die geringste Ahnung. Das Beiboot bewegte sich in Sichtweite des Großraumers. Allerdings zeigten die Anzeigen keinerlei Geschwindigkeit an. Für Cramer und Leach zeigte sich alles aus einer völlig anderen Perspektive. Um sie her um gab es keine farbigen Pfeiler, sondern nur eine trübgraue Zone mit diffusem Halblicht, ein Dämmerungsstreifen ohne jegliche Orientierung. Cramer schaltete die Kommunikationsanlagen ein. Jetzt konnten sie in die Zentrale sehen und umgekehrt ebenfalls.
Das Eigenartige daran war nur die Tatsache, dass jeder etwas anderes erblickte, als wären sie in einer völlig verrückten Welt des Cyber -Space gelandet.
Cramer stieß Leach an und deutete hinüber.
»Nun sieh dir das an!«, rief er. »Da sitzen doch Katja und Wendre vor dem Terminal. Gerade eben waren sie noch kristalline Fragmente und total zerfallen.«
Leach schluckte hart. Dort saßen, deutlich sichtbar, die beiden Frauen vor dem Terminal, als sei nichts geschehen. Nur waren ihre Gestalten fast durchsichtig und filigran wie zerbrechliches Glas.
»Was soll diese merkwürdige Feststellung?«, fragte Stafford zurück, der alles mithören konnte. »Habt ihr Halluzinationen?«
»Das könnte ich auch fragen«, parierte Leach. »Hier ist alles ganz anders. Es gibt keine Beziehungspunkte. Wir sehen nur euch, sonst nichts anderes als diffuses Licht. Und die beiden Frauen natürlich. Sie sind aber nur schwach zu erkennen.«
Stafford verstand die Stimmen seiner Offiziere, aber sie klangen stark verzerrt, als würden beide unendlich langsam sprechen. Er unterdrückte einen leisen Fluch und sah starr hinüber.
»Was sollen wir jetzt tun, Sir?«, fragte Leach. »Da wir nichts erkennen können, ist unsere Mission ziemlich nutzlos. Eine Hilfe sind wir jedenfalls nicht.«
Stafford wusste absolut keinen Rat und biss sich auf die Unterlippe.
Noch einmal ließ er sich genau schildern, was sie sahen.
»Es wird immer kälter, Sir«, hörte er Cramers verzerrte und langsame Stimme. »Wir haben das Gefühl, als würden wir einfrieren.«
Aus ihrer Sicht nahm sich jetzt wieder alles anders aus.
Zeit und Raum schienen nichtexistent zu werden. Durch das diffuse Licht zog streifiger Nebel in langen Schlieren. Ihre Bewegungen wurden träge und schwerfällig. Gleichzeitig breitete sich eine eisige Kälte um sie herum aus, die immer beißender wurde.
Es war mit keinerlei Schmerzen verbunden. Nur ein Gefühl totaler Apathie machte sich breit. Alles wurde gleichgültig. Nichts hatte mehr Wichtigkeit.
Schließ lich froren ihre Bewegungen ein und sie erstarrten auf ihren Sitzen zu reglosen Figuren.
Stafford hörte ein tiefes Summen aus dem Beiboot und bemerkte, wie sich Distanzen plötzlich veränderten.
Das Beiboot verschwand zwischen den farbigen Pfeilern, wurde wie von einem Zerrspiegel in die Länge gestreckt und schrumpfte Sekunden später auf Spielzeuggröße zurück. Jetzt sah es nur noch wie ein winziges Modell eines Bootes aus.
Staffords Blick ins Innere ließ ihn erschauern, denn die Monitore n wirkten wie Lupen, unter denen man eine Ameise betrachten konnte.
Leach und Cramer saßen vor ihren Instrumenten, eingehüllt in einen milchigen Eisnebel, der sie erstarren ließ. Raureif bedeckte ihre Gesichter, sie bewegten sich nicht mehr. Der Eindruck entstand, als seien sie unter einem plötzlichen Kälteschock gestorben.
»Könnt ihr mich hören?«, fragte er fassungslos.
Die Antwort war nur ein tiefes Brummen, das nach zwei Sekunden wieder erstarb.
Danach wurde das Boot noch kleiner, und die Männer darin waren nur unter optimaler Großeinstellung zu erkennen.
»Wie kriegen wir sie wieder an Bord?«, fragte Beauregard. »Es hat ganz den Anschein, als befänden sie sich in einer dieser überlappenden Inversions-Zonen. Ihr Zeitablauf ist anders und sie sehen auch ganz andere Dinge als wir.«
»Wir müssen es mit ein paar Manövern versuchen«, meinte Stafford. Doch seine Worte klangen ziemlich hilflos, und er wusste auch, dass es nichts anderes als bloßes Wunschdenken war.
»Aber wie? Ich werde mal die Steuerdüsen einschalten.«
»Ja, tun Sie das. Eine Sekunde Zündung an Backbord.«
Die Düse reagierte und blies einen feinen Gasstrahl aus. Nur der Raumer reagierte nicht. Hilflos trieb das Schiff zwischen den merkwürdigen Gebilden dahin, die immer noch Gestalt und Farbe wechselten.
Ein paar Mal rief Stafford das Boot an, doch es
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