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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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Blutes und außerdem war an der Hand eine teilweise verheilte Schnittwunde, die aussah, als wäre sie recht tief gewesen. Josephine hatte Blasen an den Handflächen, wahrscheinlich vom Arbeiten im Garten, ihre Fingernägel waren eingerissen und schmutzig und die Haut so rot und schwielig wie ein Hahnenkamm. „Was in aller Welt hast du in Priscillas Haus gemacht?“
    „Was immer nötig war.“ Josephine zog ihre Hände fort und versteckte sie unter dem Stoff auf ihrem Schoß.
    „Versprich mir, dass du vor meinem Tanzabend keinen einzigen Teller mehr abwäschst und auch keine anderen Arbeiten verrichtest. Lass um Himmels willen deine Hände heilen.“
    „Ich werde doch Handschuhe tragen, oder etwa nicht?“
    „Darum geht es nicht. Enttäusche mich bitte nicht, Josephine. Außerdem wird es, so wie ich dich kenne, keine Stunde dauern, bis du die Handschuhe ausgezogen hast … Lass mich deine Hände sehen, Mary.“ Als Nächstes musterte Eugenia die Finger ihrer jüngeren Tochter. Auch wenn sie nicht rot oder rissig oder voller Schwielen waren, hatte Mary nach wie vor die Angewohnheit, an ihren Fingernägeln zu kauen, und die Haut an den Fingerspitzen war ganz wund. Beide Mädchen würden bei der Tanzveranstaltung Handschuhe tragen müssen, aber alle Paare, die sie besaßen, waren verschlissen oder schmutzig oder geflickt.
    „Ich verspreche, dass ich mit dem Kauen aufhöre“, sagte Mary, als Eugenia ihre Hände losließ.
    „Danke.“
    „Wo wir gerade vom Arbeiten sprechen …“, fing Josephine an.
    „Was ist denn jetzt wieder?“, fragte Eugenia seufzend. Sie musste sich setzen. Hastig sah sie sich nach einem Stuhl um und zog ihn neben die Mädchen.
    „Während ich hier mit meiner Näharbeit saß, ist mein Blick auf die Terrasse gefallen und ich dachte mir, was für eine Schande es doch ist, dass sie so zugewuchert ist. Wäre es nicht schön, wenn wir sie für deinen Tanzabend säubern könnten, damit unserer Gäste hinausgehen können?“
    „Wage es ja nicht! Es ist mein Ernst, Josephine – ich warne dich. Ach, wenn ich Geld übrig hätte, würde ich dich am Montag mit Daniel nach Richmond schicken, damit du in ein Pensionat für junge Damen gehst.“
    „Ich werde die Arbeit nicht selbst machen, Mutter. Ich dachte, wir könnten Lizzies Jungen bitten, das Unkraut zu jäten. Sie gehen nicht mehr zur Schule, weil jemand versucht hat, das Gebäude niederzubrennen. Du hättest sehen sollen, wie außer sich Jack und Rufus waren. Sie hatten gerade angefangen, lesen zu lernen.“
    „Sklaven, die lesen … wer hat denn so was schon gehört?“ Eugenia sprach, ohne nachzudenken. Als sie Josephines Überraschung sah, wurde ihr Tonfall sanfter. „Es tut mir leid, aber Sklaven, die lesen und schreiben können, waren etwas, vor dem jeder Angst hatte, als ich ein Mädchen war. Die Erwachsenen haben immer darüber gesprochen, als wäre es etwas Gefährliches.“
    „Warum?“, fragte Mary. Sie hatte die Finger schon wieder am Mund und Eugenia zog ihre Hand herunter.
    „Weil Sklaven, die des Lesens und Schreibens mächtig waren, diese Fähigkeiten hätten nutzen können, um zu fliehen und anderen zur Flucht zu verhelfen. Damit wäre jedoch wertvolles Eigentum verloren gegangen. Sie mussten streng bestraft werden und das Gleiche galt für jeden, der sie unterrichtete.“ Josephine sah sie vorwurfsvoll an – oder bildete Eugenia sich das nur ein? „Es tut mir leid, aber du kannst nicht erwarten, dass ich all diese Vorurteile über Nacht abschüttele. Der Krieg ist erst seit zwei Monaten zu Ende, um Himmels willen.“
    „Und diese armen Kinder hatten nur wenige Wochen lang die Chance, zur Schule zu gehen.“
    Eugenia wandte den Blick ab. Sie wünschte, sie hätte nie mit angehört, wie Daniel und seine Freunde über die Schließung der Schule und die Vernichtung des Lagers der Schwarzen gesprochen hatten. David Hunter hatte gesagt, dass ein Mann erschossen worden war. Würde Daniel so etwas tun? Er und seine Freunde hatten behauptet, sie wollten ihre Häuser und ihre Familien beschützen, aber Menschen zu erschießen und die Schule in Brand zu stecken, schienen ihr eher die Taten von Gesetzlosen zu sein. Ihr eigener Diener war verletzt worden, ohne dass sie einen Grund dafür sah. Als Philip noch am Leben gewesen war, hatte Eugenia manchmal Gerüchte über Sklaven gehört, aber Philip hatte ihr immer versichert, dass es für sie besser sei, wenn sie nichts davon wusste. Jetzt verstand sie, warum. Ein plötzlicher

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