Am Anfang eines neuen Tages
Tanz, Eugenia.“
„Es war mir ein Vergnügen.“
Er verneigte sich höflich und schlenderte durch die geöffnete Tür auf die Terrasse hinaus.
Eugenia beschäftigte sich wieder mit ihren Gästen und damit, dafür zu sorgen, dass Lizzie und Clara die Weingläser spülten und die Anrichte in Ordnung hielten. Einige andere Herren baten Eugenia um einen Tanz, darunter auch Daniel und ihr Schwager Charles. Sie sah, dass Mary mit Joseph Gray Walzer tanzte. Einige Paare genossen den warmen Abend draußen auf der vom Mond beschienenen Terrasse, aber als sie selbst hinausging, um sich einen Augenblick abzukühlen, stellte sie mit Entsetzen fest, dass Daniel mit dem kleinen Dienstmädchen Roselle sprach. Und die beiden lachten sogar. Eugenia ging zu ihm und hakte sich bei ihm unter.
„Daniel, erinnere dich bitte an unsere Gäste. Ich sehe mehrere junge Damen, die noch nicht zum Tanz aufgefordert wurden.“ Sie warf Roselle einen strengen Blick zu und führte Daniel dann wieder ins Haus. Sie würde das Mädchen später tadeln.
Im Laufe des Abends wurde Eugenia bewusst, dass sie David Hunter aus den Augen verloren hatte. Ihre Unterhaltung hatte einen schalen Nachgeschmack in ihrem Mund hinterlassen und sie wollte sich vergewissern, dass sie ihn nicht gekränkt hatte. Sie drehte eine Runde durch den Raum, entdeckte ihn aber nirgends. „Hast du Dr. Hunter gesehen?“, fragte sie schließlich Josephine.
„Er ist gegangen. Er sah, dass du beschäftigt warst, und bat mich, dir für die Einladung zu danken. Es tat ihm leid, aber er musste früh gehen.“
„Oh, wie schade.“ Eugenia empfand eine tiefe Enttäuschung, die sie sich nicht erklären konnte. Sie hatte das Gefühl, sich eine Weile von dem fröhlichen Treiben zurückziehen zu müssen, und ging ins Foyer, weil sie hoffte, David dort noch anzutreffen. Vielleicht war sie noch nicht zu spät und könnte ihn überreden, doch zu bleiben, oder ihm wenigstens Gute Nacht sagen. Aber der Eingangsbereich war menschenleer. Wieder kämpfte sie gegen aufsteigende Tränen an und sie wusste nicht, warum. Eugenia blieb in der Tür zu Philips verdunkeltem Arbeitszimmer stehen und wünschte, sie könnte ihren Mann vor dem Fenster sitzen sehen und den Rauch seiner Zigarre, während er mit Dr. Hunter eine Partie Schach spielte. Aber Philip würde nie mehr zurückkommen, sagte sie sich zum hundertsten Mal. Eugenia trocknete ihre Tränen und setzte ein tapferes Lächeln auf, dann kehrte sie zu ihren Gästen in den Salon zurück.
Als die letzte Kerze erloschen und der letzte Ton der Musik verklungen war, als der letzte Gast ihr gedankt und sich verabschiedet hatte, sank Eugenia in dem verlassenen Salon auf einen Stuhl, müde, aber glücklich. Der einzige Wermutstropfen war das Gespräch mit David über soziale Unterschiede gewesen. Hatte er mit ihr geflirtet? Hatte er sie nach ihrer Einstellung gefragt, weil er ihr den Hof machen wollte? Früher war Eugenia es gewohnt gewesen, dass die Männer sich für sie interessierten, aber wagte David tatsächlich zu hoffen, dass sie sich in ihn verlieben, ihn heiraten würde? Nein, er konnte unmöglich von ihr erwarten, dass sie unter ihrem Stand heiratete, auch nicht aus Liebe. Er hatte sie gefragt, ob sie es ihren Töchtern erlauben würde, und die Antwort war ein eindeutiges Nein.
Vielleicht sollte sie aufhören, so viel Zeit mit ihm zu verbringen, auch als Patientin. Immerhin hatte sie seit Wochen keine Schmerzen mehr in der Brust gehabt. Eugenia musste zugeben, dass sie die Gesellschaft des Arztes und seine Bewunderung genoss. Aber vielleicht war es David gegenüber nicht fair, ihm Hoffnungen zu machen, dass aus ihrer Beziehung mehr werden könnte. Doch war sie tatsächlich bereit, den Rest ihres Lebens allein zu verbringen und nie wieder von einem Mann im Arm gehalten oder geliebt zu werden? Sie war erst fünfzig Jahre alt. Würde sie zu einem Ball gehen müssen, um die Arme eines Mannes um sich zu spüren? Sie wischte eine Träne von ihrer Wange. Sie arbeitete so fleißig daran, ihr altes Leben wiederzubekommen, aber am Ende würde sie allein sein, und diesen Gedanken konnte sie nicht ertragen.
Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen und war traurig, dass ihr lang ersehnter Tanzabend vorüber war. Alles war unordentlich, aber wenigstens hatte sie jetzt Dienstboten, die aufräumen konnten. Sie sollte schlafen gehen. Eugenia erhob sich von ihrem Stuhl und wollte gerade die Türen zur Terrasse schließen, als sie Olivia und ihren Mann
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