Am Anfang eines neuen Tages
dem Büro für Freigelassene …“
Daniels Verhalten hatte die Dienstboten vertrieben und jetzt musste Eugenia wieder zusehen, wie ihr Heim verfiel, während Lizzie sich abmühte, alles allein zu erledigen. Die Sache mit Daniel und Josephine hatte Eugenias andere Verluste erneut aufleben lassen und ihr Kummer war wieder frisch und schmerzhaft. Sie vermisste Philip bitterlich. Und ihren Sohn Samuel, der White Oak hätte erben sollen. Daniel schien Eugenia ebenso verloren zu haben wie ihre anderen beiden Männer. Er war völlig zerstört von Wut und Bitterkeit. Selbst wenn die Yankees ihn für das, was er getan hatte, nicht verhafteten, würde sie sich niemals darauf verlassen können, dass er für sie sorgte, wie Philip es getan hatte.
Auch Josephine hatte sie verloren. Ihre Tochter war die ganze Woche im Haus herumgelaufen und hatte sich nach dem Yankee gesehnt, ohne groß mit einem von ihnen zu sprechen. Eugenia hatte keine Ahnung, wie sie mit ihr umgehen sollte. Mary war das einzige Kind, das Eugenia geblieben war, und das Mädchen hatte sein Herz daran gehängt, sich von Joseph Gray den Hof machen zu lassen, also von einem der Männer, die mit Daniel an den Gewalttaten beteiligt gewesen waren. Selbst wenn Joseph irgendwie einer Festnahme entginge, könnte Eugenia dann zulassen, dass ihre liebe, süße Mary einen solchen Mann heiratete?
Eugenia wandte sich von der Tür ab und setzte sich an den kleinen Schreibtisch. Als sie in der vergangenen Nacht wach gelegen hatte, war ihr der Gedanke gekommen, dass sie ihre Plantage verlieren könnte, wenn die Yankees eine Geldstrafe dafür verhängten, dass Daniel ihr Büro zerstört hatte. Aber noch war es nicht so weit. Noch musste sie ein Anwesen führen und Menschen ernähren und versorgen, auch wenn die Zukunft von White Oak unsicher war. Sie läutete die Glocke, um Lizzie zu rufen, doch sie musste ein zweites und ein drittes Mal läuten, bis Lizzie endlich erschien.
„Ja, Ma’am?“ Sie sah völlig erschöpft aus und ihre dunkle Haut glänzte vom Schweiß. Wenn es in diesem Zimmer schon so heiß war, wie musste es dann erst in der Küche sein? Vor dem Krieg hätte Eugenia niemals auch nur einen Gedanken daran verschwendet. Jetzt schien sie mit einem Mal die Bedürfnisse der Sklaven wahrzunehmen. Sie räusperte sich.
„Ich dachte, ich könnte dir dabei helfen, unsere Mahlzeiten zu planen, jetzt, wo Clara nicht mehr da ist. Gibt es Gemüse aus dem Garten, das geerntet werden kann? Brauchst du Anregungen für –“ Eugenia verstummte. Lizzie hätte aufmerksam zuhören sollen, aber stattdessen sah sie an Eugenia vorbei und starrte durch die geöffnete Terrassentür. „Was gibt es da draußen so Interessantes zu sehen, dass du –?“
Bevor Eugenia über ihre Schulter sehen und Lizzies Blick folgen konnte, schoss das Dienstmädchen an ihr vorbei, rannte auf die Tür zu und schrie: „Nein! Nehmen Sie die Hände weg von ihr! Wagen Sie es nicht, sie anzurühren!“
Eugenia drehte sich um. Daniel hielt Lizzies Tochter Roselle im Arm und tanzte mit ihr über die Terrasse. Was um alles in der Welt tat er da?
„Lass sie los!“, kreischte Lizzie und stürzte sich auf sie, um sie auseinanderzureißen.
Es dauerte einen Augenblick, bis Daniel sich gesammelt hatte, dann hob er die Hand und versetzte Lizzie einen Schlag ins Gesicht. „Was fällt dir ein, so mit mir zu sprechen?“
„Mama! Sie haben meine Mama geschlagen!“, schrie Roselle.
„Roselle, du gehst jetzt sofort. Geh nach Hause“, sagte Lizzie. Aber das Mädchen schien angewurzelt zu sein und Eugenia konnte sich ebenso wenig rühren. „Habe ich dir nicht gesagt, dass du dich von ihm fernhalten sollst, Roselle? Jetzt verschwinde!“ Lizzie stieß ihre Tochter fort und Roselle stolperte ein paar Schritte. Sobald sie ihr Gleichgewicht wiedererlangt hatte, rannte sie weinend davon.
„Was zum Teufel soll das?“, schrie Daniel. „Ich habe ihr gezeigt, wie man tanzt.“ Er stand da, die Hände zu Fäusten geballt, und sah so wütend aus, als wollte er Lizzie noch einmal schlagen. Aber Lizzie bot ihm die Stirn und gab nicht nach. Sie sah mindestens genauso zornig aus.
„Das ist nicht alles, was Sie machen. Ich sehe doch, wie Sie sie angucken, und ich sage Ihnen: Lassen Sie Roselle in Ruhe. Kommen Sie ja nicht in ihre Nähe!“
„Wir haben nur –“
„Ich lasse mich nicht zum Narren halten. Sie hassen uns Schwarze und haben es immer getan. Warum sagen Sie, dass Sie mit ihr tanzen wollen? Warum
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