Am Anfang eines neuen Tages
Hunter hielt ein Fläschchen Riechsalz unter ihre Nase und schlug sie leicht auf die Wange.
„Eugenia …? Eugenia, machen Sie die Augen auf. Wachen Sie auf.“ Sie sah, dass Daniel, Josephine und Mary mit besorgten Mienen hinter ihm standen.
Verzweifelt schloss sie die Augen wieder und wandte den Kopf ab, um dem Geruch auszuweichen. „Nein … Nein, nehmen Sie das fort …“ Der Schmerz in ihrer Brust war qualvoll, ihr Körper brannte und sie sehnte sich danach, wieder in der Dunkelheit zu versinken und nie wieder aufzuwachen. Aber David bestand darauf, dass sie aufwachte.
„Machen Sie nicht die Augen zu, Eugenia. Sehen Sie mich an.“
Zuerst konnte sie sich nicht erinnern, was geschehen war, aber dann fiel es ihr wieder ein.
Philip und Lizzie!
Eugenia wollte sterben. Sie wollte, dass David wegging und sie sterben ließ.
„Können Sie mich hören, Eugenia?“, fragte er. „Ich werde Ihnen helfen, sich hinzusetzen, damit Sie diese Laudanumtabletten schlucken können. Sie werden den Schmerz stillen und Ihnen schlafen helfen.“
„Nein … nein … ich will nicht schlafen.“ Denn wenn sie aufwachte, würde alles so sein wie vorher. Roselle würde immer noch Philips Tochter sein, der Beweis für seinen Verrat.
„Sie müssen etwas gegen die Schmerzen nehmen, Eugenia. Die Tabletten werden Sie beruhigen und die Krämpfe lindern.“
Sie schüttelte den Kopf. Die Pillen würden nichts nutzen. Der Schmerz in ihrem Herzen würde nie wieder nachlassen, bis zu dem Tag, an dem sie starb. Und sie wollte jetzt sterben.
„Mutter, glaub der dreckigen Sklavin kein Wort!“, sagte Daniel. „Sie hat gelogen! Nichts von dem, was sie sagt, stimmt.“
„Hören Sie zu, Eugenia“, sagte David. „Sie haben einen Schock erlitten. Würde es Ihnen helfen, darüber zu reden?“
Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht, dass irgendjemand erfuhr, wie Philip sie gedemütigt, sie beschämt hatte. Dass er in ihr Bett gekommen war, nachdem er mit einer Feldsklavin geschlafen hatte. Aber dann erinnerte sie sich daran, was Lizzie noch gesagt hatte, nämlich dass Dr. Hunter in der Nacht, in der Roselle geboren worden war, hier gewesen war. David wusste bereits über Philip und Lizzie Bescheid.
Sie würde ihn dazu bringen, ihr die Wahrheit zu sagen. Wenn sie es von ihm hörte, würde ihr Herz vielleicht endlich bersten und sie konnte sterben. „Alle sollen gehen außer Ihnen“, murmelte sie.
Sie schloss die Augen, während David die entsprechenden Anweisungen gab. Am Schlurfen von Füßen hörte sie, dass ihre Kinder das Zimmer verließen, dann herrschte Stille.
Eine vage Erinnerung stieg in Eugenia auf, eine Szene mitten in der Nacht, als ihre Tochter Mary noch klein gewesen war. Einer der Sklaven war ins Zimmer gekommen, um Philip zu wecken, und hatte etwas von einem Baby geflüstert und gefragt, ob er den Doktor aus der Stadt kommen lassen solle. Eugenia hatte Angst bekommen, weil sie befürchtet hatte, mit ihrem Baby Mary könnte etwas nicht stimmen.
„Was ist los, Philip? Was gibt es?“, hatte sie ihn gefragt.
„Nichts. Eine der Sklavinnen hat Schwierigkeiten mit der Geburt. Ich kümmere mich darum, schlaf weiter.“ Und das hatte sie getan. Sie hatte Philip geglaubt, ihm vertraut.
Jetzt setzte David sich wieder neben sie. „Sie sind fort, Eugenia. Reden Sie mit mir.“
„Was hat Daniel Ihnen erzählt?“, fragte sie.
„Er sagte, eins der Dienstmädchen habe eine schreckliche Lüge über Philip erzählt und deshalb seien Sie in Ohnmacht gefallen.“
„Aber war es wirklich eine Lüge? Lizzie sagte, Sie kennen die Wahrheit.“
„Ich? Sind Sie sich sicher? Woher sollte ich …?“
„Ich will die Wahrheit wissen, David. Es ist mir egal, ob Philip Ihr Freund war, ich will es wissen!“ Sie wollte sich aufsetzen, aber er hinderte sie daran.
„Hören Sie auf, Eugenia. Wenn es etwas aus der Vergangenheit ist, warum kann es nicht dortbleiben? Sie müssen sich beruhigen und Ihrem Herzen die Chance geben, sich zu erholen.“
„Mein Herz ist gebrochen, David. Ich will die Wahrheit wissen. Ich werde Sie nicht gehen lassen, bevor Sie mir die Wahrheit gesagt haben.“
„Also gut … ja … aber bleiben Sie liegen. Versuchen Sie sich zu entspannen … holen Sie tief Luft.“
Sie folgte seinen Anweisungen und versuchte sich zu beruhigen und sich für die Wahrheit zu wappnen. „Philip hat Sie irgendwann mitten in der Nacht rufen lassen, kurz nachdem Mary geboren worden war, um ein Sklavenbaby zu holen …
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