Am Anfang eines neuen Tages
wartete, aber die Glocke ertönte wieder. Es gab niemand anders, der gehen konnte, und wenn Lizzie sich nicht beeilte, würde es noch viel schlimmer für sie werden. Sie wischte sich über die Augen, holte tief Luft und ging hinein, um nachzusehen, was die Missus wollte. Sie wusste, dass sie wieder in Tränen ausbrechen würde, wenn Miz Eugenia auch nur ein scharfes Wort mit ihr sprach.
„Ja, Miz Eugenia?“ Lizzie starrte auf ihre Füße und versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten.
„Du musst dir heute Zeit nehmen, um Bienenwachs und Möbelpolitur auf das Geländer und den Handlauf an der Treppe zu reiben. Das Holz ist knochentrocken und wird verderben, wenn es nicht bald behandelt wird. Genau genommen müssen alle Möbel poliert werden.“
Lizzie biss sich auf die Lippe und wartete, bis sie sicher war, dass sie nicht weinen würde. Dies war noch eine Aufgabe, die zu dem stetig wachsenden Berg an Arbeit hinzukam, den sie ohnehin schon nicht bewältigen konnte. „Vielleicht komme ich heute dazu, Ma’am“, sagte sie. „Oder morgen.“
„Morgen ist Sonntag.“
„Oh. Dann am Montag.“
„Es wäre mir lieber, wenn du es heute machst. Es muss einfach getan werden.“
„Ja, Ma’am.“ Noch bevor sie den Flur erreicht hatte, liefen ihr wieder Tränen über die Wangen. Sie ließ sie den ganzen Nachmittag fließen, während sie arbeitete und eine Mahlzeit aus dem zusammenstellte, was sie fand. Heute musste sie die doppelte Menge Essen vorbereiten, damit die Weißen morgen etwas zu essen hatten und sie am Sonntagnachmittag ihren halben freien Tag nehmen konnte. Sie hatte nicht erwartet, dass Otis in die Küche hinaufkommen würde, bevor die Dinnerglocke läutete, aber er erschien früher als gewohnt und ertappte sie dabei, wie sie weinend die Kartoffeln stampfte.
„Lizzie? Was ist los? Hat die Missus es auf dich abgesehen?“
„Nein … auch nicht mehr als sonst.“ Sie versuchte darüber zu lachen, aber es gelang ihr nicht. Otis nahm ihr den hölzernen Stampfer aus der Hand und zog sie in seine Arme.
„Dann erzähl mir, was los ist.“
Lizzie wusste, dass sie an diesem Baby selbst schuld war. Wenn sie Otis doch nur nicht so lieb hätte. Hatte ihre Mutter sie nicht davor gewarnt, sich zu verlieben? Sie legte den Kopf an seine Brust und hörte sein Herz stark und gleichmäßig schlagen. Das war typisch für ihn. „Ich bekomme noch ein Baby.“
Otis löste sich von ihr, damit er sie ansehen konnte. Er lächelte. „Das ist doch eine gute Nachricht, oder? Warum weinst du denn über so etwas Schönes?“
„Weil es keine gute Nachricht ist, Otis. Es gibt so viel Arbeit und ich kann sie nicht allein schaffen und jetzt werden wir nie ein eigenes Haus haben und wir müssen noch ein Kind durchfüttern und –“
Er zog sie wieder an seine Brust. „Schhh … schhh … Gott weiß das alles, Lizzie. Und trotzdem hat er beschlossen, uns noch ein Baby zu schenken, das wir lieben können. Wir schaffen es, das verspreche ich dir.“
„Wie denn?“
„Also … ich bin mir noch nicht sicher. Aber vielleicht kann ich Saul und die anderen überreden, dass sie wieder hier arbeiten. Ich hätte das schon viel eher versuchen sollen, Lizzie. Es tut mir leid.“
„Was ist, wenn Miz Eugenia uns rauswirft, wenn sie sieht, dass ich ein Baby bekomme? Ich schaffe die Arbeit ja jetzt schon nicht. Wie soll ich sie denn machen, wenn mein Bauch bis hier geht?“ Sie hielt ihre Hände vor sich, um ihm zu zeigen, wie dick sie sein würde. Otis legte seine Hand auf ihren Bauch und streichelte ihn, als würde er ein Baby streicheln.
„Wenn Miz Eugenia uns nicht haben will, dann reden wir mit dem Yankee in der Stadt und bitten ihn, eine andere Arbeitsstelle für uns zu finden. Jetzt weine nicht mehr. Wir werden das schon schaffen. Ein Baby ist eine gute Nachricht, Lizzie.“
Seine Worte gaben ihr Hoffnung und es gelang ihr, das Kochen und Abwaschen vor dem Zubettgehen zu erledigen. Aber sie schaffte es nicht, das Geländer zu polieren, wie Miz Eugenia es von ihr verlangt hatte. Und auch am Sonntagvormittag kam sie nicht dazu. Sie schaffte es gerade, den Tisch zu decken und das ganze Essen vorzubereiten, bevor die Weißen von der Kirche zu ihrem Sonntagsessen nach Hause kamen. Das Polieren würde bis Montag warten müssen.
Lizzie war dankbar für die Gelegenheit, sich an diesem Nachmittag hinzusetzen und sich ein wenig auszuruhen. Otis, Rufus und Jack waren an diesem Morgen fischen gegangen und jetzt saß Lizzie auf der Treppe
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