Am Anfang eines neuen Tages
wahrscheinlich ausgebrütet worden, Liebes. Sie waren doch schon eine Weile dort, oder?“
„Ja … Die Schalen waren alle zerbrochen und die Enteneltern und fünf von den Küken sind weg, aber drei sind noch da. Sie sind ganz allein, Mama! Ich habe das Nest beobachtet und gewartet und mich überall umgesehen, weil ich dachte, vielleicht kommen die Mama und der Papa wieder, um sie zu holen, aber die armen Kleinen sind ganz allein. Sie laufen im Nest rum und piepsen, als würde ihnen das Herz brechen, und sie haben niemanden!“
So ist die Natur nun einmal, wollte Lizzie sagen, so ist das Leben . Es war schwer und manchmal waren unschuldige Wesen auf sich allein gestellt. Auch wenn das für Roselle eine schwere Lektion war, konnte sie nichts daran ändern. „Hör zu, Liebes. Nach dem, was ich über Enten weiß, machen sie sich auf den Weg zu einem Teich oder Fluss, sobald die Küken geschlüpft sind. Da leben sie – im Wasser –, wenn sie nicht auf ihrem Nest sitzen.“
„Und was ist mit den letzten drei Küken? Holen die Eltern sie noch?“
„Soweit ich weiß, können Enten nicht zählen. Sie verstehen nicht, dass drei von ihnen fehlen. Vielleicht sind diese Küken ein bisschen später geschlüpft als die anderen oder vielleicht waren die Kleinen nicht so schnell. So oder so haben sie Pech gehabt, würde ich sagen.“
Roselle fing an zu weinen. Schon als kleines Mädchen hatte sie ein weiches Herz gehabt. Sie hatte kaum zugelassen, dass Lizzie auf eine Ameise trat, und wenn jemand nach einer Fliege schlug, hatte sie zu schluchzen begonnen. Jetzt war sie wegen der drei kleinen Enten am Boden zerstört. „Sie werden sterben, oder?“, schniefte Roselle. „Was, wenn ein Waschbär oder ein Habicht sie fängt und frisst?“
„So ist es in der Natur nun mal.“
„Ich mag die Natur nicht!“, sagte sie und stampfte mit dem Fuß auf. „Ich muss etwas unternehmen.“
Otis und die Jungen kamen den Hügel heraufgelaufen, um zu sehen, was los war. Lizzie erzählte ihnen von den drei kleinen Entenküken, die verlassen worden waren. „Kann ich sie nicht mit nach Hause nehmen?“, fragte Roselle. „Ich kümmere mich um sie.“
„Und wie willst du sie füttern und versorgen?“, wollte Lizzie wissen. „Willst du sie etwa mit zur Schule nehmen?“
„Ich muss es versuchen, Mama! Ich muss einfach!“
„Wartet mal kurz“, sagte Otis mit seiner ruhigen Stimme. „Ich glaube, ich habe eine Idee. Kommt, wir suchen diese Küken und setzen sie zu den Hühnern in den Stall. Da sind sie vor Waschbären sicher und sie haben Futter, und vielleicht sorgen die Hühner für sie und halten sie nachts warm, bis sie groß genug sind, um allein zu leben.“
„Werden die Hühner ihnen auch nichts tun?“, fragte Roselle, in deren Augen noch immer Tränen standen.
„Das werden wir sehen.“
„Ich finde, das ist eine gute Idee“, sagte Lizzie. „Die Hühner wollen die ganze Zeit ihre Eier ausbrüten und ein paar Küken haben, aber Miz Eugenia isst jeden Morgen alle ihre Eier.“
Roselle zeigte ihnen, wo das Entennest gewesen war, und nachdem sie die verängstigten Küken einige Minuten herumgejagt hatten, holte Otis einen Jutesack und fing damit alle drei Entlein ein. Er trug sie zum Hühnerhof und ließ sie auf der anderen Seite des Zaunes frei. Alle sahen ein paar Minuten zu, aber die Hühner schienen überhaupt keine Notiz von den Küken zu nehmen. Sie interessierten sich mehr dafür, ob Lizzie ihnen irgendwelche Brotkrumen brachte.
„Jetzt lassen wir sie in Ruhe“, sagte Otis, „und gehen unseren Fisch essen. Die Enten sind in Sicherheit, ihr werdet sehen.“
Später am Abend, als der Fisch gegessen und das Feuer ausgegangen war und die Jungen im Bett lagen, machten Lizzie und er sich auf den Weg zu dem Lager im Wald. Diesmal nahmen sie die Abkürzung übers Baumwollfeld, weil ein heller Viertelmond ihren Weg erleuchtete. „Was glaubst du, wie viele Sterne da oben am Himmel sind?“, fragte Lizzie mit einem Blick nach oben.
Otis lachte. „Ich kenne noch nicht einmal so große Zahlen. Vielleicht kann Jack es uns sagen, wenn er zu Ende zählen gelernt hat.“
Das Barackendorf sah aus, als wäre es seit dem letzten Mal, als Lizzie hier gewesen war, weiter gewachsen. Inzwischen waren noch mehr Zelte und Lagerfeuer und provisorische Hütten im Wald. Jemand spielte Fiedel und die Leute vergnügten sich, sangen und klatschten und lachten. Vielleicht wäre es besser, hier draußen zu leben und für ihre eigene
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