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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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Süden war im Unrecht und Gott hat beschlossen, uns dafür mit einer Niederlage zu bestrafen. Ist es das, was Sie damit sagen wollen?“
    „Keineswegs. Ich will damit sagen, dass es Gründe gibt, warum Gott unsere Gebete nicht immer so beantwortet, wie wir es uns wünschen. Erinnern Sie sich an das Gebet Jesu im Garten Gethsemane? Er wollte genauso wenig leiden, wie wir es wollen. Aber er hat trotzdem gesagt: ‚Nicht mein Wille soll geschehen, sondern deiner.‘ Und es war Gottes Wille, dass Jesus sterben sollte. Gott hat also nicht einmal das Gebet seines eigenen Sohnes erhört! Aber Jesus hat darauf vertraut, dass Gottes Wille besser war als sein eigener.“
    „Das heißt, Jesus hat sich in Gottes Willen gefügt. Soll ich das auch tun? War es sein Wille, dass wir den Krieg verloren haben und dass mein Vater gestorben ist und meine Familie und ich leiden müssen?“
    „Er wollte nicht unbedingt, dass der Süden leidet. Aber es ist immer Gottes Wille, dass die Menschen, die er liebt, befreit werden. Deshalb hat er Jesus gesandt. Damit wir von der Sünde befreit werden und frei sind, die Geschöpfe zu sein, als die er uns geschaffen hat, und frei, ihm zu dienen. Natürlich wird es sein Wille sein, die Gebete der Sklaven zu erhören. Seit dem Garten Eden ist es sein Plan, alle Dinge und alle Menschen zu ihm zurückzubringen. Für Ihren Vater und Ihren Bruder war es ein Unglück, dass sie sich Gottes Plan widersetzt und Krieg geführt haben. Wenn wir uns Gott widersetzen, ist das ein sehr steiniger Weg. Es war nicht Gottes Wille, dass ich in diesem Krieg kämpfe. Aber ich habe mich ihm widersetzt und mein Quäker-Erbe verleugnet und bin trotzdem zum Militär gegangen. Ich kann Gott nicht die Schuld für alles geben, was ich in den vergangenen fünf Jahren durchgemacht habe. Es war meine eigene Schuld, dass ich mich gegen seinen Willen entschieden habe.“
    Alexanders Worte erschienen Josephine wie Gotteslästerung. So wie er über Gott sprach, klang es viel zu persönlich und unmittelbar. Irgendwie musste sie an einen unverschämten Sklaven denken, der mit seinem Herrn diskutiert und streitet. So wurde der Glaube in ihrer Kirche nicht dargestellt. Aber andererseits hatte ihr Pastor auch nie einen Grund genannt, warum die Gebete der Gemeinde nicht erhört worden waren. Und alle beteten nach dem Krieg trotzdem weiter – außer Josephine. „Aber ich verstehe nicht, wie –“
    „Warten Sie. Sie haben versprochen, dass Sie ein paar Tage darüber nachdenken wollen, wissen Sie noch? Übrigens habe ich in meiner Satteltasche etwas für Sie. Begleiten Sie mich zurück.“
    Sie musste sich beeilen, um mit ihm Schritt halten zu können, als er den Weg zurückging, den sie gekommen waren. Neben seinem angebundenen Pferd blieben sie stehen. Josephine konnte sich nicht vorstellen, was er ihr zeigen wollte. Als er die Tasche aufschnallte und ihren Handspiegel herauszog, war sie verblüfft. Das Spiegelglas war wieder ganz. „Sie … Sie haben es für mich reparieren lassen?“
    „Ja, als ich in Richmond war. Sie sagten, er sei ein Geschenk Ihres Vaters gewesen, also wusste ich, dass Ihr Herz daran hängen muss.“
    Sie drehte den Spiegel hin und her. Er war so gut wie neu. „Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll.“ Sie hatte Angst, in Tränen auszubrechen.
    „Am besten können Sie mir danken, indem Sie mir eine Freundin sind. Ich könnte einen Freund gebrauchen, Josephine. Es ist sehr einsam, wenn man niemanden hat, mit dem man reden kann.“
    „Wie können Sie mich um so etwas bitten? Wenn ich Ihre Freundin bin, wird meine Familie mich für eine Verräterin halten. Alle werden sich gegen mich wenden, so wie sie gegen Sie sind.“
    „Ist es Ihnen wirklich so wichtig, was andere denken? Sie wirken auf mich nämlich wie eine Frau, die sich nicht viel daraus macht.“
    „Warum sagen Sie das?“
    „Ich habe gesehen, wie Sie im Garten und in der Küche gearbeitet haben und alle möglichen Dinge getan haben, die Frauen Ihres gesellschaftlichen Standes eigentlich nicht tun. Noch nie habe ich gesehen, dass Sie herumgesessen und erwartet hätten, dass jemand Sie bedient. Und außerdem: Wenn es Ihnen so wichtig wäre, was die anderen denken, dann hätten Sie mich niemals um Hilfe gebeten, was die Verträge mit den Farmpächtern betrifft. Niemand sonst in der Stadt hatte den Mut, das zu tun.“
    Sie erkannte, wie wahr seine Worte waren. Seit Kriegsende hatte sie sich immer wieder gegen die gesellschaftlichen Regeln

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