Am Anfang ist die Ewigkeit
Bienen summten. Eigentlich sah es eher nach Mein kleiner Ponyhof aus. »Soll das ein Witz sein?«
»Das ist Eden in der Hölle. Das Böse ist hier nicht so offensichtlich.«
Die Regeln wurden eingeblendet: Willkommen im Neunten Kreis! Hier verschwimmt die Grenze zwischen Gut und Böse, zwischen Gott und Satan. Wenn du in die reale Welt zurückkehren möchtest, musst du zwischen Freund und Feind entscheiden. Aber gib acht und triff deine Entscheidung weise. Nur so entkommst du dem sicheren Tod und gelangst zurück ins Leben.
Sie blickte Phoenix an, der sich nachdenklich über das Ziegenbärtchen strich. Er hatte die schwarzen Augen starr auf den Bildschirm gerichtet.
»Hab ich das richtig kapiert?«, fragte sie ihn. »Ich bin tot und reise durch den Neunten Kreis der Hölle. Und wenn ich mein Leben zurückhaben will, darf ich mich nicht für die falschen Freunde entscheiden.«
Er begegnete ihrem Blick. »Und wenn es wirklich so wäre? Für wen würdest du dich entscheiden? Wer, glaubst du, ist dein wahrer Freund?«
»Ich hasse rhetorische Fragen.«
»Hasst du Jax?«
»Natürlich nicht.« Seufzend lieà sie sich in den Sessel sinken und warf die Fernbedienung auf den Tisch vor dem Bildschirm. »Wenn das alles nur nicht so wahnsinnig schnell passieren würde. Wenn ich mich wenigstens irgendwie darauf einstellen könnte. Letzten Donnerstag hatte ich noch ein ganz normales Leben. Ich dachte, ich mache im Mai mit lauter Freunden aus meiner Kindheit meinen Schulabschluss, verbringe vier Jahre an der Uni in New York, trete einen Job im Metropolitan Museum an, heirate, bekomme Kinder, werde achtzig und trete ab â wie jeder andere auch. Doch jetzt wurde mein Leben innerhalb einer Woche komplett umgekrempelt, wie ich es mir in einer Million Jahren nicht hätte vorstellen können.«
»Selbst wenn du mehr Zeit hättest, dich daran zu gewöhnen, was würde das ändern? Entweder bist du bereit, ewig zu leben und in den Kampf gegen Eryx einzusteigen, oder du bist es nicht. Der entscheidende Faktor ist dabei nur Jax. Wenn du ihn nicht ausstehen könntest, wäre die Entscheidung aus meiner Sicht eindeutig. Aber so ist es ja nicht. Das hast du eben selbst gesagt.«
»Aber ich liebe ihn auch nicht.«
»Das kann ja noch kommen.«
»Ich würde dich gern noch etwas fragen, Phoenix. Du musst auch nicht antworten ⦠Ist es Jane sehr schwer gefallen, diese Entscheidung zu treffen?«
Er schwieg und wandte den Blick ab. »Nein«, sagte er schlieÃlich und seufzte.
»Wie hast du sie gefunden?«
»Bei einer Gefangennahme, genau wie Jax dich gefunden hat.« Ausdruckslos starrte er auf den FuÃboden. »Sie hatte eine Zwillingsschwester, die keine Anabo war, sondern ⦠gesundheitliche Probleme hatte. Die beiden hatten ein sehr enges Verhältnis und haben alles gemeinsam gemacht. Damals war es für junge Frauen aus der gehobenen Gesellschaft sehr wichtig, tanzen zu können. Jane und ihre Schwester stammten aus einer englischen Adelsfamilie, die sehr wohlhabend und einflussreich war. Ihr Tanzlehrer war ein Skia. Er hat Janes Schwester versprochen, sie gesund zu machen, wenn sie das Gelübde ablegt. Und sie hat sich darauf eingelassen. Doch es ging ihr nur vorübergehend besser, denn sie wurde immer verbitterter und sehr wütend. Sie wollte nichts mehr mit Jane zu tun haben.
Wir entdeckten den Skia durch Zufall und es dauerte nur wenige Tage, bis wir seine verlorenen Seelen kannten. Die Gefangennahme fand während eines Balls statt. Eine umgestürzte Kerze verursachte ein Feuer, bei dem neunundsiebzig Menschen ums Leben kamen, darunter auch Janes Schwester. Die anderen sind entkommen, ohne sich jedoch an Einzelheiten erinnern zu können. Eine der Ãberlebenden war Jane.«
»Dann hast du sie also in dieser Nacht zum ersten Mal gesehen. Hast du ihr gleich alles erzählt?«
Er nickte langsam. »Ich bin zu ihr gegangen, um nach ihr zu sehen. Sie saà in ihrem Zimmer und hat geweint. Als ich wie aus dem Nichts vor ihr auftauchte, ist sie wahnsinnig erschrocken. Ich habe ihr erklärt, wer ich bin und was passiert war. Von da an habe ich sie einen Monat lang jeden Tag besucht, bis sie bereit war, sich uns anzuschlieÃen. Sie hat gesagt, wenn sogar ein Mensch wie ihre Schwester, der so viel Glauben und Herzensgüte in sich trägt, der Versuchung nicht
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