Am Anfang ist die Ewigkeit
»Ich möchte ununterbrochen mit dir zusammen sein. Ich möchte immer genau wissen, was du tust und wieso. Ich wüsste so gern, wie man romantisch ist, und sehe mir deshalb sogar Filme an. Aber was dort dargestellt wird, kommt mir so kitschig vor, dass ich in so einer Situation wahrscheinlich laut losprusten würde. Und dann wäre alles ruiniert.«
Die Sonne brachte den Schnee zum Glitzern und der Himmel war strahlend blau. »Du bist oft romantisch, ohne dass du es weiÃt.«
»Wann denn?«, fragte er ungläubig.
»Zum Beispiel, als du eine Million Kopien von einem Fax gemacht hast. Oder als du mit mir shoppen warst und mir all die Klamotten und den Computer gekauft hast. Du hast dich nur meinetwegen mit Brett angelegt, obwohl du dadurch viel Aufmerksamkeit auf dich gezogen hast, was du eigentlich vermeiden wolltest. Du kümmerst dich darum, dass ich immer genügend zu essen bekomme und du hast mich schon aus einigen gefährlichen Situationen gerettet. Romantischer gehtâs eigentlich kaum.« Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn von der Seite an. »AuÃerdem versuchst du nicht, mich zum Bleiben zu überreden, obwohl es dir wahnsinnig viel bedeuten würde.« Dass sie das kleine Holzkästchen für das SüÃeste und Romantischste überhaupt hielt, verriet sie ihm nicht.
»Du findest mich also nicht unromantisch, weil ich dir keine Blumen schenke oder Gedichte schreibe?«
»Romantisch kann nur etwas sein, das echt ist. Und all die Dinge, die du für mich tust, sind echt, denn sie kommen von Herzen.« Sie lächelte. » Wirklich von Herzen.«
Er drückte wieder ihre Hand und sie gingen zur Tür. »Jetzt essen wir erst mal einen Happen und überlegen uns, wie wir dich bis nächste Woche beschützen können.«
Sie traten in einen breiten Flur mit dunkelrot gestrichenen Wänden, der von Kerzen in Wandhaltern in ein schummeriges Licht getaucht wurde. Sie kamen an vielen Türen vorbei und an Gemälden, die mit Sicherheit keine Kopien waren.
»Jax?«
»Das sind alles Originale. Wir haben sie in Auftrag gegeben, als die Künstler noch unbekannt waren. AuÃer uns hat sie noch nie jemand zu Gesicht bekommen. Im ganzen Haus hängen Hunderte davon.«
Da ertönte Musik, die immer lauter wurde und sich als Green-Day-Song herausstellte, je näher sie der nächsten Tür kamen.
»Da wohnt Zee. Er ist ein echter Musik-Freak. Du müsstest mal sein Zimmer sehen. Er besitzt jedes Instrument, das die Menschheit je erfunden hat, und er kann alle spielen. Und erst seine Stereoanlage. Die haut dich einfach nur um.«
Sie bogen um die Ecke und hatten den nächsten langen Flur vor sich. »Wie groà ist das Haus eigentlich?«
»Wenn man das Dachgeschoss mitrechnet, hat es vier Stockwerke und einen Keller. Es gibt sechs Suiten. An meine Suite grenzt noch ein kleines, separates Apartment mit einem kuscheligen Wohnzimmer und einem zweiten Raum, den man als Schlaf- oder Arbeitszimmer nutzen könnte. Alle Suiten sind gleich geschnitten. AuÃerdem gibt es noch ungefähr zwanzig Zimmer, das weià ich gar nicht mehr so genau.«
»Haben die Purgatoren jeweils ein eigenes Zimmer?«
»Nein. Sie schlafen nicht, duschen nicht und haben auch sonst keine menschlichen Bedürfnisse.«
»Wie alt ist das Haus eigentlich?«
»Ãber hundert Jahre. Nach Janes Tod sind wir von Yorkshire hierhergezogen, weil wir dachten, dass Phoenix eine Luftveränderung guttun würde. Es hat zwar nicht geholfen, aber wir sind hier trotzdem hängen geblieben.«
»Habt ihr davor nur in Yorkshire gelebt?«
»Nein, unsere erste Heimat war Griechenland. Dann haben wir über vierhundert Jahre in Russland verbracht und sind schlieÃlich nach Jamaika gegangen. Wir haben jedoch schnell gemerkt, dass wir uns im Schnee wohler fühlen als im Sand. Deshalb sind wir nach Yorkshire gezogen.«
Sie waren an einer breiten Treppe angelangt, die sich im weiten Bogen in ein prachtvolles, kreisförmiges Foyer hinabschwang. In der Mitte des weiÃen MarmorfuÃbodens war ein schwarzes M eingelassen. Es sah aus wie Jaxâ Muttermal. Als sie unten auf dem M angekommen waren, legte sie den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Hoch über ihnen wölbte sich eine Kuppel, die wie ein Himmel mit Wolken und Engeln gestaltet war. Am höchsten Punkt befand sich ein rundes Oberlicht. Die Wände des Foyers
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