Am Anfang ist die Ewigkeit
sie sich noch irgendwo ein Sandwich besorgen, bevor sie nach Hause ging. Wenn sie heute Abend wieder nur Erbsen zu essen bekam, würde sie vor Hunger sterben.
Doch sie entschied sich dagegen. Sie wollte nicht unnötig Geld ausgeben und schlug den Weg zum Haus der Shrivers ein. Die meisten Leute, die ihr entgegenkamen, verzogen bei Boos Anblick das Gesicht zu einer Grimasse.
Die Sonne war schon fast untergegangen und die Dämmerung tauchte alles in Grau und Schwarz. Sobald Sasha von der HauptstraÃe abgebogen war, wurde es ruhig und sehr viel dunkler. Doch erst als Boo ein tiefes Knurren ausstieÃ, merkte sie, dass ihr jemand folgte. Sie hörte zwar keine Schritte, aber sie wusste, dass jemand hinter ihr war. Sie lief schneller, aber das mulmige Gefühl lieà sie nicht los.
Plötzlich bleckte Boo die Zähne, drehte sich um und knurrte ihren Verfolger wütend an.
Sasha zerrte vergeblich an der Leine. Er stand wie angewurzelt da, zitterte am ganzen Leib und hatte die Hinterläufe zum Sprung gespannt.
Die Angst zwang Sasha, sich ebenfalls umzusehen. Ein tödlicher Schrecken durchzuckte sie. Ihr Herz raste und ihr Atem ging stoÃweise.
Keine zwei Meter von ihr entfernt stand Reilly OâBrien, das hübsche Gesicht zu einer wütenden Fratze verzerrt. »Ich werde Brett Shriver umbringen und du hilfst mir dabei!«
Jax stand auf dem Bürgersteig vor der St. Patrickâs Cathedral in New York und betrachtete die Gottesdienstbesucher, die nach drauÃen strömten. Wie schon unzählige Male zuvor, spähte er angestrengt ins Innere, doch diese flüchtigen Eindrücke waren genauso befriedigend wie ein Tropfen Wasser für einen Mann in der Wüste â gerade genug, um mehr zu wollen.
Wie gern wäre er hineingegangen, hätte sich hinter eine der Bänke gekniet und Gott um Hilfe angefleht. Vielleicht wäre ihm dann etwas eingefallen, wie er Sasha doch noch für sich gewinnen konnte, obwohl er sein Vorhaben womöglich hoffnungslos in den Sand gesetzt hatte.
Endlich konnte er ungehindert auf eine Kerzenreihe in der Nähe der Tür blicken, da tauchte Phoenix neben ihm auf. »Wir haben einen Notfall.«
»Das ist mir scheiÃegal.«
»Es geht um Sasha.«
Die Kirche war schlagartig vergessen. Jax riss den Kopf herum. »Schieà los!«
»Mephistopheles hat vor ein paar Stunden einen neuen Purgator auf den Berg gebracht. Es ist diese gut aussehende Rothaarige aus der Stadt, die von Brett Shriver vom Devilâs Ridge gestoÃen wurde. Sie ist tierisch sauer auf Gott, weil er sie nicht beschützt hat. Nach nur einer Stunde ist sie schon abgehauen.«
Diesmal verschwendete Jax keine Zeit damit, sich über die Purgatoren aufzuregen. »Und was hat das alles mit Sasha zu tun?«
»Sie ist im Moment bei Reilly.«
»Hat Reilly sie entführt ?«
Phoenix nickte. »Vor einer knappen halben Stunde. Boo hat sie verfolgt. Sein Halsband hat Alarm geschlagen, doch Ty hat das Signal an der Last Dollar Road verloren. Also hat er sich rüberteleportiert. Reilly hält Sasha in dem Wäldchen vor der alten Taylor-Villa fest. Dort steigen öfter mal Teenager-Partys. Es ist Samstag, also wird in der Villa bestimmt was los sein. Wir glauben, dass Reilly Brett dort abpassen will.«
»Warum hat sie sich ausgerechnet Sasha geschnappt?«
»Das ist das Verrückte, Jax. Wir wissen es nicht.«
Jax wandte der Kirche den Rücken zu. »Gehen wir.«
»Hast du eine Ahnung, wie es ist, perfekte Eltern zu haben?«, sagte Reilly. »Sie sind Ãrzte und arbeiten in Dritte-Welt-Ländern. Sie haben mich bei meinen GroÃeltern geparkt, damit sie ihr heiliges Leben führen und den Armen helfen können. Haben mich einfach bei alten Leuten zurückgelassen, die keinen Schimmer haben, wo ich bin und was eigentlich gerade los ist. Aber was sagt das über meine Eltern aus?«
Sasha wusste nicht, was sie antworten sollte. Ihre Mutter hatte sie in gewisser Weise auch wegen eines angeblich höheren Ziels verlassen, und das fühlte sich nicht besonders gut an. Der Zweck heiligte eben doch nicht die Mittel. Schon gar nicht jetzt, wo sie so viel durchgeknalltes Zeug erlebte. Und dieser Abend war sozusagen das i-Tüpfelchen auf dem Ganzen. Wie war sie überhaupt hierhergekommen? Soweit sie angesichts der wolkenverhangenen Düsternis erkennen konnte, befand sie sich auf einer kleinen, schneebedeckten
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