Am Anfang ist die Ewigkeit
übersehen.« Es war der hässlichste Hund, den sie je zu Gesicht bekommen hatte. Er war mittelgroÃ, hatte ein fleckiges graues Fell und schaute sie mit heraushängender Zunge und wedelndem Schwanz an.
»Nimm ihn mit zu den Shrivers, mach die Leine los und lass ihn einfach vor dem Haus. Wenn du Hilfe brauchst, nennst du nur seinen Namen, schon ist er zur Stelle. Du musst ihn weder füttern noch ausführen, aber du darfst nirgendwo ohne ihn hingehen. Nimm ihn auch mit zur Schule. Er wird drauÃen auf dich warten und ebenfalls sofort bei dir sein, wenn du ihn rufst.«
»Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber er sieht nicht gerade wie ein Wachhund aus.«
»Er ist kein gewöhnlicher Hund.«
»Natürlich nicht.«
»Höre ich da Sarkasmus, Sasha?«
»Eine ganz neue Seite. Hab ich mir erst kürzlich zugelegt.«
Er schwieg eine Weile. »Wie fühlst du dich?«, fragte er dann.
»Gut.«
»Lüg mich nicht an. Wie fühlst du dich?«
Sie lieà den Kopf wieder gegen das Schaufenster sinken. »Ich bin traurig und durcheinander.«
»Genau wie Jax.«
»Wenn du mir ein schlechtes Gewissen machen willst â¦Â«
»Welchen Sinn sollte das haben? Ich stelle nur Tatsachen fest. Er fühlt sich zu dir hingezogen, du findest ihn abstoÃend, er ist niedergeschlagen deswegen. Das ist alles. Nimm den Hund und geh nach Hause.«
Bevor sie noch ein Wort sagen konnte, hatte er die Verbindung unterbrochen. Sie steckte das Handy wieder in ihre Jackentasche, ging los und lieà das Schaufenster und den Hund hinter sich zurück. Sie wollte keinen Köter in ihrer Nähe haben, den sie gar nicht brauchte. Brett und Melanie wussten nicht, dass sie eine Anabo war, also hatte sie auch nichts zu befürchten. Sie war deprimiert und am Boden zerstört, aber nicht in Gefahr.
Kaum war sie am nächsten Geschäft vorbeigegangen, tauchte ein älterer Mann mit einer roten Mütze und regenbogenfarbenen Hosenträgern neben ihr auf. Er führte den hässlichen Hund an der Leine. »Entschuldigen Sie, aber Sie haben Ihren Hund vergessen.«
»Das ist nicht mein Hund.«
Der Mann bückte sich und warf einen Blick auf den Anhänger am Halsband. »Sasha Annenkova. Sind Sie das?«
»Ja, aber das ist nicht mein Hund. Da hat sich jemand einen Scherz erlaubt.«
Der Mann neigte den Kopf zur Seite und betrachtete das abstoÃende Tier. »Er ist schon ziemlich hässlich, aber irgendwie sieht er auch sehr freundlich aus. Vielleicht können Sie sich zumindest so lange um ihn kümmern, bis der Scherzbold ihn wieder zurücknimmt.« Er hielt ihr die Leine hin.
Sie zögerte, während der Hund zu jaulen begann und den Kopf hängen lieÃ. Jetzt sah er noch bemitleidenswerter aus. Verärgert griff sie nach der Leine und starrte das Tier wütend an. »Nur so lange, bis mein Bekannter dich abholt, klar?«
Der Hund wurde etwas munterer. Er setzte sich vor ihre FüÃe, legte die Pfoten auf ihre dicken Winterstiefel und blickte freudig zu ihr auf. Ihm fehlte ein halbes Ohr und sein rechtes Auge hing schief.
»Er mag Sie!« Der Mann mit den Regenbogenhosenträgern lächelte sie an, als hätte er gerade den Schlüssel zum Weltfrieden gefunden. »Der arme Kerl hat es bestimmt nicht leicht, aber er besitzt ein groÃes Herz. Wer weiÃ, vielleicht können Sie sich doch noch für ihn erwärmen.«
Die ungewollte Analogie versetzte ihr einen Stich. Es konnte ja sein, dass Jax einsam war und ihr Freund sein wollte. Dass er klug, witzig und liebevoll war und völlig am Boden zerstört, weil sie nichts mit ihm zu tun haben wollte. Aber das alles änderte nichts daran, was er war. Genau wie die offensichtliche Zuneigung dieses Köters nichts daran änderte, dass er der Hölle entstammte. Sie wollte doch nur, dass alles wieder so war wie früher, als sie ein ganz normales Mädchen gewesen war. Aber wie sollte das funktionieren, wenn sie sich mit einem schwarzen Engel einlieà und einen Höllenhund als Haustier hielt? Mit einem Mal war sie unglaublich müde. Sie verabschiedete sich und wandte sich mit der Leine in der Hand zum Gehen.
»Gute Nacht, Sasha«, rief ihr der Mann mit den Regenbogenhosenträgern fröhlich hinterher.
Sie schleppte sich die StraÃe entlang. Boo trottete neben ihr her. Plötzlich verspürte sie schrecklichen Hunger. Vielleicht sollte
Weitere Kostenlose Bücher