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Am Anfang war das Chaos

Am Anfang war das Chaos

Titel: Am Anfang war das Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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nicht einmal wußte, wie dieser Schlüssel aussehen konnte. Aber er würde aus Eisen sein und sicherlich nicht viel größer als die Hand. Zweimal umrundete Ilfa den Opferblock, ohne den Schlüssel zu finden oder etwas, das einem Schlüssel ähnlich sah.
    Der Eindringling blieb suchend stehen, durchforschte die Umgebung und sprang plötzlich vor.
    Im aufgerissenen Maul einer Dämonenfratze im Sims, zwischen den langen, zersplitterten Zähnen, schien etwas zu liegen, was nicht dorthin gehörte. Ilfas Finger zögerten kurz, bevor sie sich in die Höhlung wagten, dann aber griffen sie zu.
    Ilfa hatte ein fingerlanges Stück Eisen gefunden, das in einem rostigen Ring endete und am anderen Ende einen Haken aufwies. Sofort versuchte der schmächtige Eindringling, den Schlüssel ins Schloß zu stecken, in dieses längliche Loch. Er drehte und schüttelte, und nach einigen Versuchen knirschte es in der eisernen Schachtel. Der Bügel klirrte auf, die Kette, durch ihr eigenes Gewicht heruntergezogen, rutschte über die Brust des Gefangenen und ringelte sich auf dem Steinboden zusammen.
    »Du bist frei!« rief Ilfa und nahm die Hand des Mannes.
    Er bewegte den Kopf hin und her, dann versuchte dieser seltsame bewegungslose und abwesende Mann den Oberkörper zu heben. Ilfas Arm schob sich unter seine Schultern und stemmte ihn hoch.
    »Frei! Verstehst du nicht?« stöhnte Ilfa. »Schnell! Komm mit mir. Der Wolf hat mich zu dir geführt. Ich sah dich schon einmal.«
    Der Fremde bieb sitzen und rührte sich nicht. Langsam bewegten sich seine umflorten Augen. Ein Muskel zuckte unter seinem rechten Ohr. Er starrte Ilfa verständnislos an.
    »Los. Komm!« forderte Ilfa ihn noch einmal und in drängendem Ton auf.
    Er begriff nichts.
    Ilfa hob die Schultern und zog das Schwert. Es war unsicher hier, gefährlich und ein völlig unbekannter Bezirk in einem fremden Land. Das aufblitzende Schwert beschrieb langsam einen vollen Kreis. Aus der Richtung der Treppe, die in den seltsamen Raum voll mit noch seltsameren Gegenständen führte, kam das Geräusch leichter, aber nachdrücklicher Schritte.
    Der Fremde sank wieder in sich zusammen und streckte sich auf dem glatten, kalten Stein aus. Ilfa erkannte und deutete die Laute von der Treppe richtig. Mit einem weiten Satz schnellte sich die schlanke Gestalt über das untere Ende des Opferblocks und verbarg sich zunächst dahinter, dann huschte sie quer über die freie Fläche und preßte sich eng an eines der Säulenbündel.
    Ilfa blickte über den Stein hinweg und sah zuerst die Füße, dann den gesamten Körper einer faszinierenden, bemerkenswerten Erscheinung.
    Ein Mensch, der unbestimmte Ähnlichkeit mit einer Hälfte des Haryienkörpers hatte, kam die Stufen herunter.
    Ilfa gaffte mit aufgerissenen Augen und offenem Mund.
    Der Mensch war groß und schlank. Der Körper, dessen Hüften breit und gerundet waren, steckten in einer Rüstung, die wiederum aus kleinen, spindeldünnen Knöchelchen bestand. Bei jedem Schritt raschelte und knisterte diese seltsame Rüstung, die eng an dem wohlgeformten Körper anlag.
    Gebannt blickte Ilfa auf den Kopf des Menschen.
    Das Haupt mit den großen, strahlenden Augen und dem schmalen Gesicht war von einer riesigen Kugel gekrönt. Dieses kreisrunde Gebilde bestand, wenn sich Ilfa nicht irrte, aus besonders dickem und borstigem Haar. Der Durchmesser dieser seltsamen Kopftracht betrug gut und gern eine Armspanne.
    Aber hier in den Ruinen war alles seltsam!
    Die Herrscherin dieser Hinrichtungskammer und der zauberischen Umgebung dort oben ging mit knisternder Rüstung zielstrebig auf den Mann zu. Sie schien seine Wächterin oder seine Peinigerin zu sein, denn die warnenden Seufzer hatten sie gerufen. Die seltsame Erscheinung schien selbstsicher zu sein, denn Ilfa sah keine Waffe. Ilfa ahnte nur – nein, er war jetzt sicher –, daß dies eine Zauberin war, vielleicht diese Yorne, von der Golar gesprochen hatte.
    Und der nackte Mensch hier war ihr Gefangener.
    Was hatte Yorne mit dem halb bewußtlosen Mann vor?
*
    Sgnore hörte nicht.
    Sie flatterte wie rasend, prallte mit einem Flügelende gegen eine Verstrebung der Decke und fiel eine Mannslänge tief. Die Ranken mit ihren langen Dornen peitschten hin und her, nach den Seiten und auf die Haryie zu. Ein Zweig traf die Schwungfedern der rechten Schwinge, zerfetzte sie, und die Haryie sank auf die nächste Barriere aus Zweigen zu.
    »Zurück. Hierher, zu uns«, widerhallt Helmonds Stimme im Gewölbe. »Sie

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