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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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kenne sie«, sagte Mani Esra, »sie wohnt neben der Schwester meiner Schwägerin, sie hat ein kleines Restaurant in Nachlat-Schiw’a, das sich auf gefülltes Gemüse spezialisiert hat. Die ist eine Type, sie macht, was ihr in den Kopf kommt. Sie gibt dir die Rechnung, nachdem du gegessen hast – ohne Bezug zur Speisekarte, wie es ihr gerade einfällt. Sie macht ihr Restaurant auch nur auf, wenn sie Lust hat. Ich habe sogar mal bei ihr gegessen. Was soll ich dir sagen, sie kann kochen! Wo hat er sie nur aufgetrieben? Und der Junge, der ist von ihm?«
    »Es sieht so aus«, sagte Michael nachdenklich.
    »Wie geht das? Ich möchte verstehen, wie so was geht!« drängte Balilati.
    »Wunder gibt es immer«, sagte Michael Ochajon, den diese Frage auch nicht losließ.
    »Soll ich ihn wieder reinholen?« fragte Mani jetzt und schaute auf seine Uhr. »Eli hat mit ihm gesprochen. Es ist schon drei Uhr nachts. Willst du ihn noch mal?«
    »Ja«, sagte Michael, »bring ihn her. Ich brauche das Material für die Sitzung morgen früh.«
    Draußen um das Gebäude war es still. Michael stand am Fenster und schaute in die Dunkelheit. In den anderen Zimmern war ebenfalls Licht, und das Klappern von Schreibmaschinen war zu hören. Die Luft war feuchter geworden, aber es war noch immer sehr warm. Klein wurde ins Zimmer gebracht, und Mani zog leise die Tür hinter sich zu.
    »Jetzt wissen Sie es«, sagte Klein bedrückt.
    »Die Dame wollte nichts über den Mann sagen, mit dem Sie sich getroffen haben, bis Sie sie nicht darum gebeten haben. Hat sie mit Ihnen zusammengesessen? Hat sie dem Gespräch zugehört?«
    »Mali hört, was sie hören will, und sie weiß, was sie wissen will. Diese vollkommene Fähigkeit von ihr, jeden leben zu lassen, das ist das Schöne an ihr. Als Gegengabe verlangt sie nur, daß man sie leben läßt, wie sie will. Ich habe keine Ahnung, was sie gehört hat. Sie war in der Küche. Es gibt ein Fenster zwischen der Küche und dem Gastzimmer. Es war verschlossen, glaube ich, aber wenn man sich anstrengt, kann man etwas hören«, sagte Klein.
    »Sie kommt morgen zum Detektorverhör. Sind Sie bereit, ihr zu sagen, daß sie über Ihr Treffen mit Tirosch aussagen soll?«
    »Ich bin bereit, sie darum zu bitten, nicht, ›es ihr zu sagen‹ – man kann ihr nichts sagen.«
    »Kommen wir noch einmal auf dieses Treffen zurück. Wer hat es veranlaßt?«
    »Ich«, sagte Klein mit heiserer Stimme.
    »Ich möchte das gerne verstehen. Sie sind nach fast einem Jahr nach Israel zurückgekommen, nach einem Jahr sehen Sie Ihren Sohn und seine Mutter wieder, und da treffen Sie eine Verabredung mit Tirosch?« fragte Michael und dachte wütend: Und dann sagst du zu mir auch noch, es gäbe keine Verbindung mit dem Mord!
    Klein nickte. »Ich werde Ihnen alles erklären. Aber ich möchte Ihr Versprechen, daß die Angelegenheit nicht das Gebäude verläßt. Daß sie nicht unter uns bleiben kann, habe ich inzwischen begriffen.«
    »Wenn Sie mir von Anfang an alles erzählt hätten, aus freien Stücken, hätte sie vielleicht unter uns bleiben können«, sagte Michael bitter.
    »Sie müssen auch die andere Seite der Geschichte verstehen« , betonte Klein. »Es ist nicht ganz so, wie Sie es wohl annehmen.« Beide schwiegen, und Michael wurde zwischen seiner fast unbezähmbaren Neugier, zu erfahren, was Klein in diese Situation gebracht hatte, zu diesem Doppelleben, und seinem Wissen, daß das nichts mit den Ermittlungen zu tun hatte, hin- und hergerissen, ganz zu schweigen von dem Wunsch, ihm nahe zu sein, und dem gleichzeitigen Bedürfnis, sich von ihm zu distanzieren, verschlossen und überlegen zu sein.
    »Meine Beziehung zu Mali ist sehr tief, und natürlich liebe ich sie und den Jungen. Es ist nicht irgendeine Affäre.«
    »Wie alt ist der Junge?« fragte Michael mit kühler, sachlicher Stimme.
    »Fünf.« Klein seufzte und wandte das Gesicht ab. »Und ich habe eine andere Familie, die das nie akzeptieren würde.«
    Michael blickte Klein an. Dieser rutschte unbehaglich auf dem Stuhl hin und her, dann sagte er bedrückt: »Sie ignorieren die Tatsache, daß eine Offenlegung viel zerstören könnte. Meine Frau ist nicht so, daß sie derlei Dinge akzeptieren könnte, sie würde daran zerbrechen. Sie würde glauben, daß alles Lüge war, sie würde nicht verstehen können, daß man in zwei verschiedenen Bereichen leben kann, die ganz voneinander getrennt sind, ohne daß die beiden sich gegenseitig etwas wegnehmen. Man darf nicht alles nur unter

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