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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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gefahren!«
    »Waaaas?«
    Ich sprang auf, Lucy schien in ihrem Bett zu verschwinden. »Du bist mit Papas Wagen gefahren? Ohne Führerschein?«
    Lucy nickte. »Mit konnte ich ja schlecht.«
    »Woher kannst du überhaupt fahren?«
    »Hat Marco mir gezeigt.«

    Der Mistkerl! Warum konnte sie nicht wenigstens sein blödes Golf-Cabrio zerlegen? Jetzt begriff ich, warum wir mit meinem Auto ins Krankenhaus gefahren waren.
    »Wie bist du denn nur auf diese schwachsinnige Idee gekommen?« fragte ich fassungslos.
    »War ’ne Wette. Ich hab gewonnen.«
    Da gab ich mir alle Mühe, meine Kinder zu verantwortungsvollen und reifen Persönlichkeiten zu erziehen, und dann so was! Ich dachte nicht an den Schaden, kaputte Autos hatten mich noch nie besonders aufgeregt.
    Aber der ganze Ärger, die juristischen Folgen – ich wollte es mir gar nicht ausmalen. Mußte einen diese Brut wirklich immer mit der nächstgrößten denkbaren Katastrophe überraschen?
    »Ach, Mama, reg dich nicht so auf. Ich könnte schließlich tot sein!«
    Ich sank auf einem Stuhl zusammen.
    »Du mußt deine Mutter anrufen«, sagte Friedrich sanft und drückte mir ein Markstück in die Hand. »Draußen hängt ein Telefon.«
    Mechanisch stand ich auf und verließ das Zimmer.
    Queen Mum weinte vor Erleichterung. Um ein Haar hätte ich mitgeweint.

    Als Jonas am nächsten Morgen aufwachte, fragte er sofort nach Lucy. Obwohl er sich meistens mit ihr stritt, liebte er seine Schwester heiß. Er wollte sie gleich im Krankenhaus besuchen.
    »Ich bringe ihr meinen Kuschelbär und Bücher und ihren Walkman. Und du mußt ihr eine Schokoladentorte backen, o.k., Mami?«

    Ich bremste seinen Eifer, denn am Telefon hatte Lucy gesagt, daß sie starke Schmerzen hätte und am liebsten ihre Ruhe haben wollte. Erst am Tag darauf konnten wir Jonas’ Plan in die Tat umsetzen.
    Gemeinsam mit Queen Mum fuhren Jonas und ich ins Krankenhaus. Bepackt mit Geschenken stapfte der kleine Kerl den endlosen Flur entlang, bis wir Lucys Zimmer erreicht hatten. Dabei quasselte er ununterbrochen.
    »Tut das weh, wenn der Knochen zerbrochen ist? Wie reparieren die Ärzte das wieder? Meine Knochen können nicht zerbrechen! Weint die Lucy jetzt? Wann kommt sie wieder heim? Wie viele Leute passen in das Krankenhaus?
    Muß ich auch mal hierher? Schau mal Mama, der Mann hat einen Verband! Wann sind wir da? «
    Ich hatte es aufgegeben, seine Fragen beantworten zu wollen. Queen Mum und ich tauschten ein Lächeln und ließen ihn reden. Ich trug die Torte und überlegte, wo wir gleich ein Messer und ein paar Teller herkriegen würden.
    Meist war es in Krankenhäusern ja schon ein Problem, eine Blumenvase aufzutreiben.
    Lucy sah furchtbar aus. Die Schwellungen im Gesicht hatten sich blauschwarz verfärbt, sie konnte sich kaum rühren, weil das gebrochene Bein ruhiggestellt war, und sie jammerte über Schmerzen im Rücken.
    Jonas war ziemlich beeindruckt, als er seine lädierte Schwester sah und verstummte schlagartig. Schweigend lud er seine Präsente auf dem Bett ab und schaute sie mit großen Augen an.
    Lucy lächelte und streichelte ihm über den Kopf.
    »Danke, Kumpel. Echt lieb von dir.«
    »Du armes Kind, nein, wie du aussiehst!« rief Queen Mum immer wieder, »wie ist denn das bloß passiert?«

    Friedrich und ich waren übereingekommen, ihr nicht die Wahrheit über den Unfall zu sagen. Erstens wollten wir ihr die Aufregung ersparen, und zweitens hatte ich einfach keine Lust, mich mal wieder für mein Erziehungsversagen zu rechtfertigen. Queen Mum hätte mir garantiert vorgehalten, ich sei an allem schuld, weil ich Lucy nicht zum autogenen Training geschickt hatte. Also glaubte meine Mutter, Lucy sei bei einem Freund mitgefahren und Friedrichs Auto sei bei der Inspektion.
    Ich gab Lucy ein Zeichen, sie solle den Mund halten, und suchte schnell nach einem anderen Thema.
    »Hattest du schon Besuch, Schätzchen? War Marco schon hier?«
    Wie auf Stichwort füllten sich Lucys Augen mit Tränen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Er hat angerufen.«
    »Und, kommt er dich bald besuchen?«
    »Er sagt, er hat keine Zeit. Zuviel zu tun. Natalie hat mir erzählt, daß sie ihn mit Ilka gesehen hat.«
    Die Tränen liefen ihr übers Gesicht.
    Dieses Arschloch! Ich hatte es gleich gewußt. Um so besser, wenn sie den los war, dachte ich.
    »Marco? Wer ist Marco?« wollte Queen Mum wissen.
    »Mein Freund, Omi«, sagte Lucy mit schwacher Stimme, »jedenfalls bis vorgestern.«
    »Sei nicht traurig, Lucy-Kind. Für einen

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