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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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zeigten, vervollständigten die Möblierung. Ich hätte gewettet, daß er ein Wasserbett hatte, aber schon der Gedanke an ein Bett erinnerte mich an den Schock, den ich gerade erlitten hatte.
    Ich sank auf einen der gemusterten Sessel. Benno kehrte mit zwei Gläsern zurück, in denen Eiswürfel in einer hellgelben Flüssigkeit schwammen.
    »Aus dem Kino weiß ich, daß man in solchen Situationen Whisky trinkt«, lächelte er unbeholfen. »Ich weiß zwar nicht genau, wie die Situation ist, aber Sie sehen aus, als brauchten Sie was Stärkeres.«
    Ich verabscheute den seifigen Geschmack von Whisky, aber in einer masochistischen Anwandlung fand ich plötzlich, das Getränk sei der Lage angemessen.
    »Danke«, brachte ich heraus. Dann trank ich in großen Schlucken das Glas leer. Benno schaute erschrocken zu und nippte an seinem Drink. Mit der Fernbedienung schaltete er den Fernseher aus und die Stereoanlage ein.
    Leise erklang die Instrumental-Version irgendeines Musical-Hits. Sogar sein Musikgeschmack war eine Enttäuschung.
    »Wollen Sie erzählen, was passiert ist?« erkundigte er sich schüchtern.
    Plötzlich wurde ich von lähmender Müdigkeit übermannt. Ich konnte die Augen kaum noch aufhalten, der Alkohol durchströmte meine Adern. Ich wollte alles, nur nicht reden. »Schlafen«, lallte ich wie ein Kleinkind,
    »kann ich hier schlafen?«
    Benno nickte verwirrt, stand auf und wußte nicht genau, in welche Richtung er gehen sollte. Sein Gehirn bearbeitete offensichtlich die klassische Frage »Bett oder Couch?« Schließlich entschied er sich für die unverfänglichere Variante »Couch«. Aus dem Nebenzimmer brachte er Bettzeug und ein Laken und bereitete mir auf dem wild gemusterten Sofa ein Lager. Er drückte mir ein Handtuch in die Hand und schob mich Richtung Badezimmer. Minuten später sank mein Kopf aufs Kissen, und ich fiel in einen komaähnlichen Schlaf.

    Als ich aufwachte, schien die Sonne ins Zimmer. Auf dem Rauchglastisch lag ein Zettel mit einem freundlichen Gutenmorgengruß und der Telefonnummer des Optikerladens, in dem Benno angestellt war. Stück für Stück kam die Erinnerung an den gestrigen Abend zurück; alles kam mir vor wie ein absurder Traum.
    Die verräterischen Papierkügelchen, meine überstürzte Flucht, die Nacht in einer fremden Wohnung, auf dem Sofa eines wildfremden Mannes – das war alles ein bißchen viel für eine Frau, deren größte Aufregung sonst in einem Zahnarztbesuch bestand.
    Ich rief in der Bank an und entschuldigte mich mit Grippe. In der Küche fand ich Kaffee auf einer Wärmeplatte, einen liebevoll gedeckten Tisch mit Brötchen und Marmelade und sogar ein gekochtes Ei.
    Während ich aß, überlegte ich, was ich tun sollte.
    Mein Mann schlief mit meiner besten Freundin, soviel war klar. Sollte ich ihn verlassen? Sollte ich eine sechzehnjährige Ehe wegwerfen, meinen Kindern den Vater nehmen? Sollte ich Doros Wohnungseinrichtung zertrümmern, ihr die Augen auskratzen? (Ich hatte einen Schlüssel zu ihrer Wohnung, weil ich manchmal ihre Blumen goß, wenn sie verreist war.) Oder sollte ich von Friedrich verlangen, daß wir von hier wegzögen? Oder mir versprechen lassen, daß er sie nie wiedersehen würde?
    Plötzlich erschrak ich. Was wäre, wenn er mich verlassen würde? Wenn Doro ihn so umgarnt hätte, daß er bei ihr bleiben wollte? Womöglich würde sie einfach zu uns ziehen, meinen Platz einnehmen und die Rolle der Ehefrau und Mutter spielen. Das hatte sie in den letzten Tagen ja schon erfolgreich getan.
    Mir wurde ganz schlecht, meine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Ich mußte heim, jetzt sofort.
    Schnell schrieb ich Benno ein paar Zeilen und verließ die Wohnung.
    Zu Hause war niemand. Friedrich war im Institut, Lucy in der Schule, Jonas im Kindergarten und Queen Mum vermutlich bei irgendeinem Erleuchtungskurs. Ich stellte meine Tasche ab und ging durchs Haus.
    Ich sah plötzlich alles mit dem Blick einer Außenstehenden, und was ich sah, wirkte wie das Heim einer netten, normalen Familie.
    Die etwas zu kleine Küche mit ihren hellen Holzmöbeln und den Resten des Frühstücks auf dem Tisch.
    Das Wohnzimmer mit den Korbsesseln, dem alten Bauernschrank, den vielen Pflanzen und den gelb-orangenen Vorhängen, die auch an trüben Tagen einen Hauch Sonne in den Raum brachten. Der Flur, in dem viel zu viele Jacken und Mäntel an der Garderobe hingen und sich viel zu viele Schuhe auf dem Schuhregal drängelten.
    Lucys Zimmer, das aussah wie eine Mischung aus Gruft

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