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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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für profanen Kinderkram ist.
    Mit dem Gefühl, Großartiges geleistet zu haben, schlafe ich an diesem Abend ein. Mitten in der Nacht wache ich auf. Meine Eltern haben Gäste, es wird gelacht, geredet, Zigarettenrauch kriecht durchs Haus bis in mein Zimmer.
    Ich steige aus dem Bett, tapse mit bloßen Füßen im Nachthemd die Treppe hinunter, bis ich an der angelehnten Wohnzimmertür angekommen bin. Wenn ich jetzt ein bißchen weine und sage, daß ich Angst habe, darf ich mich auf dem Schoß meines Vaters zusammenkuscheln, bis ich eingeschlafen bin und er mich ins Bett zurückträgt.
    Ich spähe durch den Türspalt. Meine Mutter zeigt gerade das Bärchen herum, kreischend vor Lachen. » Was für eine Mißgeburt! Stellt euch vor, damit quälen sie unsere Kinder! «
    » Was soll es denn darstellen? « fragt ein Mann, » sieht aus wie Ludwig Erhard. «
    Dröhnendes Gelächter der anderen Gäste ist die Antwort. Wie gelähmt stehe ich an der Tür, die Kälte kriecht mir die Beine hoch, lautloses Schluchzen schüttelt meinen Körper. Plötzlich entdeckt mich mein Vater, er springt auf und kommt zu mir.
    » Anna-Mäuschen, was ist los, kannst du nicht schlafen! «
    Stumm schüttle ich den Kopf. Meine Mutter steht auf.
    » Ich bringe sie ins Bett. «
    Sie nimmt mich bei der Hand, zieht mich die Treppe hoch in mein Zimmer. Sie breitet die Decke über meinen zitternden Körper.
    » J etzt schlaf, mein Anna-Kind. « Sie will gehen.
    » Mummy, was ist eine Mißgeburt? «
    Erschreckt dreht sie sich um.
    » Nichts, Anna, gar nichts. Dein Bärchen ist wunderschön. Schlaf jetzt. «
    Am nächsten Tag zerfetze ich den Bären.

    Den letzten Morgen im Schloßhotel verschlief ich. Ich hatte vergessen, den Wecker zu stellen, und so pennte ich über zuklappende Türen, die Geräusche aus dem Frühstücksraum, das Zwitschern der Vögel und das Klopfen des Zimmermädchens hinweg. Als ich gegen Mittag aufwachte, hatte ich das Gefühl, den versäumten Schlaf von Jahren nachgeholt zu haben.
    Das Selbstbewußtseins-Seminar hatte ich verpaßt, aber mein Bedarf an Gruppendynamik war ohnehin gedeckt.
    Vermutlich hätte ich auch dort nur erfahren, daß ich ein hoffnungsloser Fall wäre.
    Nach dem Mittagessen beschloß ich, auf das Angebot einer Wanderung in die Umgebung zu verzichten und gleich nach Hause zu fahren. Zweieinhalb Tage ohne meine Familie erschienen mir völlig ausreichend, ich hatte nicht das Gefühl, mich weiter erholen zu müssen.
    Ich aß noch schnell ein Stück Käsesahnetorte, verabschiedete mich von den anderen Teilnehmerinnen und trat den Heimweg an. Halb stolz, halb erschrocken fiel mir ein, daß ich kein einziges Mal mehr zu Hause angerufen hatte.

Neun
     
    »Mama, schau mal, was ich gefunden habe!«

    Jonas stürmte mir entgegen, als ich die Gartenpforte öffnete. Es war ein milder, frühlingshafter Abend, ich freute mich auf Friedrich und die Kinder, als hätte ich sie seit Wochen nicht gesehen.
    »Hallo, Schätzchen!« rief ich fröhlich, »zeig her, was hast du gefunden?«
    Jonas hielt mir seine ausgestreckte Hand entgegen, und ich fuhr angeekelt zurück. Ein toter Vogel starrte mich aus runden, schwarzen Augen an. Sein Gefieder war zerzaust, das struppige Köpfchen unnatürlich verdreht.
    »Das ist ein Rotkehlchen, schau, wie schön«, jauchzte Jonas.
    »Iiihh!« rief ich aus. »Schmeiß das Viech weg!«
    Empört sah er mich an.
    »Den stopfe ich aus.«
    Ich küßte Jonas aufs Haar und bat: »Laß uns später überlegen, was wir mit ihm machen. Leg ihn solange hier in die Blumenschale.«
    Enttäuscht, daß ich seine Begeisterung nicht teilte, legte Jonas den Vogel hin. Wir gingen ins Haus, niemand kam, um uns zu begrüßen.
    »Wo sind denn die anderen?«
    »Omi ist noch verreist, Lucy ist bei Natalie, Papa und Doro … weiß nicht, wo die sind.«
    »Wieso weißt du das nicht? Seit wann sind sie denn weg?« fragte ich beunruhigt.

    »Keine Ahnung, war bei Goofy.«
    Na, das war ja eine tolle Betreuung!
    »Wie war’s denn mit Doro?« wollte ich wissen.
    »Super, echt toll! Wenn du willst, kannst du öfter wegfahren.«
    Das klang beruhigend, auch wenn sich fast so etwas wie Eifersucht in mir regte. Sooo toll mußte er Doro ja nun auch nicht finden.
    Durchs Küchenfenster sah ich, wie Friedrichs Wagen in die Einfahrt bog. Doro und er stiegen lachend aus, beide mit Pizzakartons bepackt. Alles war in Ordnung, sie ließen meine Kinder nicht hungern. Ich schämte mich wegen des kurzen Anflugs von Ärger.
    Ich riß die Tür auf,

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