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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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trügerische Sicherheit gestern zusammengebrochen war. Ich mußte weg von Friedrich und weg von Lucy und meiner Mutter, die beide so genau zu wissen schienen, wer diesen Zusammenbruch herbeigeführt hatte. Wenn ich nur den Hauch einer Chance haben wollte, aus dieser Sache mit Anstand herauszukommen, mußte ich jetzt standhaft bleiben.
    Ich hielt vor dem Gartentor. Jonas saß klein und schmächtig auf dem Beifahrersitz und wartete.
    »Du mußt jetzt gehen«, sagte ich und schluckte. Ich fühlte mich wie die letzte Verräterin.
    Die Haustür öffnete sich, Friedrich kam den Gartenweg entlang. Ich öffnete die Beifahrertür, ein sanfter Schubs sollte Jonas in Bewegung setzen. Er rührte sich nicht. Ich wurde nervös, auf keinen Fall wollte ich mit Friedrich reden. Ich wollte keine Ausflüchte hören, keine Beschwichtigungen oder Erklärungen. Ich wollte den Schmerz fühlen, ganz alleine, in seiner ganzen Wucht.
    »Geh jetzt, Schätzchen, ruf mich morgen an.«
    Die Erinnerung an die geheime, magische Zahlenreihe in seiner Tasche schien Jonas Kraft zu geben.
    »O.k., Mami. Bis morgen.«
    Er stieg aus dem Auto und ging auf Friedrich zu, der angefangen hatte zu laufen. Ich zog die Beifahrertür zu und gab Gas, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

    »Sagten Sie nicht, Sie seien eine glücklich verheiratete Frau?« fragte Benno, als ich wieder bei ihm in der Wohnung war.
    »Das war ich auch, bis gestern«, sagte ich und meine Stimme klang rauh. Den ganzen Tag war mir zum Heulen zumute gewesen, aber ich hatte mich beherrscht, Jonas zuliebe. Jetzt wollte ich nicht weinen, weil ich mich schämte. Immerhin war Benno ein wildfremder Mann, auch wenn ich ihn gestern im Bademantel gesehen hatte und inzwischen wußte, welchen Rasierschaum er verwendete. Ich fragte mich, wann und wo ich jemals ungestört würde weinen können.
    »Wollen Sie heute erzählen, was passiert ist?« fragte er, geduldig wie ein Arzt, der eine besonders störrische Patientin vor sich hat.
    »Sie wissen es doch ohnehin. Wann kommt es schon vor, daß glückliche Ehefrauen Hals über Kopf von zu Hause weglaufen?«
    Benno nickte bedächtig.
    »Daß Sie Ihren kleinen Jungen zurücklassen müssen, ist das Schlimmste, oder?«
    War es das? Oder war es die Enttäuschung über Friedrich, der Zorn auf Doro, die Kränkungen von Lucy und Queen Mum, die Tatsache, kein Zuhause mehr zu haben? Ich wußte es nicht.
    »Sind Sie mir böse, wenn ich einfach nur wieder schlafen will?« fragte ich.
    Schweigend erhob Benno sich, räumte das Sofa frei und richtete mein Bett her. Als ich aus dem Bad zurückkam, umarmte ich ihn kurz.
    »Danke. Jetzt weiß ich, wie verdammt dringend ich einen Freund brauche.«
    Ich schlief sofort ein. Nachts wurde ich irgendwann wach.
    Unter der Tür schimmerte Licht durch, ich hörte Benno, der im Nebenzimmer auf und ab ging. Das Licht erlosch, leise öffnete sich die Tür. Schnell schloß ich die Augen und stellte mich schlafend. Sicher wollte er ins Bad, der Weg dorthin führte durchs Wohnzimmer.
    Die Schritte näherten sich. Ich merkte, daß er sich neben mir auf den Boden setzte, ganz nah an meinem Kopf.
    Plötzlich spürte ich seine Hand, die über mein Haar strich, meinen Hals streichelte, über meine Schulter glitt, tiefer und tiefer, bis sie meine Brust umfaßte.
    Ich schoß in die Höhe.
    »Hören Sie auf, ich will das nicht«, herrschte ich ihn an.
    »Natürlich willst dues«, antwortete er mit einer Stimme, die irgendwie anders klang als die, mit der er sonst sprach.
    Er warf sich über mich, hielt meine Arme über dem Kopf fest und küßte mich.
    »Komm, stell dich nicht so an, es wird dich ablenken.
    Am schnellsten vergißt du einen Mann in den Armen eines anderen.«
    Ich versuchte mich zu wehren, aber ich hatte keine Chance. Der Mann wog gut und gerne zwanzig Kilo mehr als ich, genausogut hätte ich versuchen können, ein Auto mit angezogener Handbremse aus einer Parklücke zu schieben. Also hielt ich still und hoffte, daß es schnell vorbei sein würde.
    Mein Wunsch wurde erhört, Benno kam, bevor er überhaupt in mir drin war. Sein Körper erschlaffte, sein Gewicht drückte auf mich, so daß ich kaum noch Luft bekam.
    »Ich muß ins Bad«, sagte ich so sachlich wie möglich.
    Ohne ein Wort rollte er sich von mir herunter. Ich wusch mich und zog mich an.
    Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, kauerte Benno am Boden, das Gesicht in den Händen. Ich ging im Zimmer umher und sammelte ein, was mir gehörte.

    »Es tut mir leid, ich wollte das

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