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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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Frage.
    Ich nickte.
    »Und ’nen Mann?«
    »Können wir über was anderes reden?«
    »Klar. Hast du Hunger?«
    »Und wie!«
    Tatsächlich hing mein Magen bis zum Boden, ich konnte mich gar nicht daran erinnern, wann ich zuletzt was gegessen hatte.
    Zurück in der Küche, die von fahlem Morgenlicht erhellt wurde, briet Rilke Spiegeleier und toastete ein paar lasche Brotscheiben, die er irgendwo im Chaos der Küche gefunden hatte. Ich kochte Kaffee, und wir frühstückten schweigend. Mein erstes Frühstück mit einem anderen Mann seit sechzehn Jahren, schoß es mir durch den Kopf.

    »Wo warst du denn?« Sabine kam aufgeregt zu mir, als ich das CALL-YOUR-BANK-Büro betrat. »Ich dachte schon, du hast dir was angetan.«

    »Bevor ich mir was antue, gibt es andere, denen ich was antue«, beruhigte ich sie. »Tut mir leid, wenn ihr euch Sorgen gemacht habt, ich hatte eine ziemlich turbulente Nacht.«
    »Sieht so aus«, meinte sie mit Blick auf den Hosenanzug, dem man allmählich ansah, daß ich seit gestern ziemlich herumgekommen war. »Sag mir nur, ob du noch bei uns wohnst oder nicht.«
    »Natürlich. Ich komme heute abend.«
    Mittags verließ ich die Bank und besorgte ein paar Kleinigkeiten. Dann fuhr ich zu Doros Wohnung.
    Vorsichtshalber rief ich aus dem Auto ihre Nummer an, aber wie erwartet meldete sich der Anrufbeantworter.
    Ich schloß die Tür auf und schlüpfte hinein. Doros Einrichtung war vom Feinsten. Teure Teppiche, ein Designersofa mit passenden Sesseln, üppige Vorhänge und überall orientalische Kissen und Polster. Ich zögerte einen Moment, ihr Schlafzimmer zu betreten. Was, wenn ich Spuren von Friedrichs Anwesenheit finden würde?
    Wut kochte in mir hoch. Ich hatte sie getröstet, wenn sie durchhing, hatte mir ihre endlosen Tiraden über böse Männer angehört, hatte sie an unserem Familienleben teilhaben lassen, hatte ihr vertraut. Und zum Dank verführte sie meinen Mann.
    Entschlossen riß ich die Tür auf, und mein Blick fiel auf das riesige Bett, das mit zartgelbem Stoff bezogen war.
    Decken und Kissen im gleichen Farbton lagen zerwühlt darauf. Auf dem Nachttisch standen zwei benutzte Rotweingläser, eines davon halbvoll. Ich packte es und feuerte es mit aller Kraft gegen die Wand. Es zerbrach, der Wein rann die Tapete entlang und sickerte in den naturweißen Teppichboden. Ein blauroter Fleck breitete sich aus.

    Aus meiner Tasche nahm ich einen Wäschespritzer, füllte ihn im Bad mit Wasser und begann, alle textilen Bestandteile der Wohnung akribisch zu befeuchten. Ich startete im Wohnzimmer, arbeitete mich über den Teppichboden im Flur bis ins Schlafzimmer vor, wo ich besondere Sorgfalt auf das Bett verwendete. Auch die Handtücher und der Frotteeteppich im Bad wurden bedacht. Mehrmals mußte ich den Wäschespritzer nachfüllen, bis der erwünschte Feuchtigkeitsgrad erreicht war.
    Dann holte ich einige Tütchen aus meiner Tasche und verteilte den Inhalt gleichmäßig auf dem präparierten Untergrund. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich es geschafft hatte. Ich sah mich um, das Ergebnis war zufriedenstellend. Durch den Spion in der Wohnungstür überprüfte ich, ob jemand im Hausflur war. Nein, niemand zu sehen. Ich schloß leise die Tür hinter mir und drehte den Schlüssel zweimal um.
    Zwei Straßen weiter zog ich die leeren Tütchen aus meiner Tasche, um sie in einem Papierkorb zu versenken.
    »Schnellwachsende Gartenkresse, wächst auf jedem Untergrund« stand über der Abbildung eines weichen, hellgrünen Polsters aus Kressepflänzchen. Das Hellgrün würde wunderbar mit Doros Einrichtung harmonieren, besonders mit dem gelben Bett!

    Jonas erwartete mich ungeduldig vor dem Kindergarten.
    »Warst du schon bei den Gemeinen?« begrüßte er mich.
    Oh, Mist, die Kiga-Kampftruppe, die hatte ich völlig vergessen. Ich zückte mein Handy und rief bei Marthe an.
    Als niemand abhob, versuchte ich es bei Wiltrud.
    Hoffentlich laberte die mich nicht wieder mit irgendwelchen Klatschgeschichten voll.

    »Nessinger.«
    »Hallo Wiltrud, Annabelle hier. Du, ich wollte dir nur schnell sagen …«, begann ich, aber weiter kam ich nicht.
    »Annabelle! Was ist denn los? Alle reden über euch, ihr seid Thema Nummer eins!«
    »Na prima, dann muß ich dir ja nichts mehr erzählen«, sagte ich kühl.
    »Was war denn heute morgen mit dir los?« fragte sie weiter, »wegen dir mußten wir den Termin verschieben!
    Nächsten Mittwoch mußt du aber unbedingt mitkommen!«
    »Paß auf, Wiltrud, ich bin fürs erste

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