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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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sein.
    »Hallo, lange nicht gesehen«, grüßte ich freundlich.
    »Hallo.«
    »Tut mir echt leid, daß es schiefgelaufen ist«, sagte ich verlegen. »Ich hoffe, ihr seid nicht sauer auf mich.«
    »Deine Unterstützung wäre schon wichtig gewesen«, sagte Wiltrud mit vorwurfsvollem Gesicht und stellte mir eine Tasse Kaffee hin. »Als du mit dem Renz geredet hast, sah es noch richtig gut aus.«

    »Wer weiß«, sagte Marthe spitz, »vielleicht hat dein Sit-in die Sache ja auch versaut. Man soll Beamte eben nicht unter Druck setzen. Warum hast du uns überhaupt von einem auf den anderen Tag hängenlassen?«
    »Sie hat ’ne Ehekrise«, erklärte Wiltrud, und man sah ihr an, daß sie vor Neugierde platzte.
    Statt sie auf den neuesten Stand zu bringen, erkundigte ich mich, was denn so über mich und Friedrich geredet wurde.
    »Alles mögliche. Daß er dich geschlagen hat, zum Beispiel.«
    Dieses Gerücht war ja nun nicht neu, vermutlich hatte Wiltrud es selbst gestreut.
    »Was noch?«
    »Daß du ihn geschlagen hast.«
    Ich mußte grinsen.
    »Es heißt auch, daß er sich an Lucy vergriffen hat und du ihn deshalb rausgeschmissen hast. Andere behaupten, er hätte was mit deiner Mutter angefangen. Die meisten glauben, daß er was mit einer Kollegin hat. Und manche sagen sogar, du hättest ’nen jungen Freund!«
    Staunend hörte ich zu. Dann trank ich meine Tasse leer und stand auf.
    »Also, ich muß dann wieder.«
    »Jetzt warte doch mal, Anna!« rief Wiltrud, »was stimmt denn nun?«
    Lächelnd sagte ich. »Also: Friedrich treibt es mit seinem Chef, Lucy geht auf den Strich, meine Mutter hat einen Puff eröffnet und ich habe eine Affäre mit dem Nachbarhund.«
    Mit offenem Mund gafften mich die beiden an.

    »Schönen Tag noch«, wünschte ich und trat raus auf den Flur.
    Von oben war nichts mehr zu hören. Ich hoffte, daß Goofy seinen widerlichen Bruder erwürgt hatte.

    Queen Mum war auffallend guter Stimmung. Nichts regte sie auf, weder Jonas’ laute Musik noch Lucys neuer Minirock noch die Rindsrouladen, die ich statt der versprochenen Gemüseplätzchen gekocht hatte.
    Sie erwartete Besuch. Martin, ein alter Schulfreund, den sie auf dem Klassentreffen wiedergesehen hatte, sollte für ein paar Tage vorbeikommen und bei uns wohnen.
    Mit vereinten Kräften hatten wir den Abstellraum freigeräumt, die Hälfte des Plunders weggeschmissen, die andere im Keller deponiert. Irgendwo fand sich ein altes Klappbett, und fertig war das Gästezimmer.
    Daß der kleine Raum wieder benutzbar war, gefiel mir.
    Weniger gefiel mir, daß meine Mutter mich inständig gebeten hatte, den Abend mit ihr und ihrem Gast zu verbringen. Ich hatte Rilke drei Tage nicht gesehen und brannte darauf, die Nacht bei ihm zu verbringen.
    »Ich möchte Martin doch so gerne meine Familie vorstellen«, flehte Queen Mum, als ich etwas von einer Verabredung nuschelte.
    »Soll ich ihm auch erzählen, warum dein Schwiegersohn nicht dabei ist?« erkundigte ich mich angelegentlich.
    »Das kannst du halten, wie du willst. Übrigens, Friedrich hat angerufen.«
    »Und, was wollte er?«
    »Ich glaube, er hat seinen Fehler eingesehen. Er möchte zurückkommen.«
    Ich behielt für mich, daß nicht Friedrich seinen Fehler eingesehen, sondern Doro ihn vermutlich vor die Tür gesetzt hatte. Daß er jetzt versuchte, Queen Mum für sich einzuspannen, fand ich ganz schön ungeschickt.
    Er wußte doch, wie allergisch ich auf ihre Vorschläge reagierte.
    »Und warum sagt er das nicht mir?«
    »Er hat Angst vor dir. Du hast ihn neulich derartig abblitzen lassen, daß er sich nicht traut.«
    »Mir kommen gleich die Tränen«, sagte ich ungerührt.
    »Möchtest du blaue oder weiße Servietten?«
    Damit war das Thema für mich beendet. Von mir aus konnte Friedrich ins Hotel gehen oder sich eine Wohnung nehmen. Nichts interessierte mich derzeit weniger.
    »Ich bin aber mit Jojo verabredet«, maulte Lucy, als Queen Mum auch sie bat, am Abend dazubleiben.
    Das ist ungerecht, dachte ich, wenn ich Rilke nicht sehen darf, dann kann Lucy auch mal einen Abend ohne Jojo auskommen. Im nächsten Moment schämte ich mich.
    »Du kannst ja zum Essen bleiben und dich später mit Jojo treffen«, schlug ich vor. »Du darfst ausnahmsweise bis halb zwei wegbleiben.«
    Dankbar umarmte mich Lucy, und Queen Mum nickte beifällig.
    Na bitte, ich entwickelte doch noch diplomatische Fähigkeiten.

    Martin war eine ausgesprochen angenehme Überraschung.
    Er war ein gepflegter Herr Anfang Sechzig mit

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