Am Anfang war der Seitensprung
ist das eben, wenn Leute sich verlieben«, erklärte Jonas, »dann wollen sie zusammen sein.«
» Was hast du getan?«
Friedrich starrte mich fassungslos an.
»Ich habe sie in ihr Zimmer gesperrt, damit sie nicht weggeht.«
»Aber du hast dir monatelang nichts anderes gewünscht!«
»Genau darüber will ich mit dir reden.«
Wir saßen in der scheußlichen möblierten Wohnung, die Friedrich in aller Schnelle mieten mußte, als Ehefrau und Geliebte ihn vor die Tür gesetzt hatten.
Zuerst wollte er nicht mal mit mir sprechen. Er knallte sofort den Hörer auf, als ich mich am Telefon meldete.
In den letzten Wochen hatten nur die Kinder mit ihm telefoniert und Treffen verabredet. Ich hatte ihn zweimal kurz an der Haustür gesehen, ohne daß wir ein Wort miteinander gewechselt hätten. Mein Wunsch, wir könnten Freunde bleiben, war nicht in Erfüllung gegangen.
Friedrich war zutiefst verletzt.
Ich suchte nach Worten. »Ich weiß, es … es kommt überraschend, aber ich möchte, daß du nach Hause zurückkommst.«
»Wie bitte?«
»Ja, ich meine es ernst. Ich möchte, daß du wieder zu Hause wohnst.«
Friedrich sah mich an, als würde ich ihm einen unanständigen Antrag machen.
»Du willst wieder mit mir leben?«
»Nicht direkt, ich … ich ziehe woanders hin.«
Ich hatte mich bewußt vage ausgedrückt, aber Friedrich schaltete schnell.
»Verstehe ich das richtig, du willst, daß ich wieder nach Hause komme, damit du zu deinem Liebhaber ziehen kannst?«
»Ja. Einer muß schließlich bei den Kindern sein. Und ich finde, jetzt bist du mal dran.«
Friedrich sprang von einem der zwei schmuddeligen Polstersessel auf, die gemeinsam mit einem ebenso zerschlissenen Sofa und einem wackeligen Tisch aus Kunstmarmor die Sitzgarnitur bildeten. Wie er es in dieser Siffbude nur einen Tag ausgehalten hatte, war mir ein Rätsel.
Wie immer, wenn er sich aufregte, lief er hin und her.
Der Teppich in seinem Büro war schon ganz abgewetzt, jetzt war er im Begriff, die Auslegware dieses Appartements zu ruinieren.
»Wie kannst du es wagen?« schrie er und blieb zitternd vor Wut stehen. »Am liebsten würde ich dich schlagen, weißt du das?«
»Du kannst auch die Scheidung haben«, bot ich ihm an und versuchte, unbeeindruckt zu wirken. »Dann zahlst du mehr Unterhalt, und ich nehme mir ein Au-pair-Mädchen.«
Er packte mich an den Schultern und schüttelte mich.
»Warum? Was habe ich dir getan?«
Ich senkte den Blick.
»Es ist keine Rache oder so was, falls du das denken solltest. Was ich mit Rilke erlebe, erlebe ich zum ersten und wohl auch zum letzten Mal in meinem Leben. Ich muß es einfach durchziehen, verstehst du das nicht?«
»Wie heißt der Typ?«
»Rilke«, wiederholte ich, und Friedrich lachte höhnisch auf.
Er ließ sich auf seinen Sessel fallen, beugte den Oberkörper nach vorn und sah mich mit waidwundem Blick an.
»Anna, was ist nur los mit dir? Du bist nicht mehr die Frau, die ich kenne.«
Ich schnaubte verächtlich. »Ein Glück! Es war höchste Zeit, daß ich mich verändert habe.«
Er rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Es war eine Geste der Erschöpfung, der Resignation.
»Also, was ist jetzt?« Ich sah ihn herausfordernd an.
»Und wenn ich mich weigere?«
»Dann gehe ich trotzdem.«
»Und die Kinder?«
Ich zuckte bedauernd die Schultern. »Tja Das war ein Trick.« Ich war keineswegs so abgebrüht, wie ich tat.
Natürlich würde ich die Kinder nicht sich selbst überlassen. Aber verwirrt, wie Friedrich war, glaubte er das vielleicht. Ich hoffte jedenfalls, ihn damit erpressen zu können.
»Dann zeige ich dich beim Jugendamt an«, drohte er, »im Fall einer Scheidung kannst du das Sorgerecht vergessen.«
»Du bist derjenige, der seine Familie verlassen hat, um zu seiner Geliebten zu ziehen. Denkst du etwa, du kriegst die Kinder?«
Er schlug mit der flachen Hand auf den Kunstmarmor, daß der Tisch wankte.
»Ach, Scheiße! Das führt uns doch alles nicht weiter!«
Das fand ich auch. Ich war eigentlich der Ansicht, daß ich ihm ein ziemlich faires Angebot gemacht hatte. Er konnte aus diesem Loch raus, zurück in unser Haus.
Und er konnte täglich mit seinen Kindern Zusammensein, die er angeblich so vermißte.
»Wer soll mittags kochen?«
»Du natürlich. Du nimmst dir deine Büroarbeit mit, bist ab mittags zu Hause und versorgst die Kinder.«
»Und wenn ich abends ausgehen will?«
»Dann mußt du dich eben um einen Babysitter bemühen. Aber so oft kommt das meiner Erinnerung
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