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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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nach nicht vor.«
    Wenn er solche Fragen stellte, dachte er immerhin darüber nach, frohlockte ich innerlich.
    »Soll das eine Dauerlösung sein?« fragte er weiter.
    Ich drehte die Augen zum Himmel. »Bin ich Hellseherin? Ich habe keine Ahnung.«
    Friedrich grübelte mit finsterer Miene vor sich hin, dann beugte er sich wieder zu mir und nahm meine Hände. Er war blaß, kleine Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
    Ich hatte nie gewußt, wie einfach es war, ihn an seine Grenzen zu bringen.

    »Also, ich mache es, aber nur den Kindern zuliebe. Und unter einer Bedingung: Du betrachtest das Ganze als Probezeit für unsere Beziehung. Du sollst deine Affäre haben, ich hatte auch eine. Aber ich bin überzeugt, daß wir noch eine Chance haben, deshalb will ich auf keinen Fall die Scheidung.«
    Ich war überrascht über seine Entschiedenheit. Plötzlich wirkte er nicht mehr schwach. Ich hatte es geschafft.
    Der Saal war qualmgeschwängert, von den schätzungsweise zweihundert Leuten mußten dreihundert Raucher sein. Ich saß mit Lucy und Jojo an einem der hinteren Tische des »Easy Club«.
    Rilke und die Jungs hatten gerade angefangen zu spielen.
    In der Pause würde ich hinter die Bühne gehen, dann würde Rilke mich als »Special Guest« ankündigen. Ich hatte ihn gebeten, mich so anzusagen, als sei ich ein alter Hase in der Branche. Die Leute würden sich wundern, daß sie meinen Namen noch nie gehört hatten, aber jeder würde denken, er sei der einzige, der Bella Schrader nicht kannte.
    Nervös verknotete ich meine Füße unter dem Tisch und hielt mich an meiner Cola fest. Kein Alkohol vor dem Auftritt, hatte Rilke mir eingeschärft, und ich hielt mich brav daran. Lucy warf mir aufmunternde Blicke zu. Jojo, der sich als ganz sympathischer Typ entpuppt hatte, fühlte sich ein bißchen deplaziert. Kein Wunder, er war ein ausgemachter Techno-Fan.
    Ich musterte ihn aus den Augenwinkeln. Er hatte ein offenes Gesicht, eine ziemlich große, gebogene Nase und dunkle Haare. Er sah ein bißchen orientalisch aus und eigentlich nicht schlecht. Wenn nur die Koteletten nicht gewesen wären! Ich beugte mich zu ihm.
    »Hast du Araber in deiner Familie?«

    Er sah mich überrascht an und lächelte. »Mein Großvater ist Perser. Hat Lucy Ihnen das nicht erzählt?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich war in letzter Zeit so sehr mit meiner Eroberung beschäftigt gewesen, daß ich Lucy zu ihrem neuen Freund längst nicht so intensiv verhört hatte, wie ich es sonst zu tun pflegte.
    Ich sah mich um, soweit das durch den Rauch und die Dunkelheit ging, und versuchte, die Leute im Saal einzuschätzen. Manche hörten aufmerksam zu, andere quatschten und betrachteten die Musik als unvermeidliche Störquelle.
    Das Publikum war ziemlich gemischt. Ein paar punkige junge Mädchen hockten zwischen schwarz gekleideten Typen in Lederjacken. Am Nebentisch lallte ein besoffener Altfreak, am Tresen lehnte eine Gruppe von relativ jungen Leuten im Siebziger-Jahre-Look.
    »Heartbeat«, wie Rilkes Gruppe hieß, stand offensichtlich über den Trends. Die Musik grenzte niemanden aus, sie war nicht extrem, aber auch nicht mainstreamig. Es war eben einfach »gute« Musik, wie Rilke selbstbewußt gesagt hatte. Je länger die Band spielte, desto konzentrierter hörten die Leute zu. Manche tippten mit dem Fuß den Takt mit, wer stand, bewegte sich rhythmisch. Man bekam Lust zu tanzen, aber es war nicht genug Platz.
    Je näher die Pause rückte, desto aufgeregter wurde ich.
    Wir hatten intensiv geprobt, und es war gut gelaufen.
    Aber allein mit den Jungs in einem Probenkeller zu stehen, war etwas anderes als hier vor einem Saal voller Leute. Mein Hals war trocken, ich trank meine lauwarm gewordene Cola in einem Zug aus und bestellte gleich danach ein Mineralwasser.
    »Trink nicht zuviel, sonst mußt du während deines Auftritts pinkeln«, warnte mich Lucy. Es machte ihr offensichtlich Spaß, mein Lampenfieber zu verstärken.
    Pause. Der Beifall war freundlich gewesen, jetzt bestellten die Leute neue Getränke und unterhielten sich.
    »Also los«, forderte Lucy mich auf. Ich stand auf.
    Schlagartig hatte ich panische Angst. Ich gehe nicht hinter die Bühne, ich gehe einfach raus, dachte ich. Wie konnte ich nur auf eine so bescheuerte Idee kommen, mich freiwillig vor zweihundert Leuten zu blamieren! Daß es eine Blamage werden würde, erschien mir plötzlich völlig sicher.
    »Kriegst du Schiß, Mami?«
    Mit sicherem Blick hatte Lucy meinen Zustand erfaßt.
    Ich

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