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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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und mich für eine Lügnerin. Und natürlich für eine Schnorrerin, denn in Wahrheit war ich ja gekommen, weil ich um Geld bitten wollte.
    »Du mußt mir unbedingt aus Afrika erzählen, Mummy«, forderte ich sie schnell auf.
    Das ließ Queen Mum sich nicht zweimal sagen. Wie ein Wasserfall sprudelte sie los, und ich ließ die ganze Hochzeitsreise noch mal über mich ergehen. Als sie ihre Schilderung beendet hatte, paßte ich einen geschickten Moment ab und brachte mein eigentliches Anliegen vor.
    »Du brauchst Geld?« fragte sie verständnislos, »aber du hast doch einen Job.«
    »Nein, den habe ich nicht mehr, und bis ich was Neues gefunden habe, brauchte ich ein bißchen Unterstützung.«

    »Verdient Friedrich denn nicht genug?« erkundigte sich Martin erstaunt.
    Schnell schaltete Queen Mum sich ein, weil sie fürchtete, daß ich die Wahrheit über Friedrich und mich ausplaudern könnte. Martin wußte immer noch nicht, daß wir getrennt lebten. Die ganze Zeit über hatte sie ihr Friede-Freude-Eierkuchen-Szenario aufrechterhalten.
    »Das müssen wir ja auch nicht jetzt besprechen«, sagte sie und bedachte mich mit einem warnenden Blick.
    »Doch«, beharrte ich, »es ist dringend.«
    Martin sah aufmerksam von ihr zu mir. Der Mann war nicht blöd, der merkte, daß was im Busch war. Dieser Umstand kam mir zugute.
    »Also gut, dann regeln wir es eben schnell«, lenkte Queen Mum, die aus der Gefahrenzone wollte, ein. Sie holte ihre Handtasche und schrieb einen Scheck aus.
    Dreitausend Mark, immerhin. Ich atmete auf.

    Ich zahlte die aufgelaufenen Bankzinsen und meine Schulden in der WG. Lange würde der Rest nicht reichen, deshalb beschloß ich, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen.
    Ich rief bei Radio Süd an und verlangte Herrn Bammer.
    »Ich wollte Ihnen nur sagen, ich habe es mir überlegt, ich würde doch gerne das Moderatoren-Training machen.«
    »Schön, Frau Schrader. In drei Monaten können Sie anfangen.«
    Ich schluckte. »So spät? Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, früher einzusteigen?«
    »Also, Sie sind eine merkwürdige Person. Erst wollen Sie gar nicht, und dann kann es nicht schnell genug gehen.

    Ich werde sehen, was sich machen läßt.«
    »Eine Frage noch«, sagte ich schüchtern, »ist das Training … ähm, ich meine, kostet das was?«
    »Nein, wir bilden den Nachwuchs ja für uns aus, das ist unsere Investition in die Zukunft des Radios«, erklärte Herr Bammer stolz.
    Daß ich mit fast vierzig zum Nachwuchs zählen sollte, fand ich zwar überraschend, ansonsten erleichterte mich die Auskunft aber natürlich.
    »Munnimanni munnimanni muuuh! Ha ha, ho ho, hu hu!«
    Ich stand aufrecht da, mit der rechten Hand auf dem Zwerchfell, und machte komische Geräusche. Das nannte sich »Stimmbildung«, und Frau Kranz, die Ausbilderin, nickte mir aufmunternd zu. Es war meine zweite Stunde und nachdem ich meine anfänglichen Hemmungen abgelegt hatte, fing es an, richtig Spaß zu machen.
    »Stoßen Sie den Atem richtig aus, so: Ho! ha! hu!«
    befahl Frau Kranz und machte es mir so übertrieben vor, daß wir beide lachen mußten.
    Die nette Frau Wüster, die aus irgendeinem merkwürdigen Grund einen Narren an mir gefressen hatte, mußte sich so vehement für meine vorzeitige Aufnahme ins Moderatoren-Training eingesetzt haben, daß Herr Bammer kapituliert hatte.
    Ich bedankte mich bei ihr mit einem Blumenstrauß.
    »Wissen Sie«, erklärte sie, »ich habe selbst davon geträumt, Sprecherin zu werden, aber mir fehlen alle Voraussetzungen. Wenn jemand so eine wunderbare Stimme hat wie Sie, wäre es ein Jammer, nichts daraus zu machen.«
    So besuchte ich also nun dreimal in der Woche Kurse in Stimmbildung, Interviewtechnik und praktischer Radioarbeit. Ich lernte, wie man seine Atmung kontrolliert, wie man eine müde Stimme munter klingen läßt und wie man einen schweigsamen Gesprächspartner zum Reden bringt. Ich übte den Umgang mit Plattenspieler, Kopfhörer und Studiotelefon und lernte, wie man einen aufgezeichneten Beitrag schneidet. Ich sprach unendlich viele Jingles, Spots und Ansagen, und bald kam Frau Wüster und sagte: »Demnächst sind Sie reif für eine Probesendung.«
    »Radiomoderatorin? Was ist das denn wieder für eine Spinnerei?«
    Mißmutig hackte Friedrich die Gabel in den selbstgebackenen Kuchen, den ich zu meinem ersten offiziellen Besuch zu Hause mitgebracht hatte. Ich wollte die Situation so gut es ging entspannen und hegte außerdem die heimliche Hoffnung, Friedrich dazu bewegen zu

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