Am Anfang war der Tod
und entschuldigte sich noch einmal wegen der späten Stunde. Skips Bemerkung, es sei halb so wild, vermochte ihn nicht so recht zu überzeugen.
Ehe er sich wieder ans Bett setzte, rief er bei Nick an.
Er war erleichtert, als Nick selbst am Telefon war.
„Nick, hier spricht Jake Dilessio.“
„Ja?“ fragte Nick zurückhaltend. Auch wenn seine Nichte schon fünfundzwanzig war, sah er sich immer noch als Vater, der sie beschützen musste. „Sie wollen mit Ashley sprechen? Sie können sie auf ihrem Handy erreichen. Aber das brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen.“
Jake zögerte. Er glaubte nicht, dass Ashley den Anruf entgegennehmen würde, wenn sie seine Nummer auf dem Display erkannte. Außerdem war er sich auch gar nicht sicher, ob er in diesem Moment überhaupt mit ihr reden wollte. Einerseits war er noch immer ziemlich frustriert und ärgerlich. Andererseits fragte er sich, ob es normal war, sich so sehr als ihr Beschützer zu fühlen, als gehörte sie zu ihm und wäre ihm anvertraut. Als ob er das Recht hätte, über jeden ihrer Schritte informiert zu sein.
„Ich muss nicht unbedingt mit ihr reden, Nick. Ich wollte mich nur erkundigen … ob sie zu Hause ist. Und ob es ihr gut geht.“
„Sie ist schon erwachsen, Jake. Sie bleibt so lange aus, wie es ihr passt. Aber ich denke, dass wissen Sie ebenfalls.“
„Nick …“
„Sie ist zu Hause, Jake. Vor etwa zwanzig Minuten habe ich sie durchs Haus laufen gehört.“
Nach kurzem Zögern und weil er nicht so recht wusste, was er Nick erzählen sollte, sagte Jake nur: „Danke.“ Schließlich wollte er einen alten Freund nicht grundlos beunruhigen. „Hören Sie, Nick, ich bin hier oben im Norden.“
„Ich habs mitbekommen. Die Sache mit Bordon ist den ganzen Tag über in den Nachrichten gelaufen. Sein Zustand soll kritisch sein.“
„Er liegt im Sterben“, sagte Jake ausdruckslos. „Ich sitze an seinem Bett und hoffe, dass er noch einmal die Augen aufmacht, um mir etwas zu sagen.“
„Ich verstehe. Was ist mit dem Mordfall, um den Sie sich kümmern? Glauben Sie, dass er die Exekution der Frau vom Gefängnis aus angeordnet hat?“
„Zuerst schon. Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher. Ich bin mir allerdings ganz sicher, dass die Schlägerei beim Frühstück angezettelt wurde, um von dem Anschlag auf Bordon abzulenken. Außerdem habe ich eine Zeichnung von Ashley gefunden, die sie von dem Unfall angefertigt hat, dem Stuart Fresia zum Opfer gefallen ist. Auf dem Bild steht eine Gestalt neben dem Highway. Sie trägt einen schwarzen Umhang und sieht auch sonst ziemlich finster aus. Genau so sind die Mitglieder von Bordons Sekte herumgelaufen. Ich habe auch herausbekommen, dass ein ehemaliger Angehöriger der Gemeinschaft, der bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sein soll, das Unglück möglicherweise überlebt hat. Vielleicht deute ich ja zu viel in die Angelegenheit hinein, aber da gibt es einen Reporter, der im Krankenhaus herumhing, seitdem Stuart eingeliefert worden war. Nach Auskunft von Carnegie – das ist mein Kollege, der in diesem Fall ermittelt – ist er nicht der, als der er sich ausgibt. Seitdem frage ich mich, ob er vielleicht dieses Sektenmitglied ist. Jedenfalls mache ich mir ein wenig Sorgen um Ashley.“
„Ich glaube, sie schläft schon. Morgen früh werde ich mit ihr darüber reden. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich ihr erzähle, was Sie mir gesagt haben?“
„Überhaupt nicht.“
„Ich passe schon auf sie auf.“
Jake wartete einen Moment, weil er glaubte, dass Nick noch mehr sagen wollte. Als er jedoch schwieg, ergriff er schließlich selbst das Wort.
„Ich komme so bald wie möglich nach Miami zurück. Ich gebe Ihnen Carnegies Durchwahl für den Fall, dass etwas passiert. Wie Sie Marty erreichen können, wissen Sie ja, und falls er nicht da ist … nenne ich Ihnen noch ein paar andere Namen.“
„Warten Sie, ich brauche einen Bleistift.“
Nick schrieb die Namen und Telefonnummern auf, die Jake ihm diktierte, und dann verabschiedeten sie sich.
Jake hastete zurück ins Krankenzimmer. Der Wachmann hatte sich nicht vom Fußende des Bettes fortbewegt. Jake nickte ihm kurz zu und ließ sich erschöpft in den Sessel sinken. Einen Moment später kam der Arzt herein. Prüfend betrachtete er seinen Patienten, zog ein Augenlid hoch, fühlte seinen Puls.
„Wie gehts ihm?“
„Das sehen Sie doch“, meinte der Doktor achselzuckend. „Ich glaube nicht, dass er die nächsten zehn Stunden überleben
Weitere Kostenlose Bücher