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Am Anfang war der Tod

Am Anfang war der Tod

Titel: Am Anfang war der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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wirst ihn trotzdem lesen müssen. Da gibt es nämlich einige Bemerkungen vom Gefängnispsychologen, die dir gefallen dürften. ‚Mr. Bordon bedauert zutiefst seine Auffassung, derzufolge er der Gesellschaft mit seinem Verhalten Schaden zugefügt hat. Er macht den Eindruck eines Mannes, der entschlossen ist, für seine Schulden geradezustehen. Ganz gewiss ist er keine Gefahr für die menschliche Gemeinschaft. Er ist tief religiös, hat vielen Menschen in Notsituationen beigestanden und wird von seinen Mitgefangenen geschätzt.‘“
    Jake starrte Marty wortlos an. Er spürte, wie sich seine Nackenmuskeln versteiften, als würde er erwürgt werden. Seufzend nahm er den Schnellhefter zur Hand.
    „Er begeht die Morde sicher nicht selbst, Jake.“
    „Das wissen wir bereits.“
    „Er war im Gefängnis, als unsere neueste Miss Unbekannt getötet wurde. Nach dem, was Gannet uns erzählt hat, ist sie vor zwei bis vier Monaten gestorben.“
    „Ich habe mit den Gerichtsmedizinern gesprochen. Ich war bei der Autopsie dabei. Miss Unbekannt …“, murmelte Jake irritiert. Er warf Marty einen bedrückten Blick zu. „Sie nennen sie Aschenbrödel. Diese Jungs haben schon eine Menge Scheußlichkeiten gesehen, aber sie scheint ihnen allen unter die Haut gegangen zu sein.“
    „Wie ich schon sagte – Bordon saß die ganze Zeit hinter Gittern.“
    Jake holte tief Luft. „Und wie ich schon sagte, Marty, glaube ich dir, dass Bordon noch im Gefängnis sitzt. Der Punkt ist nur – das hat überhaupt nichts zu bedeuten. Wo er sich vor fünf Jahren aufgehalten hat, spielt überhaupt keine Rolle. Vor fünf Jahren ebensowenig wie heute. Wir haben eine weitere Tote. Und auf irgendeine Weise hat dieser Dreckskerl seine Hände mit im Spiel.“
    „Das wissen wir nicht mit Bestimmtheit, Jake.“
    „Instinkt.“
    „Mit Instinkt können wir dem Staatsanwalt nicht kommen.“
    „Verdammt noch mal, Marty, das weiß ich auch.“
    Marty setzte sich hinter seinen Schreibtisch, der Jakes gegenüberstand. „Noch eine tote Frau mit abgeschnittenen Ohren. Aschenbrödel. Oh Mann, diese Fälle gehen einem vielleicht an die Nieren. Schon komisch, findest du nicht? Wir wissen noch nicht einmal, wer sie ist, und schon kriegt sie einen Spitznamen verpasst. Das macht die Sache irgendwie persönlicher, und das ist dann umso schlimmer.“
    Das stimmte. Je mehr man über das Leben eines Mordopfers erfuhr, umso schrecklicher empfand man die Untersuchung. Während der Autopsie hatte Jake Gannet mit wachsendem Respekt beobachtet. Die Leiche war bereits ziemlich verwest, aber es gab immer noch ein paar Kleinigkeiten, die aus der Toten ein Individuum machten. Die winzige Tätowierung, die noch an ihrem Fußknöchel zu erkennen war. Das Muttermal auf den Überresten ihrer Schulter. Sogar die Farbe des Haares, von dem eine Locke über den Rand des Autopsietisches hing … es sah so aus, als gehörte sie einem Mädchen, das gerade auf seinem Kissen eingeschlafen war. Schlagartig wurde Jake sich wieder der Umgebung bewusst. Die niedrige Temperatur im Seziersaal. Der Geruch, der immer in der Leichenhalle zu hängen schien – in Wirklichkeit oder nur in der Einbildung. Der Körper in seiner ungeschützten Nacktheit … auf so traurige Weise zerfallen. Erst verstümmelt und anschließend von Tieren angenagt. Den Zeitpunkt des Todes hatte Gannet anhand der Schlupfzeit der Fliegen und der Entwicklung der Larven im Körper ermittelt. Als Jake vor fünf Jahren das letzte Opfer auf dem Autopsietisch gesehen hatte, war es ihm vorgekommen, als habe man die Ermordete ihrer Menschlichkeit beraubt. Sie hatte ausgesehen wie ein Geschöpf, das für einen Horrorfilm geschaffen worden war. Aber Gannet war ein ausgezeichneter Leichenbeschauer. Er hatte sein Möglichstes getan. Hingebungsvoll kümmerte er sich um das, was von ihr übrig geblieben war, damit jene gefasst werden konnten, die ihr junges Leben so grausam zerstört hatten.
    Miss Unbekannt/Aschenbrödel. Mitte zwanzig. Das ganze Leben hatte sie noch vor sich gehabt.
    Was hatte zu ihrem grausamen Tod in South Florida geführt?
    Alles war denkbar. Vielleicht hatte ihr Freund ihr die tödlichen Schläge aus Leidenschaft versetzt und dann erkannt, was er getan hatte. Vielleicht wusste er, dass die Polizei bei weitem nicht so dämlich war, wie sie in Romanen oft dargestellt wurde, und ihm auf die Spur kommen würde. Vielleicht hatte der Kerl sogar über die Morde im Zusammenhang mit Peter Bordons Sekte

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