Am Anfang war der Tod
einzuschärfen, dass Sie die Grundlagen Ihrer Tätigkeit niemals außer Acht lassen dürfen. Vielleicht haben Sie ja gar nicht vor, zur Sitte zu gehen, und denken nicht im Traum daran, im Morddezernat zu arbeiten. Trotzdem müssen Sie sich immer im Klaren darüber sein, dass Sie manchmal der erste Polizist am Tatort sind. Wie Sie sich dort in den ersten Sekunden verhalten, kann entscheidend dafür sein, ob ein Verbrechen aufgeklärt werden kann oder der Fall für immer ungelöst bleibt. Was immer Sie in Zukunft noch lernen und welche Erfahrungen Sie machen werden, denken Sie stets daran: Auch noch so sorgfältig gesammelte und stichhaltige Informationen können vor Gericht in sich zusammenfallen, wenn Sie die grundsätzlichen Verhaltensregeln vernachlässigt oder nicht beachtet haben. Gut, Ladies und Gentlemen, das wärs fürs Erste. Mittagspause! Heute Nachmittag hören Sie die Vorträge eines Serologen und eines Spezialisten für Blutspuren am Tatort. Jetzt wünsche ich Ihnen guten Appetit bei Ihren Hot Dogs oder arroz con pollo, und vergessen Sie darüber nicht, was ich Ihnen gesagt habe.“
Die Polizeianwärter und -anwärterinnen verließen das Klassenzimmer. „Hey, Montague, nimmst du Hot Dog oder arroz con pollo?“ rief Jacoby zu ihr hinüber. „Unsinn, das gibts ja gar nicht in der Imbissbude. Also, Hot Dog oder ein Sandwich mit undefinierbarer Fleischeinlage?“
„Ich würde Hot Dog nehmen“, antwortete Ashley. „Aber erst muss ich noch ein paar Anrufe machen.“
„Soll ich dir einen bestellen? Wir setzen uns draußen hin und halten dir einen Platz am Tisch frei. Auch eine Cola?“
„Gerne. Das nächste Mal gebe ich dir was aus.“
„Du kannst mich ja mal sonntags auf ein Bier zu deinem Onkel einladen.“
„Abgemacht.“
Jacoby verschwand, um ihr Mittagessen zu besorgen, während Ashley ihr Handy hervorkramte und die Nachrichten durchsah.
Nick hatte Wort gehalten und im Krankenhaus angerufen. Stuart lag noch immer auf der Intensivstation. Nur Familienangehörige durften ihn besuchen.
Sein Zustand war weiterhin kritisch. Am Ende seiner Mitteilung entschuldigte Nick sich dafür, dass er nicht mehr herausgefunden hatte.
Wenigstens war Stuart noch am Leben, und man konnte hoffen.
Trotzdem fühlte sie sich nicht besser. Es war so ungerecht. Natürlich, die Menschen änderten sich; es war eine grausame Welt, und Drogen nahmen überhand. Aber Stuart? Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass er durchkommen und aus dem Koma erwachen möge, damit er erzählen konnte, was passiert war. Hoffentlich schaffte er es.
Und wenn nicht?
„Nun?“ fragte Jake.
Marty hatte gerade den Hörer aufgelegt. Nach der Besprechung hatten sie erst einmal stundenlang herumtelefoniert.
Marty wiegte den Kopf hin und her. „Es bringt nichts, John Mast hinterherzujagen.“ Mast war Bordons ehemaliger Bürovorsteher.
„Wirklich nicht? Vor sechs Monaten ist er aus dem Gefängnis in den offenen Strafvollzug entlassen worden. Er hatte einen Job in Delray.“
Marty sah ihn überrascht an. „Woher weißt du das? Entschuldigung, blöde Frage. Schließlich hast du dich ja regelrecht in die Sache verbissen.“
„Ja, ich habe gewusst, wo er war. Wenigstens wollte ich darüber informiert sein, wo die Leute abgeblieben waren. Deshalb solltest du dich ja um ihn kümmern.“
„Na ja, auf jeden Fall wird er uns nichts mehr erzählen können.“
„Warum nicht?“
„Zwei Monate, nachdem er entlassen wurde, ist er bei einem Flugzeugabsturz nördlich von Haiti ums Leben gekommen.“
Mist. Jake ärgerte sich über sich selbst. So sehr er sich auch bemüht hatte, Mast nicht aus den Augen zu verlieren – von diesem Unglück hatte er nichts mitbekommen.
„Wir müssen unbedingt herausbekommen, wer das jüngste Opfer war.“
„Sie fangen jetzt damit an, das Gesicht zu rekonstruieren. So können wir ihr Bild ja nicht an die Öffentlichkeit geben. Ein talentierter Zeichner kann uns da vielleicht weiterhelfen.“
„Ich werde mal mit den Reportern sprechen“, sagte Jake, während er zum Telefonhörer griff. „Ich werde sie um Hilfe bitten. Wir werden das Foto ihres rekonstruierten Gesichts in die Zeitung setzen, so groß wie möglich, und wir werden uns auch an die Fernsehstationen wenden. Irgendjemand muss sie doch hier in der Gegend gesehen haben.“
Noch während er wählte, läutete es auf einer anderen Leitung. Marty nahm das Gespräch in Empfang, dann legte er rasch die Hand auf die Muschel und sagte: „Ich
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