Am Anfang war der Tod
er hier um die Ecke“, sagte Ashley und zog eine Grimasse.
„Er stand seit einem Jahr auf der Liste für einen Liegeplatz“, erklärte Nick. „Die Leute lieben diesen Hafen. Anlegestellen sind schwer zu bekommen. Und es ist gut, wenn viele Polizisten in der Nachbarschaft sind. So haben wir weniger Probleme.“
„Natürlich. Und bald hast du sogar selbst einen Cop im Haus.“
„Jedenfalls ist es nicht schlecht, wenn man einen wie ihn aus dem Revier kennt“, beharrte Nick.
„Gott sei Dank ist es ein großes Revier“, murmelte Ashley und ließ sich den Rotbarsch schmecken. „Nick, wenn du mich wirklich entbehren kannst, verschwinde ich gleich. Ich will auch nicht zu lange im Krankenhaus bleiben; schließlich muss ich morgen um sieben wieder aufstehen. Curtis, pass auf dich auf. Bis bald.“ Ashley rutschte vom Barhocker.
Curtis legte die Hand auf ihren Arm. „Ashley, wenn du wirklich der Meinung bist, dass es bei dem Unfall deines Freundes nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, solltest du mit Jake sprechen.“
„Er ist im Morddezernat. Und mein Freund ist nicht tot. Noch nicht“, fügte sie leise hinzu.
„Aber er kennt sich aus“, beharrte Curtis. „Und er ist ein angesehener Mann im Revier. Du gehst noch auf die Akademie. Wenn du jemanden anrufst, können sie dich abwimmeln. Wenn Dilessio jemanden anruft, erfährt er sofort, was er wissen will.“
Ashley zögerte kurz. Dilessio war ein arroganter Kerl, und offensichtlich konnte er sie nicht leiden. Aber schließlich ging es nicht um sie. Sondern um Stuart.
„Vielleicht hast du Recht“, sagte sie schließlich. „Na gut, dann drück mir die Daumen, wenn ich den Menschenfresser frage.“
Curtis nickte ihr aufmunternd zu.
Sie ergriff die Kaffeekanne und ging hinaus. Jake Dilessio war noch immer in seine Akten vertieft. Er schaute nicht auf, als sie Kaffee in seine Tasse goss, sondern murmelte nur: „Danke.“
Sie blieb ein paar Sekunden lang neben ihm stehen. Dann setzte sie sich ihm gegenüber, so dass er gezwungen war, den Kopf zu heben.
„Ich habe gehört, dass Sie im Morddezernat arbeiten.“
„Ja.“ Er konzentrierte sich wieder auf seine Lektüre.
Sie räusperte sich. Nach ein paar Sekunden sah er sie wieder an. Sie versuchte es noch einmal.
„Es hat einen Unfall gegeben am Freitagmorgen. Kurz nachdem es passiert ist, bin ich an der Unfallstelle vorbeigekommen. Ein Fußgänger ist auf dem Highway 95 angefahren worden; ich habe ihn auf der Fahrbahn liegen sehen. Merkwürdigerweise trug er nur eine Unterhose. Heute Morgen habe ich in der Zeitung gelesen, was passiert ist. Das Opfer ist ein alter Freund von mir. In dem Artikel stand, dass er auf Heroin war. Ich kenne Stuart zu gut, um zu glauben, dass er Drogen nahm. Er ist schon in Ohnmacht gefallen, wenn er nur eine Spritze gesehen hat.“
Endlich hatte sie sein Interesse geweckt. Er musterte sie halb nachdenklich und halb neugierig.
„Ich arbeite im Morddezernat. Ihr Freund ist das Opfer eines Verkehrsunfalls geworden. So wie es aussieht, hat er ihn sogar verursacht. Ich habe etwas darüber gehört. Die Jungs, die sich mit dem Fall beschäftigen, sind gut, das weiß ich. Und nur weil Ihr Freund mal Angst vor Spritzen hatte, heißt das noch lange nicht, dass er später nicht doch rauschgiftsüchtig geworden ist.“
„Ich bin mir sicher, dass irgendetwas an der Sache faul ist“, beharrte sie.
„Sie glauben, dass Sie sich sicher sind – weil sie mit diesem Mann befreundet waren.“ Er sagte es nicht grob, sondern ganz sachlich.
Sie schüttelte den Kopf. „Wo ist er hergekommen? Er kann doch nicht aus heiterem Himmel auf den Highway gefallen sein – und dann noch in der Unterhose!“
„Ich bin schon lange im Morddezernat und noch länger bei der Polizei. In einem meiner ersten Fälle hatte ich es mit einem Paar zu tun, das mit Kokain und Heroin voll gedröhnt war. Sie glaubten, sie hätten ihr Kind zu Bett gebracht. Stattdessen haben sie das Baby in die Mikrowelle gelegt und gebraten. Das Bild von dem Baby in der Mikrowelle – oder besser, was von ihm übrig geblieben ist – werde ich mein Leben lang nicht vergessen, egal, was ich noch alles zu sehen bekomme. Selbst wenn das die ersten Erfahrungen Ihres Freundes mit Drogen waren, kann das schon zur Abhängigkeit und zu den merkwürdigsten Verhaltensweisen führen.“
Egal, wen sie ansprach – die Reaktionen waren immer die gleichen. Am meisten ärgerte sie sich darüber, dass sich jeder so schnell seine Meinung
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