Am Anfang war der Tod
bildete.
„Warum glauben nur alle, dass es so gewesen sein muss? Ich kenne Stuart. Ich weiß, dass er nichts mit Drogen zu tun hat. Irgendwas ist faul an der Sache, auch wenn es auf den ersten Blick ganz eindeutig zu sein scheint. Ich habe gehört, dass Sie als Detective ein hohes Ansehen genießen. Deshalb habe ich gehofft, dass Sie an der Wahrheit interessiert sind.“
Seine Finger umklammerten die Papiere, die er in der Hand hielt, ein wenig fester. Es war seine einzige Reaktion. „Sie sind auf der Polizeiakademie. Sie wissen, wie groß das Land ist und was sich jeden Tag abspielt. Ich bin im Morddezernat. Und ich habe meinen Teller noch nicht leer gegessen. Es tut mir Leid, aber selbst wenn ich Ihnen helfen wollte, wüsste ich nicht, was ich für Sie tun könnte. Die Kollegen kümmern sich bereits um den Fall. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen – ich habe auch viel um die Ohren. Ich muss mich nämlich um einen wirklichen Mord kümmern – und zwar einen ziemlich brutalen.“
Jetzt hatte sie schon wieder eine Abfuhr bekommen. „Natürlich. Ich habe auch gehört, wie wichtig Sie sind. Vielen Dank, dass Sie mir ein wenig von Ihrer kostbaren Zeit geopfert haben.“
So viel zur Unterstützung durch den großen und angesehenen Jake Dilessio, dachte sie abfällig.
Ein paar Minuten später machte sie sich auf den Weg ins Krankenhaus.
Stuart lag im Kreiskrankenhaus, wo es in der Notaufnahme ziemlich hektisch zugehen konnte und man manchmal stundenlang warten musste, ehe man behandelt wurde. Dafür war die medizinische Versorgung erstklassig.
Der Pförtner beschrieb ihr den Weg zum Warteraum der Notaufnahme.
Hier saßen bereits einige Leute. Ein Mann, etwa in ihrem Alter, las eine Zeitung; ein hispano-amerikanisches Paar hielt sich bei den Händen und flüsterte miteinander; eine hübsche Schwarze um die Dreißig mit einem Baby im Arm ging auf und ab. Eine andere junge Frau hielt den Blick starr auf den Fernsehapparat gerichtet, und ein Mann, ebenfalls in den Dreißigern, schrieb auf seinem Laptop. Stuarts Eltern, ein sympathisches Paar Mitte fünfzig, saßen nebeneinander und blickten ins Leere. Sie sahen aus wie Kinder, die sich verlaufen hatten. Lucy Fresia war immer eine der attraktivsten Mütter in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis gewesen, aber jetzt sah sie verhärmt aus und wirkte um Jahre gealtert. Nathan Fresia schien noch größer zu sein als die einsneunzig, die er tatsächlich maß. Das lag daran, dass er ziemlich schlank war. Seine Miene war ebenso bekümmert wie die seiner Frau. Ashley hatte den Eindruck, als habe sie die beiden mehr als dreißig Jahre nicht gesehen; dabei waren erst zwei oder drei seit ihrem letzten Zusammentreffen vergangen.
„Mr. und Mrs. Fresia?“ fragte sie leise. Lucys Kopf fuhr hoch, als ob sie befürchtete, von einem Arzt angesprochen zu werden, der schlechte Nachrichten für sie hatte. Ausdruckslos sah sie Ashley ein paar Sekunden lang an. Dann erkannte sie die Besucherin und sprang auf.
„Ashley Montague“, sagte sie mit einem flüchtigen Lächeln. Unvermittelt brach sie in Tränen aus und breitete die Arme aus. „Ach, Ashley!“
Ashley trat zu ihr und umarmte die zierliche Frau, die von Schluchzern geschüttelt wurde. Dann löste sie sich von ihr und wischte sich über die Augen. „Nathan, schau nur, wer hier ist. Ashley.“
„Schön, dich zu sehen, mein Mädchen.“ Nathan umarmte sie ebenfalls. Obwohl er nicht weinte wie seine Frau, waren seine Wagen feucht.
„Stuart ist … da drin, nicht wahr?“
„Ja“, erwiderte Lucy und warf ihrem Mann einen raschen Blick zu. „Die Ärzte können es kaum glauben. Sie sagen, dass er einen ungeheuren Lebenswillen haben muss. Im Moment sind die Krankenschwestern bei ihm; deshalb warten wir hier draußen. Wir lassen ihn nämlich nicht eine Minute allein. Sie haben uns gesagt, dass wir mit ihm reden sollen, und das tun wir selbstverständlich. Ich habe ihm sogar seine alte Ausgabe von Grüne Eier und Schinken mitgebracht und lese ihm daraus vor. Als er klein war, hat er das Buch geliebt. Er hat immer gesagt, dass er es eines Tages auch seinen eigenen Kindern vorlesen würde.“ Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen.
„Das wird er sicherlich auch können“, sagte Ashley mitfühlend.
„Ashley, du weißt, dass Stuart im Koma liegt, nicht wahr?“ fragte Nathan besorgt. „Nur seine Mutter und ich dürfen zu ihm.“
„Wir könnten doch sagen, dass Ashley zur Familie gehört“, meinte
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