Am Anfang war der Tod
Lucy.
„Machen Sie sich nur keine Umstände. Wenn es ihm etwas besser geht, werde ich ihn bestimmt besuchen können“, sagte Ashley.
„Du bist extra wegen ihm hergekommen“, wandte Lucy ein.
„So weit ist es gar nicht, und eigentlich wollte ich auch Sie beide treffen. Mein Onkel hat heute für mich im Krankenhaus angerufen, und daher wusste ich schon, dass ich nicht zu ihm darf.“
Lucy wischte sich über die Wangen und lächelte sie an. „Du bist wegen uns gekommen? Das ist wirklich lieb von dir.“
Ashley erwiderte ihr Lächeln. „Haben Sie vergessen, wie oft Sie mich zum Dinner eingeladen haben und wie oft sie mir etwas zu essen gemacht haben, wenn ich bei Ihnen war?“
„Trotzdem finde ich es ganz reizend. Es ist schon schrecklich genug, wie er da liegt mit seinen Verletzungen, ohne sich zu bewegen“, klagte Lucy. „Aber noch schlimmer ist es, was sie über ihn sagen. Es ist geradezu entsetzlich. Das kann unmöglich wahr sein. Wenn du wüsstest, wie die Leute uns ansehen. Als ob wir als Eltern versagt hätten und vollkommen ahnungslos wären. Sie scheinen uns für dumm zu halten. Dabei stimmt das überhaupt nicht. Es …“
„Lucy, bitte“, ermahnte Nathan sie leise.
Lucy errötete, als sie merkte, wie laut sie geworden war. Dann wandte sie sich wieder zu Ashley. Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. „Sie sagen, er habe Drogen genommen. Sie haben Heroin in seinem Blut gefunden. Und jetzt liegt er da … wie tot. Wenn er … wenn er wieder zu sich kommt, können sie ihn sogar wegen des Unfalls verklagen. Ashley, wir sind keine ahnungslosen Eltern. Wir wissen Bescheid über Drogen. Mein Gott, schließlich sind wir groß geworden in einer Zeit, in der man ebenso leicht an Rauschgift wie an Cola kommen konnte. Stuart war bestimmt kein Engel und kein unschuldiges Kind, aber er ist unser Kind, und wir kennen ihn. Doch egal, was ich den Polizisten erzähle oder auch hier den Leuten im Krankenhaus – sie sehen mich nur verständnislos an. Ihre Blicke werden mitleidig, sie drucksen herum, und ich weiß, was sie denken. ‚Die arme Frau. Sie glaubt, ihr Kind zu kennen, aber sie hat keine Ahnung.‘ Natürlich habe ich nicht alles von Stuart gewusst, und er hat mir auch nicht alles erzählt, aber wir haben immer miteinander gesprochen. Und er hat keine Drogen genommen.“
„Ich glaube Ihnen“, sagte Ashley.
Lucy ergriff ihre Hände und drückte sie so fest, dass Ashley vor Schmerz zusammenzuckte.
„Wirklich?“
„Ganz bestimmt. Stuart war einer meiner besten Freunde. Jahrelang.“
Unvermittelt sagte Nathan: „Ich habe gehört, Ashley, dass du jetzt bei der Polizei bist?“
„Ich gehe auf die Polizeiakademie“, korrigierte sie ihn. „Ich bin noch nicht vereidigt.“
„Aber trotzdem …“
Beide sahen sie hoffnungsvoll an.
„Bitte … erwarten Sie nicht zu viel von mir“, sagte sie. „Ich habe heute meinen Lehrer gefragt, ob ich mit dem Detective, der in dem Fall ermittelt, sprechen kann. Ich meine, ich weiß nicht, ob es etwas nützt, aber zumindest könnte ich ihm sagen, dass ich Stuart sehr gut gekannt habe und dass er niemals freiwillig Drogen genommen hätte.“
Eine Krankenschwester erschien in der Tür. „Mrs. Fresia, wenn Sie möchten, können Sie jetzt wieder zu Ihrem Sohn.“
„Vielen Dank.“ Lucy warf Ashley ein reumütiges Lächeln zu. „Entschuldige mich bitte. Ich denke, es ist wirklich wichtig, dass immer einer von uns bei ihm ist. Es wäre schön, wenn du noch mal kommen könntest. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viel es uns bedeutet.“
„Natürlich komme ich noch mal.“
„Wir werden sagen, du bist seine Cousine“, schlug Nathan vor. „Vielleicht erkennt er deine Stimme. Seine Mutter und ich … wir werden nicht aufgeben.“
„Die Polizisten sind auch immer gekommen, um mit uns zu reden und sich nach Stuart zu erkundigen“, fügte Lucy hinzu. „Es ist nicht so, dass einer von den Officers rücksichtslos gewesen wäre. Sie können sich einfach nur nicht vorstellen, dass Stuart keine Drogen genommen hat. Entschuldige bitte, aber ich muss jetzt wirklich wieder zu meinem Sohn zurück.“
„Natürlich.“ Ashley umarmte sie und küsste sie auf die Wange. Lucy folgte der Krankenschwester. Zögernd nahm Ashley neben Nathan Platz. „Nathan, was war los mit Stuart? Es tut mir so Leid, dass ich so lange nichts von mir habe hören lassen.“
Ein paar Sekunden lang schaute er auf seine gefalteten Hände. Dann sah er sich im Wartezimmer um.
„Hast du
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