Am Anfang war der Tod
Stuart kam darin vor; er sprach zu ihr und lief in seinem weißen Slip herum, als wäre es ganz normal. Fast so, als wäre es eine Art Berufskleidung.
Stuarts Bild verschwamm …
Jetzt bewegte sich Dilessio durch ihren Traum. Er trug noch nicht einmal eine Unterhose. Sie versuchte, sich auf seine Augen zu konzentrieren, anstatt den Blick nach unten wandern zu lassen, und tat so, als sei nichts Besonderes dabei, dass er nackt war. Sie war auf seinem Hausboot und erzählte ihm, was heutzutage so alles im Kabelfernsehen gesendet wurde.
Plötzlich wurde sie wach. Sie war schweißgebadet, und gleichzeitig zitterte sie vor Kälte. Die Traumbilder verschwanden, und sie setzte sich im Bett auf. Was hatte sie wohl aufgeweckt?
Es war schon spät. Aus der Bar drang kein Geräusch. Über den Bildschirm flimmerte eine weitere Episode von ‚I Love Lucy‘.
Sie stieg aus dem Bett, dehnte die Glieder und fragte sich, warum sie wach geworden war. Sie trat an eines der Fenster, die die Tür nach draußen flankierten, und schaute hinaus. Die Pier war menschenleer, und die Boote schaukelten sacht auf dem Wasser.
Noch immer hatte sie ein unbehagliches Gefühl, als sie barfuß zu der Tür ging, die zu den anderen Zimmern des Hauses führte. Sie öffnete sie und lauschte. Nichts war zu hören.
Die Bar war geschlossen. Nick lag vermutlich schon im Bett.
Plötzlich vernahm sie doch etwas. Ein leises Geräusch. Etwas bewegte sich im Haus … irgendwo.
Sie ging ins Wohnzimmer. Nick ließ nachts immer eine Lampe brennen, und das Licht der schwachen Birne zeichnete unheimliche Schatten auf die Wände.
Der ausgestopfte Fisch schien sie anzustarren. Sein Blick wirkte bösartig – so als sei er zornig darüber, nicht mehr in seinem Element zu sein.
Noch nie zuvor war ihr der Fisch so bedrohlich vorgekommen.
Da war es wieder. Das Geräusch.
Es kam aus der Restaurantküche. Rasch lief sie durchs Haus und verbarg sich hinter dem Tresen. Wieder lauschte sie angestrengt. Vielleicht war es Nick. Oder Sharon. Aber warum sollten sie heimlich durch ihr eigenes Haus laufen?
Vorsichtig schlich sie ans Ende der Bar, von wo aus sie den ganzen Raum überblicken konnte.
Zu spät bemerkte sie, dass jemand, der genauso leise war wie sie, hinter sie getreten war. Fast hätte sie laut aufgeschrien, als kräftige Arme ihre Taille umschlangen.
„Wer zum Teufel sind Sie, und was tun Sie hier?“
Sie versuchte, sich umzudrehen, verlor das Gleichgewicht und fiel hin. Die Gestalt stürzte sich auf sie und begrub sie unter sich. Das weite T-Shirt, in dem sie geschlafen hatte, rutschte hoch und entblößte ihren Bauch.
Ehe sie sich zur Wehr setzen konnte, wurde es plötzlich taghell in der Küche.
„Was geht hier eigentlich vor …?“
Es war Nicks Stimme. Und sie blickte in die angespannte Miene ihres neuen Nachbarn und Hauptdarstellers ihres Traums von vorhin: Detective Jake Dilessio.
Zu ihrer Genugtuung wirkte er ebenso peinlich berührt, wie sie sich fühlte. Einen Moment lang blieben sie bewegungslos auf dem Boden liegen – fast wie in einer Umarmung.
Dann rappelte er sich hastig auf und bot ihr seine Hand an.
Er war zwar nicht nackt, aber viel hätte nicht daran gefehlt. Er trug nur kurze Hosen. Und der Körperkontakt, den sie ein paar Sekunden lang gehabt hatten, wirkte bei ihr immer noch nach. Nicht nur ihr Gesicht brannte. Sie hatte das Gefühl, dass ihr ganzer Körper in Flammen stand. Auch er war rot geworden. Das konnte sie trotz seiner tiefen Bräune erkennen.
„Ich dachte, jemand schleicht durchs Haus“, erklärte er.
„Ich auch“, murmelte sie, ohne den Blick von ihm zu wenden.
„Und keiner von euch hat daran gedacht, einfach mal zu rufen, was?“ schaltete Nick sich ein.
„Na ja, wenn wirklich jemand durchs Haus schleicht …“, begann Ashley.
„Was Sie ja auch getan haben“, sagte Jake grinsend.
„Ich wohne hier“, erinnerte sie ihn. „Und was tun Sie hier?“
„Er hat mich besucht“, antwortete Nick für ihn.
„Er war in der Küche. Wo warst du?“ fragte Ashley.
„Er hat gesagt, ich soll mir etwas zu trinken machen“, klärte Jake sie auf. „Ich wollte mir gerade ein Glas Eistee holen.“
„Polizisten“, seufzte Nick. „Aus allem machen sie einen Fall.“ Er schüttelte den Kopf, als hätte er es mit Wesen von einem anderen Stern zu tun. „Setzen wir den Wasserkessel auf. Heißer Tee ist jetzt vielleicht passender. Und koffeinfreier Kaffee für mich. Ich möchte heute Nacht schließlich noch ein
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