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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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College hat es eine Explosion gegeben.»
    «Was für eine Explosion? Wann? So rede doch, Miriam!»
    «Eine Bombe. Sie sind sicher, dass es eine Bombe war.»
    Sie wischte sich die Augen mit dem Taschentuch. «Ich hab den Fernsehapparat angehabt, und da haben sie die Sendung unterbrochen und es gemeldet. Erst vor einer Viertelstunde. Es gäbe offenbar keine Verletzten, haben sie gesagt, aber wo du nicht zu Hause warst …»
    Er legte die Arme um sie und beruhigte sie.
    «Du bist immer gegen drei Uhr zu Hause», flüsterte sie gegen seine Brust. «Und es war schon halb vier. Ich hab mir zwar gesagt, dass du die Zeit vergisst, wenn du mit was beschäftigt bist …»
    «Das war’s auch», gab er verlegen zu. «Ich hab beim Kaffeetrinken angefangen zu lesen und auf nichts mehr geachtet.»
    «Ja, natürlich. Es macht ja auch nichts. Nichts macht was, wenn du nur gesund bist.»
    «Ich bin heil und gesund, Miriam. Es tut mir nur Leid, dass du dir Sorgen gemacht hast. Aber ich versteh es immer noch nicht. Ein Bombenanschlag? Und mehr haben sie nicht gesagt?»
    «Nein, nur das. Es war eine kurze Meldung. Aber vielleicht kannst du jemand anrufen. Lanigan? Muss der das nicht wissen?»
    «Nein, das geht die Polizei in Boston an.» Natürlich war er sehr beunruhigt, wollte es ihr aber nicht zeigen, um sie nicht noch mehr aufzuregen. «Sie werden sicher in den Abendnachrichten Einzelheiten bringen. Aber nun beginnt der Sabbat.»
    Während sie alles vorbereitete, duschte er, zog sich um und spielte eine Weile mit seinen Kindern Jonathan und Hepzibah. Er wollte Miriam nicht allein lassen und beschloss daher, nicht zum Vorabendgebet, dem mincha , in die Synagoge zu gehen. Sehr bald war es dann auch schon Zeit für die Abendnachrichten.
    Sie saßen zusammen auf dem Sofa, sein Arm lag um ihre Schultern. «Zuerst die wichtigste Meldung», sagte der Sprecher. «Heute Nachmittag um 15 Uhr 05 explodierte im Verwaltungsgebäude des Windemere Christian College in Boston-Fenway eine Bombe. Die Beamten vom 15. Polizeirevier trafen innerhalb von Minuten am Unfallort ein, gefolgt von der Feuerwehr der Wache Boylston Street. Die Explosion hatte sich im Büro des Dean ereignet. Laut Angaben von Inspector Frank Laplace von der Feuerwehr ist nur geringfügiger Sachschaden entstanden. Da am Freitagnachmittag um diese Zeit keine Vorlesungen mehr stattfinden, wurde angenommen, dass das Haus leer stünde. Dennoch ordnete Lieutenant Hawkins vom 15. Revier eine gründliche Durchsuchung an. In einem der verschlossenen Büros wurde die Leiche eines Mannes gefunden. Er wurde von Mr. Laferty, dem Hausverwalter, als Professor John Hendryx identifiziert. Wir bringen nun ein Interview mit Lieutenant Hawkins …»
    14
    Sie saß auf dem Bett und sah zu, wie er seine paar Habseligkeiten zusammensuchte und in die Segeltuchtasche stopfte. Sie hatten sich nicht gestritten; er hatte auch nicht wütend gewirkt. Aber er wurde ja eigentlich nie wütend; das schätzte sie so an ihm. Er hatte lediglich verkündet, er müsse fort und dann die Segeltuchtasche aus den Tiefen des Schranks herausgewühlt.
    Wenn es eine Regel gab, an die sie sich stillschweigend hielten, war es die, dass jeder kommen und gehen konnte, wie es ihm beliebte – und sollte einer aus irgendeinem Grund den Entschluss fassen, für immer zu gehen, durfte es keine Vorwürfe geben. Dennoch hatte sie das Gefühl, eine Erklärung stünde – nein, stünde ihr nicht zu, aber – ach, verdammt, sie stand ihr zu. Trotzdem bemühte sie sich, kein Beleidigtsein, sondern ganz normale Neugier zu zeigen. «Ist was passiert, Ekko?»
    «Die verdammte Schule fliegt in die Luft, und sie fragt, ob was passiert ist! In einem Augenblick ist es still wie in der Leichenhalle, dann Bums! Und es ist wie am 4. Juli mit Bullen und Löschzügen und sogar dem Kerl mit dem Popcorn-Wagen.»
    «Ach, das! Ich meinte, zwischen uns. Bist du sauer, weil ich bei dem Treffen ausfallend geworden bin?»
    «Nee! Die hat ja nur nach ’nem Grund gesucht. Wenn’s das nicht war, wär’s was anderes gewesen.»
    «Und warum gehst du dann weg?»
    Er stopfte wieder etwas in die Tasche. «Weil sie hinter uns her sein werden, Baby. Sie greifen sich die Hanbury, und die erzählt ihnen von dem Treffen, und dass sie fortgegangen ist und wir allein im Haus geblieben sind. Sie gibt ihnen unsere Namen, und die sammeln uns ein. Dann fangen sie an, Fragen zu stellen und kriegen spitz, dass ich in Nam war und auch noch bei der schweren Artillerie, und eh ich

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