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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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verdammt lange. Sie ist sicher schon zehn Minuten oder eine Viertelstunde fort.»
    «Ach, das ist bei Frauen ganz normal», erklärte Ekko.
    «Und du?», fragte Judy wütend. «Du blockierst das Klo oft eine Stunde lang.»
    Ekko grinste.
    Selzer fasste einen Entschluss. «Los, Judy, geh du runter zum Mädchenklo und sieh nach, ob sie dort ist. Yance, du gehst zu Macombers Büro, Mike und ich suchen die anderen Büros ab.»
    «Und was ist mit mir?», fragte Ekko.
    «Jemand muss hier bleiben, falls sie wieder aufkreuzt.»
    Als Ekko im Büro allein war, setzte er sich auf den Drehstuhl, wippte vor und zurück und legte endlich die Füße auf den Schreibtisch. Obwohl es ihm lieber gewesen wäre, wenn nicht gerade Judy die Besprechung gesprengt hätte, war er über ihr Ende nicht traurig. Selzer schien ganz vergessen gehabt zu haben, dass er die Fine-Sache nicht an die große Glocke hängen sollte. Die Dean-Dame war ein ausgekochtes Früchtchen. Wenn die Besprechung weitergegangen wäre – das glaubte er sicher –, hätte sie sie hingehalten und am Ende Fines Brief gezückt. Dann wäre die Sache im ganzen College bekannt geworden, und sein Freund Fine hätte es ausbaden müssen.
    Nach und nach kamen sie wieder zurück, Selzer als Letzter. «Ich war in jedem Zimmer vom obersten Stock bis in den Keller und auch noch in allen Telefonzellen. Sie ist fort.»
    Sie sahen sich an.
    «Was machen wir jetzt?»
    13
    Millicent Hanbury, äußerlich kühl und beherrscht, zog das Schnappschloss der Haupttür des Verwaltungsgebäudes zurück und ging hinaus. Draußen blickte sie zögernd zum Fenster ihres Büros hinauf, dann lief sie hastig über die einsame Straße zu ihrem Wagen.
     
    Zu Hause fuhr sie den Wagen in die Einfahrt und sah auf die Uhr. Erst jetzt merkte sie, wie schnell sie gefahren war; sie hatte die Strecke in fünfunddreißig Minuten geschafft; das war ihr bisheriger Rekord.
    Sie schloss die Haustür und lehnte sich einen Augenblick fest dagegen, als müsse sie sich selber klarmachen, dass sie in Sicherheit sei, in ihren eigenen vier Wänden. Aber es dauerte nur einen Moment. Dann ging sie zum Telefon.
    «Barnard’s Crossing, Polizeirevier, Sergeant Leffler», sagte eine Männerstimme.
    «Hier ist Millicent Hanbury, Sergeant, Oak Street 48.»
    «Ja, ich weiß Bescheid, Miss Hanbury.»
    «Ich bin eben nach Hause gekommen und habe das Wohnzimmerfenster offen vorgefunden. Ich habe es bestimmt heute Morgen zugemacht, ehe ich weggefahren bin.»
    «Ist was gestohlen worden, Miss Hanbury? Sieht es aus, als hätte jemand herumgewühlt?»
    «Nein. Mir ist nichts aufgefallen, aber ich habe auch noch nicht überall nachgesehen.»
    «Lassen Sie das lieber. Ich schicke Ihnen gleich jemand rüber. Warten Sie am Telefon oder noch besser vor dem Haus. Der Streifenwagen kommt jeden Augenblick.»
    Als der Streifenwagen kam, ging Officer Keenan Zimmer um Zimmer mit ihr ab, während sein Kollege im Wagen blieb. «Sieht wirklich alles richtig aus, Miss Hanbury? Fehlt nichts?»
    Er untersuchte das offene Fenster von innen und außen. «Spuren von einem Stemmeisen kann ich nicht finden», sagte er. «Auf dem Betonweg kann man sowieso keine Fußspuren feststellen. War das Fenster verriegelt, Miss Hanbury?»
    «Ganz sicher.»
    «Na ja, es ist nicht weiter schwer, ein Fenster mit so altmodischen Riegeln aufzubekommen. Dazu genügt ein harter Plastikstreifen oder ein dünnes Stahllineal. Sie sollten sich wirklich fürs Erdgeschoss neue, sicherere Riegel anbringen lassen, Miss Hanbury.»
    Vom Streifenwagen kam lautes, eindringliches Hupen. Keenan rannte hinaus, kehrte aber ebenso schnell zurück. «Hören Sie, Miss Hanbury, das Revier hat gerade die Nachricht bekommen, dass es in Ihrem College eine Explosion gegeben hat. Sie glauben, dass es eine Bombe war. Sie möchten umgehend nach Boston zurückkommen. Wir können Sie hinbringen, wenn Sie möchten.»
     
    «Oh, David! Ich wollte dich anrufen, wusste aber nicht, wie ich dich erreichen sollte. Ich hab mich so aufgeregt. Gott sei Dank, dass dir nichts passiert ist!» Miriam brach in Tränen aus und warf sich ihm in die Arme.
    «Was ist denn nur?» Er hielt sie auf Armeslänge von sich und sah sie an. «Fassung, Miriam. Ja, ich bin spät dran; ich hab unterwegs eine Tasse Kaffee getrunken.»
    «Dann weißt du es gar nicht? Du warst nicht da, als es passiert ist?»
    «Was weiß ich nicht?» Er wurde selber aufgeregt. «Als was passiert ist?»
    «Die Explosion! Im Verwaltungsgebäude von deinem

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