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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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dringend eine Tasse Kaffee.
    12
    «Was willst du mit der Aktentasche?», fragte Abner, als er Ekko vor dem Verwaltungsgebäude traf. «Was ist da drin?»
    «Nichts», sagte Ekko, «ich dachte nur, es macht sich besser. Schließlich gehen wir zu so was wie ’ner Konferenz.»
    Abner betrachtete ihn zweifelnd. «Wenn wir nicht bald da oben aufkreuzen, gibt es keine Konferenz. Komm schon.»
    Dean Hanbury stellte einige Stühle vor ihren Schreibtisch und schloss den Safe ab. Nachdem sie die Jalousie so gestellt hatte, dass die Sonne nicht blendete, setzte sie sich hinter den Schreibtisch und begann zu stricken. Sie erwartete die Ankunft der Delegation. Sie kamen pünktlich um halb drei herein. Erst Judy Ballantine und Abner Selzer, gefolgt von Ekko mit der Aktentasche, die er geheimnisvoll auf dem Schoß barg.
    Miss Hanbury lächelte wohlwollend und strickte weiter, während die Studenten Blicke austauschten und nicht wussten, wie sie anfangen sollten. Irgendwie hatten sie das Gefühl, in die Defensive gedrängt worden zu sein, noch ehe die Konferenz begonnen hatte.
    Ekko räusperte sich. «Also, hören Sie, Miss Hanbury –»
    «Lass mal», befahl Selzer schroff. Dann sagte er: «Wir sind wegen einer Angelegenheit hier, die wir für sehr wichtig erachten, Dean Hanbury.»
    Sie neigte den Kopf, Zustimmung anzeigend.
    «Aber wenn Sie dabei stricken, bringt uns das aus dem Konzept, wenn Sie verstehn, was ich meine. Es macht den Eindruck, als fänden Sie es nicht sehr wichtig.»
    «Oh, entschuldigen Sie, Mr. Selzer. Das ist eine Angewohnheit von mir. Ich muss gestehen, dass ich sogar bei den Fakultätskonferenzen stricke.»
    Sie packte das Strickzeug in den Plastikbeutel zu ihren Füßen. «Ist das besser? Was kann ich für Sie tun?»
    «Zuerst möchten wir gern über Professor Roger Fine sprechen», sagte Judy.
    «Sie sagen ‹ zuerst›, haben Sie noch andere Themen?»
    «Ja, es gibt andere Themen.» Das kam von Selzer.
    «Warum nennen Sie sie mir nicht? Vielleicht gibt es welche, über die wir weitgehendst einer Meinung sind und die sich sofort klären lassen.»
    «Wir würden lieber eines nach dem anderen vorbringen, Miss Hanbury», sagte Abner.
    Sie zuckte die Achseln.
    «Wir möchten die Sache mit Roger Fine zuerst besprechen.»
    «Bitte sehr. Aber lassen Sie mich vorweg fragen: In welcher Position sind Sie? Hat er Sie gebeten, ihn zu vertreten?»
    «Wir vertreten ihn.»
    «Ja, aber hat er Sie darum gebeten? Denn wenn Sie als seine offiziellen Vertreter auftreten, müssten Sie eine schriftliche Vollmacht von ihm besitzen.»
    «Wir haben keine schriftliche Vollmacht, Miss Hanbury», erklärte Selzer leichthin, «aber er weiß, dass wir uns für seinen Fall interessieren. Ich meine, dass das jeder weiß, weil wir ja seinetwegen Unterschriften für eine Eingabe gesammelt haben.»
    «Hat er das denn gutgeheißen? Und wie viele Unterschriften haben Sie bekommen, Mr. Selzer?»
    «Wir haben viele Unterschriften, Miss Hanbury.»
    «Darf ich die Eingabe sehen?» Sie sah die Aktentasche auf Ekkos Schoß an. «Haben Sie sie da drin?»
    «Wir haben sie nicht mitgebracht», sagte Abner.
    «Warum nicht? Sie geben eine Eingabe in Umlauf und sammeln Unterschriften. Ich nehme an, die Eingabe war an die Verwaltung adressiert. Ich verstehe nicht, warum Sie eine Eingabe machen und sie dann nicht mitbringen. War es nicht Anlass dieses Treffens, oder wenigstens einer der Anlässe – die Eingabe offiziell zu übergeben, damit die Verwaltung sie berücksichtigen und darauf reagieren kann?»
    «Sagen wir mal, es war nicht genau eine Eingabe, es war eher eine Resolution. Eine Eingabe würde bedeuten, dass wir um etwas bitten wollen. Wir bitten aber gar nicht.»
    «Nein? Was dann?»
    «Wir fordern.»
    Alle nickten zustimmend.
    Dean Hanbury dachte nach und nickte dann auch. «Gut, was fordern Sie denn nun? Und in wessen Namen? Ist dies eine Forderung nur Ihres Ausschusses, oder sehen Sie sich als Vertreter der gesamten Studentenschaft?»
    «Da haben Sie verdammt Recht, wir vertreten die Studentenschaft!», explodierte O’Brien.
    Selzer warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
    «Wenn Sie die Studentenschaft vertreten, Mr. Selzer», fuhr sie fort, «muss ich umso mehr die Eingabe oder Resolution, oder wie Sie es nennen, zu sehen bekommen. Ich brauche die Bestätigung, dass Sie mehr als fünfzig Prozent, also die Mehrzahl der Studentenschaft vertreten. Wenn Sie eine Forderung stellen, ist der normale Vorgang, falls keine Wahl stattgefunden hat,

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