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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Religionsunterricht gehabt und in der Schule wahrscheinlich auch nicht. Während ihrer Schulzeit war das gerade nicht Mode. Aber in den letzten Jahren hat sich das gewandelt, vor allem seit dem Sechs-Tage-Krieg. Sie haben immer gewusst, dass sie Juden waren und ein bisschen anders als ihre nichtjüdischen Freunde und Nachbarn, aber sie und ihre Eltern hatten die Neigung, diesen Unterschied zu bagatellisieren. Jetzt aber sind sie in einem Alter, in dem der Unterschied wichtig wird: Sie haben ernste Beziehungen zu Mädchen und denken ans Heiraten. Ich möchte wetten, dass die meisten von ihnen deine Vorlesung belegt haben, um herauszufinden, welches die Unterschiede sind und ob man sich ihrer schämen muss oder stolz darauf sein kann.»
    «Aber College-Studenten –»
    «Das sind sie doch nicht, David, wenigstens nicht ausschließlich. Sie sind Juden. Sag du ihnen, was sie wissen möchten, und glaub mir, sie werden sich dafür interessieren.»

25
    Während Schroeder auf Mrs. O’Rourke, die Putzfrau, wartete, ging er durch Hendryx’ Apartment und versuchte, ein Gespür für die Wohnung und den Mann zu bekommen, der in ihr gelebt hatte.
    Ein Makler hätte es als Drei-Zimmer-Apartment bezeichnet, aber ein zukünftiger Mieter hätte sicher entgegnet, die Küche wäre winzig und eines der Zimmer kaum größer als ein Schrank. Der kleinere Raum war offenbar das Arbeitszimmer des Professors gewesen, denn dort standen sein Schreibtisch und ein Bücherschrank. Der andere Raum diente als Wohn- und Schlafzimmer. In ihm waren eine große Couch, eine Kommode, der Fernsehapparat, ein Schaukelstuhl und ein gewaltiger Sessel aus Kunstleder mit einem passenden Fußkissen. Neben dem Sessel stand ein Rauchtisch aus Mahagoni. Im großen Glasaschenbecher lagen eine Pfeife und das halbe Dutzend Streichhölzer, mit dem sie angezündet worden war. Ein aufgeklapptes Buch lag mit dem Rücken nach oben auf einer der breiten Armlehnen des Sessels. An einem Wandtisch standen mehrere Bücher zwischen Buchstützen aus Bronze, eine große Messingschale und ein Pfeifenständer, in dem fünf Pfeifen hingen, und der sechste Platz leer war.
    Schroeder ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Er enthielt einen Pappbehälter Milch, ein Päckchen Speck, eine Schachtel mit Eiern und ein Stück Schmelzkäse. Offenbar hatte der Professor zu Hause gefrühstückt und die anderen Mahlzeiten in der College-Kantine oder in Restaurants eingenommen.
    Schroeder verließ die Wohnung und ging durch den kurzen, schlecht beleuchteten Flur zur Tür, die zum Hintereingang des Hauses führte. Sie war nicht abgeschlossen. Der Schlüssel, den man in Hendryx’ Tasche gefunden hatte, passte nicht nur in die Wohnungstür, sondern auch ins Haustürschloss. Schroeder war immer wieder verblüfft, wie genau die Menschen auf der einen Seite Sicherungsvorschriften einhielten, um auf der anderen so leichtsinnig zu sein. Zum Beispiel bauten sie Spezialschlösser in Türen und hatten dafür an den Parterrefenstern billige Riegel, die man bequem hochschieben konnte.
    Er kehrte in die Wohnung zurück und prüfte sie nun sehr viel systematischer. Anscheinend war Hendryx sauber und ordentlich gewesen. Die Anzüge hingen gerade im Schrank, die Kommode mit der Wäsche war gut aufgeräumt. In einer flachen, oberen Schublade lagen die Taschentücher, in einer Schale war der übliche männliche Kleinkram: Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, zwei abgelegte Feuerzeuge, eine ausrangierte Brieftasche, eine Armbanduhr, eine Taschenuhr; in einem Glasschälchen lag Kleingeld, nicht mal im Wert eines Dollars. In der nächsten Schublade lagen die Hemden, dann kam die Unterwäsche, aufgeteilt in Fächer für Unterhemden, Hosen und Socken. Darunter waren dann die Pyjamas. Die unterste Schublade war leer. Schroeder nahm an, dass Hendryx sich nicht gern bückte, wenn es sich vermeiden ließ.
    Der Schreibtisch war ähnlich ordentlich. In den Schubladen lagen Notizen und Manuskripte, Letztere in Heftern, auf deren Umschlag das Thema vermerkt war.
    Ein Polizeiwagen setzte Mrs. O’Rourke ab; sie war eine magere, abgearbeitete Frau von etwa sechzig. Obwohl es ein warmer Tag war, trug sie einen schweren Webpelzmantel und einen formlosen, aus lila Wolle gehäkelten Hut.
    «Nur ein paar Fragen», sagte Schroeder. «Sie haben am Freitag hier gearbeitet?»
    «Ja, Sir.»
    «Wann haben Sie angefangen?»
    «Ich komme gegen zehn, ein paar Minuten davor oder danach. Genau weiß ich das nicht. Ich will um zehn

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