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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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so die Spannung lösend. «Ja, Mr. Shacter, das Christentum ist eine sehr angenehme Religion. Es bietet viele sehr erstrebenswerte Antworten auf Fragen, die den Menschen seit aller Zeit beschäftigt haben. Er fürchtet den Tod und findet das Leben zu kurz, und die Kirche bietet ihm eine Welt nach dem Tode mit immer währendem Leben. Alles, was wir in der Hinsicht bieten können, ist die Hoffnung, dass er in seinen Kindern und in der Erinnerung seiner Freunde fortleben wird. Er sieht den guten Menschen leiden und den Bösen im Glück leben, und die Kirche versichert ihm, dass es in der anderen Welt umgekehrt sein wird. Wir können dazu nur sagen, dass dies der Lauf der Welt ist. Für die täglichen Nöte und die Mühsal des Lebens bietet ihm die Kirche den Frieden, der entsteht durch die Unterwerfung unter die Barmherzigkeit Christi und die guten Werke zahlloser Heiliger, zu denen er um Hilfe beten, ja sogar um Wunder bitten kann. Und in zeitlichen Abständen kann er seinen Glauben durch die Vereinigung mit Gott durch einen magischen Akt erneuern. Aber wir haben keine Magie, keinen Abkürzungsweg, nur die lebenslange Mühe. Ich glaube, das gibt dem Spruch, dass es schwer ist, Jude zu sein, eine andere Art von Bedeutung.»
    Lillian Dushkin war verwirrt. «Aber wenn bei ihnen alles so viel besser ist, warum übernehmen wir das nicht?»
    Der Rabbi lächelte. «Die Sache hat einen kleinen Haken, Miss Dushkin. Man muss glauben. Und wir können nicht glauben.»
    «Ja, und was haben wir dann von dem Ganzen?»
    «Was wir davon haben, wie Sie es krass formulieren, ist die Genugtuung, uns der Wirklichkeit zu stellen.» Er sah, wie aufmerksam nun alle waren. «Es erlaubt uns nicht, Problemen auszuweichen, aber es hilft uns, sie zu lösen, sei es nur, weil wir ihre Existenz erkennen. Und ist das nicht, wenn man es genau nimmt, das, was die moderne Welt nun zu tun beginnt? So erscheint es nun, als käme nach Tausenden von Jahren unsere Art endlich in Mode. Und was das Besser-im-Geschäft-sein betrifft, Mr. Shacter, sehen Sie sich um, und Sie werden feststellen, dass die großen Veränderungen im Denken und Handeln, die die westliche moderne Zivilisation geschaffen haben, ihre Parallele im jüdischen religiösen Gedankengut finden – die Gleichheit der Menschen, die Rechte der Frauen, das Recht aller Menschen auf Wohlstand, die Verbesserung der Lebensbedingungen auf der Erde, die Achtung vor dem Leben, auch dem der Tiere, die Bedeutung der Bildung.»
    «Sie meinen, das haben die alle von uns?»
    «Ob sie das haben oder ob sie endlich von sich aus darauf gekommen sind, ist eigentlich nicht besonders wichtig. Wichtig ist, dass diese Dinge von Anfang an in unserer Religion enthalten waren, und das bedeutet, dass sie der Wirklichkeit entspricht.»
    Die Glocke klingelte, und der Rabbi stellte ganz erstaunt fest, dass die Stunde zu Ende war. Er stellte außerdem fest, dass er nicht die übliche Kopfzählung veranstaltet hatte, und als er sich nun umsah, entdeckte er, dass es einundzwanzig waren, mehr als je zuvor an einem Freitag. Er lächelte und nickte ihnen freundlich zum Abschied zu.
    41
    Annabelle Fisher freute sich, als Selma Rosencranz anrief, um sie für Freitag einzuladen. Das war typisch Selma, einfach aus dem Blauen heraus ein paar Freundinnen einzuladen, ohne großes Planen, ohne Vorbereitungen.
    «Ich backe Schokolade-Nuss-Plätzchen», versprach Annabelle.
    Selmas Haus war ein Betonbau mit Verkleidungen aus schwarzem, in Chrom gefassten Glas; es war von einem Architekten entworfen und sogar in einer Zeitschrift abgebildet worden – eine Tatsache, die Selma ganz nebenbei erwähnte, wenn jemand zum ersten Mal kam. «Seine Idee ist funktionales Wohnen», sagte sie und suchte nach dem Artikel. «Aber da, lesen Sie das selber. Er kann das sehr viel besser erklären als ich.»
    Annabelle drückte auf den Klingelknopf, das Glockenspiel antwortete mit den ersten vier Takten von How Dry I Am. Sie kicherte jedes Mal, wenn sie das hörte. Selma hatte oft so verrückte Einfälle. Selma, in einem eleganten Hosenanzug und Silbersandalen, öffnete ihr selbst die Tür und rief über die Schulter: «Das ist Annabelle Fisher. Sie hat Plätzchen mitgebracht. Wer von euch noch nie Annabeiles Schokoladen-Nuss-Plätzchen probiert hat, wird staunen.»
    Annabelle gab Selma ihren Mantel und die Schachtel mit den Plätzchen und ging in den großen tiefer gelegenen Wohnraum. Flossie Bloom war schon da und mehrere andere, die Annabelle alle kannte

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