Am Dienstag sah der Rabbi rot
verlangt werden. Und wenn einer was inszeniert, umso besser. – Das musst du begreifen.»
Rogers stimmte ihm ernst zu.
«In diesem Fall hatten die Weathervanes auch gar nicht vor, großen Schaden anzurichten, sie wollten nur der Gruppe eins auswischen, die die Abordnung zum Dean geschickt hat. Ursprünglich wollten sie bloß eine Gegendemonstration aufziehen. Als aber dann die Agentin von einem Informanten aus dieser Gruppe erfuhr, dass diese Abordnung am Freitagnachmittag mit dem Dean reden wollte, zu einer Zeit, in der das College praktisch verlassen ist, nutzte sie die Gelegenheit aus. Sie wartete im Gebäude, und als die anderen fort waren, hat sie eine kleine Explosion verursacht. Sie sollte nicht viel Schaden anrichten und nur die Abordnung reinlegen, weil die ja ganz bestimmt beschuldigt würde.»
«Und das ist tatsächlich eine Frau?»
«Ein zierliches junges Mädchen, das Mut hat und sein Land liebt.»
Rogers sah zweifelnd seinen Vertreter an. Er war nicht sicher, ob er es ernst meinte. «Aber, verdammt nochmal, Brad, sie hat Schaden verursacht, und jemand ist getötet worden!»
«Nicht doch. Wir wissen jetzt, dass die Explosion damit nichts zu tun hatte.»
«Ja, bleibt nur noch Fine. Hoffentlich stellt sich nicht heraus, dass er auch ein FBI-Agent ist, was?»
«Reg dich nicht auf.» Ames kicherte. «Gegen den haben wir genug.»
«Na, wenigstens ein Trost.» Rogers rieb sich zufrieden die Hände. «Und das Mädchen – nachdem das passiert ist, wird sie ja bei den Weathervanes voll anerkannt sein, ich meine, jetzt ist sie doch sicher über jeden Verdacht erhaben?»
«Wie Caesars Frau.»
«Wie bitte? Oh, ich verstehe.»
«Und bei uns ist sie auch über jeden Verdacht erhaben.»
«Ja, natürlich …»
«Matt, ist dir nicht aufgefallen, wie schlecht es bei uns steht, wenn wir schon Doppelagenten einsetzen müssen, um dem Anschein nach Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten? Dass wir einen Rechtsbruch vertuschen müssen, um einen anderen zu verhindern? Und wir maßen uns allein das Richteramt an zu entscheiden, welcher wichtiger ist. Ist das nicht ein Charakteristikum für einen Polizeistaat?»
Rogers betrachtete ihn unsicher. Er hörte sich so ernst an, als glaube er an seine radikale Rede. Aber dann gluckste Ames wieder, und da wusste Rogers, dass alles stimmte.
40
WARUM ESSEN JUDEN KEINEN SCHINKEN?
WARUM SETZEN JUDEN SCHWARZE
GLATZENDECKEL AUF, WENN SIE BETEN?
GOTT IST TOT – RICHTIG ODER FALSCH?
WARUM …?
WARUM …?
Der Rabbi stand unter der Tür und las etwas verwirrt die lange Liste von Fragen an der Tafel. Jede war in einer anderen Handschrift geschrieben.
«Sie haben gesagt, wir dürften heute Fragen stellen», stellte Harvey Shacter fest.
«Ja, das hab ich, Mr. Shacter.» Er trat in den Raum, den Blick immer noch auf die Tafel gerichtet. «Und bei einer so langen Liste sollten wir besser sofort anfangen. Wir nehmen sie der Reihe nach vor. Die erste Frage betrifft den Schinken: das hat mit unseren rituellen Diätvorschriften zu tun. Kurz gefasst, wir dürfen nur das Fleisch von Tieren essen, die paarzehig sind und wiederkäuen. Beide Bedingungen müssen erfüllt sein, um als koscher zu gelten, das heißt als rituell essbar. Fisch muss Schuppen und Flossen haben, womit sämtliche Schalentiere ausscheiden; Vögel mit gekrümmten Schnäbeln und Klauen – Raubvögel also – sind auch tabu. Es gibt wissenschaftliche Rechtfertigungen für diese Gesetze – gesunde und nahrhafte Tiere sind erlaubt, für Krankheiten anfälligere Tiere, die sich für die menschliche Ernährung weniger eignen, sind verboten –, aber das ist eine moderne, vernunftgebundene Erklärung. Nach der Tradition befolgen wir diese Diätgesetze, weil es uns in der Bibel befohlen worden ist. Da das Schwein kein Wiederkäuer ist, gilt es als unsauber, und daher ist Schinken verboten.»
«Ja, aber haben wir nicht gegen das Schwein mehr als gegen andere nichtkoschere Tiere?», fragte Leventhal.
«Das ist richtig, Mr. Leventhal. Wir haben eine besondere Abneigung gegen das Schwein, möglicherweise weil es einer Reihe heidnischer Völker als Gegenstand der Anbetung diente. Allerdings neige ich zum Glauben, dass es einen viel triftigeren Grund gibt. Alle anderen Haustiere dienen während ihres Lebens zum Nutzen des Menschen. Die Kuh gibt Milch, Schafe liefern Wolle, das Pferd leistet Arbeit und dient zur Fortbewegung, der Hund bewacht das Haus, die Katze hält die Mäuse in Schach. Nur das Schwein als einziges
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