Am Ende bist du mein
Verstand war da anderer Meinung. Es war eine polizeiliche Befragung, nicht mehr und nicht weniger. Also musste sie wachsam bleiben, denn Gage war in erster Linie Polizist, das hatte sie in ihrer Beziehung gelernt.
Deshalb griff sie nach dem Telefon, wählte die Nummer von Reese Pearce und landete auf seiner Mailbox. «Reese», sagte sie. «Hier spricht Adrianna. Um neun Uhr treffe ich mich mit Gage Hudson bei meiner Mutter. Ich dachte, das sollten Sie wissen.»
Dann ging sie ins Bad und drehte die Dusche an. Unter dem heißen Wasser lösten sich ihre verspannten Muskeln, und auch der letzte Rest ihres Unwohlseins verging.
Sie trocknete sich ab, föhnte ihr Haar glatt und trug ihre Tagescreme auf.
Auf dem Weg zu ihrem Kleiderschrank hörte sie das Handy in ihrer Handtasche klingeln. Einen Moment lang zögerte sie, doch dann holte sie es hervor und nahm ab.
«Adrianna», rief Catherine aufgeregt. «Ich habe ein tolles Angebot für Ihr Haus.»
Adrianna brauchte einen Moment, um die Nachricht zu verdauen. Sie liebte dieses Haus einfach zu sehr, denn der Gedanke, dass dort andere wohnen würden, behagte ihr ganz und gar nicht.
«Hallo?», rief Catherine. «Sind Sie noch da?»
«Ähm – ja. Wie sieht das Angebot aus?»
Catherine nannte ihr die Summe.
«Hm», machte Adrianna. «Tja, das klingt eigentlich ganz annehmbar. Trotzdem möchte ich mir den Vertrag vorher noch einmal in Ruhe durchlesen.»
«Ich kann heute damit vorbeikommen. Wenn Sie nicht da sind, lege ich ihn in der Küche auf den Tresen.»
«Gut», entgegnete Adrianna. «Aber bitte, sperren Sie die Haustür dieses Mal richtig ab, ja? Vor ein paar Tagen war die Tür abends unverschlossen.»
«Das war ich nicht, Adrianna. Auf so etwas achten wir genau. Bei mir grenzt es schon an Manie, so oft vergewissere ich mich, dass ich die Außentüren eines Hauses abgeschlossen habe.»
«Okay, dann muss ich es wohl selbst gewesen sein», sagte Adrianna und verabschiedete sich.
Eine Viertelstunde später stieg sie in ihren Landrover und fuhr zum Haus ihrer Mutter.
Allmählich begannen sich die Überstunden und viel zu kurzen Nächte bei Gage bemerkbar zu machen. Die Muskelpartien seiner Schultern waren steinhart, sein Rücken schmerzte, und seine lädierten Knie spürte er bei jedem Schritt.
Und als wäre das noch nicht genug, hatte er morgens beim Kaffeetrinken den Fernseher eingeschaltet und mit zunehmender Verärgerung den Bericht über den Leichenfund in den Colonies verfolgt. Viel wusste die Presse zum Glück noch nicht, doch dass überhaupt etwas nach draußen gesickert war, regte ihn maßlos auf. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, bis Newington, dieser Schweinehund, wusste, dass sie zwei Mordopfer gefunden hatten, und wer diese beiden waren.
Als sich der Schlüssel der Hintertür im Schloss drehte und Jessie mit einem Kopfkissen, vollgestopft mit schmutziger Wäsche, in der Küche erschien, war Gage in Gedankennoch immer bei der undichten Stelle. «Ich dachte, du wolltest gestern Abend vorbeikommen», blaffte er seine Schwester an.
Jessie hatte ihr dunkles Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, trug Jeans und ein Sweatshirt der University of Richmond und wirkte putzmunter. «Dir auch einen schönen guten Morgen», entgegnete sie fröhlich, ließ das pralle Kopfkissen fallen und holte sich einen Kaffeebecher aus dem Schrank.
«Hast du meine Nachricht auf dem Anrufbeantworter nicht gehört?», fragte Gage grimmig.
«Doch.» Jessie schenkte sich Kaffee ein. «Ich hab nur gestaunt, dass es nur eine war. Seit wann bist du so zurückhaltend geworden?»
«Trotzdem hab ich mir Sorgen gemacht.»
«Wie immer.» Jessie sah ihn anklagend an. Dass sie sich für irgendetwas entschuldigte, kam nur in den seltensten Fällen vor, ein Umstand, den Gage sowohl störend als auch beruhigend empfand. Hätte sie nicht diese Kämpfernatur, hätte er sich noch mehr Gedanken um sie gemacht. «Abgesehen davon musste ich gestern Abend im Hotel arbeiten.»
«Im Hotel arbeiten», schnaubte Gage. «Wenn du wenigstens auf einer Party gewesen wärst. Warum gehst du nicht mal mit einem netten Jungen aus?»
«Fang nicht wieder davon an», stöhnte Jessie. «Ich arbeite, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Mein Stipendium reicht nicht aus, es deckt ja gerade mal die Studiengebühren.»
«Ich könnte dir mehr geben», beharrte Gage. «Dann könntest du dich abends amüsieren, so wie andere junge Leute auch.»
«Gib dein Geld für dich aus, Gage. Das wäre mir
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