Am Ende bist du mein
gezeigt.»
«Ach ja?» Eine Zeitlang hatte Gage sich auch alte Aufzeichnungen angesehen, aber inzwischen nicht mehr. Über frühere Entscheidungen nachzudenken oder missglückte Spielzüge zu bejammern, brachte ihm nichts außer schlechter Laune.
«Das war dein bestes Spiel, Junge. Damals warst du ganz oben. Warum du alles aufgegeben hast, kann ich heute noch nicht begreifen.»
Obwohl ich es dir tausendmal erklärt habe, dachte Gage. Leider hörst du mir nie zu. «Bei dem, was ich jetzt mache, bin ich auch nicht schlecht», verteidigte er sich dennoch und versuchte, Mitgefühl für den Mann aufzubringen, auf den die Berühmtheit seines Sohnes einmal abgefärbt hatte. Als Gage die Falcons verließ, war sein Vater wieder nur ein gewöhnlicher Sterblicher geworden.
«Im vierten Quarter wart ihr drei Punkte im Rückstand. Und dann hast du deinem Receiver einen Pass über fünfzig Meter zugeworfen. War das ein Augenblick. So was vergisst ein Vater nicht.»
Gage trank einen Schluck Kaffee. «Dad, ich bin auf dem Sprung ins Büro.»
«Was denn? So früh schon?»
«Es geht um einen dringenden Fall.»
«Na dann.» Nach den Einzelheiten erkundigte sich sein Vater nie. Er hielt ohnehin nicht viel von der Polizei.
«Hast du in letzter Zeit mal Jessie angerufen?»
«Deine Mutter hat mit ihr gesprochen.» Mit Jessie redete sein Vater nur selten. Seit ihrer Entführung wich er ihr aus.
«Sie kommt sehr gut voran.»
«Hat deine Mutter mir schon gesagt.» Gage hörte, dass eine Flasche zischend geöffnet wurde. «Gestern habe ich jemanden gesehen, den du kennst.»
Gage stand auf und goss seinen kalten Kaffee aus. «Wen?» Sein Vater hustete. «Susan.»
Gage schwieg. Susan war seine Ex-Frau, mit der er seit etwa zehn Jahren nicht mehr gesprochen hatte. Die Scheidung hatte sein Vater ebenso wenig wie Gages Trennung von den Falcons verstanden.
«Sie hat nach dir gefragt.»
Gage schenkte sich frischen Kaffee ein.
«Sie hat wieder geheiratet und sogar Kinder.»
«Das freut mich.» Gage dachte an das Kind, das Adrianna verloren hatte, und entsann sich, dass sie beide einmal von gemeinsamen Kindern gesprochen hatten.
Sein Vater hatte sich eine Zigarette angesteckt. Gage hörte, wie er inhalierte. «Willst du nicht wissen, wie sie jetzt aussieht?»
«Nein.»
«Sie sieht toll aus. Wie immer. Ich habe ihr erzählt, was du machst. Ich glaube, sie war beeindruckt.»
«Ganz sicher.» Inwendig hatte sie wahrscheinlich die Nase gerümpft. Susan war von Anfang an gegen seinen Beruf als Polizist gewesen. «Aber jetzt muss ich wirklich los, Dad.»
«Ist ja schon gut. Aber deine Mutter möchte wissen, wann ihr alle nochmal nach Hause kommt.»
Im Geist sah Gage sie alle bei seinen Eltern sitzen, während sein Vater von der Zeit, als Gage noch Quarterback derFalcons war, schwärmte und von der großartigen Ehefrau, die er in seinem Unverstand ebenso wie seine Karriere aufgegeben hatte. «Warum kommt ihr nicht nach Richmond und besucht uns einmal?»
«Ach Junge», sagte sein Vater. «Du weißt doch, wie ungern ich verreise.»
Weil er nie irgendwo war, dachte Gage bedrückt und spürte trotz allem seine Liebe für den alten Mann, der ihn ebenfalls liebte, auch wenn sie nie fähig waren, ihre Gefühle in Worte zu fassen. Solche Dinge überließen sie Gages Mutter.
Dein Vater liebt dich, das weißt du doch.
«Denk nochmal darüber nach, Dad.»
«Ja, mach ich», sagte sein Vater, doch Gage wusste, dass er es nicht tun würde.
«Okay, ich muss jetzt Schluss machen.»
«Bis dann, Junge.»
Gage ging ins Bad, trat vor den Spiegel und band seine Krawatte. Susan, dachte er, wie lange das schon her war. Als wäre er in einem anderen Leben mit ihr verheiratet gewesen. Mit einer Frau, die er nie geliebt hatte.
Dennoch kam es ihm vor, als hätte er jemanden verloren. Doch während er darüber ins Grübeln geriet, wurde ihm klar, dass dieser Jemand nicht Susan, sondern Adrianna war. Denn, wenn er ehrlich mit sich war, wusste er, dass er nichts sehnlicher wünschte, als sie erneut in den Armen zu halten und das Eis zu schmelzen, bis sie wieder die Frau war, die ihn hingebungsvoll küsste und umschlang. Er wollte sie wieder als Teil seines Lebens.
«Du bist ein Idiot», sagte Gage zu seinem Spiegelbild. Adrianna hatte ihm das Herz gebrochen, und er liebte sie immer noch.
In ihrem Büro studierte Adrianna die Liste mit den Dingen, die sie an dem Tag erledigen musste, und wünschte, sie wäre nur halb so lang. Einen Moment überließ sie
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