Am Ende der Angst
war, wo sie ihn unterbringen konnte.
Wo ich heute nächtigen würde, war mir auch nicht ganz klar. Nach Hause zu Fiona wollte ich nicht. Dafür war die Stimmung einfach zu schlecht. Und sie wahrscheinlich froh, wenn ich nicht da war und sie anlügen konnte. Das redete ich mir jedenfalls ein.
Außerdem war mir inzwischen eine Idee gekommen, wie ich mehr über den Zoowärter in Erfahrung bringen konnte. Denn wenn er tatsächlich etwas mit dem Fall von Opfer Nr. 2, Rose, zu tun hatte, musste er zwangsläufig irgendwie in den Tod von Opfer Nr. 1, Loreen, verwickelt sein. Denn die beiden Morde hingen eng zusammen. Ich wusste nur nicht, wie. Aber ich dachte, dass ein Mann wie er sich das alles nicht alleine ausgedacht haben konnte. Und dass er irgendwann seinem Auftraggeber Bericht erstatten oder aus anderen Gründen Kontakt mit ihm aufnehmen würde.
Ich hatte keine Ahnung, was die Polizei plante, aber ich wollte mich ohnehin nicht auf sie verlassen. Kurzentschlossen fuhr ich zurück in die Firma, nahm mir einen unserer SUV und etwas Ausrüstung und fuhr zur Adresse von Paul Soderman, die ich mir von der Vernehmung im Tierpark gemerkt hatte.
Der Mann war zu Hause, ich konnte Licht im Fenster sehen. Ich parkte den Wagen schräg gegenüber vom Haus und packte das Lasermikrofon aus. Sobald Paul Soderman da drinnen ein Wort sprach, würde der Laserstrahl des Mikrofons durch die Vibrationen des Fensters gebrochen und in meinem Empfangsgerät analysiert. Im Kopfhörer konnte ich dann jedes Wort deutlich hören oder im Recorder mitschneiden.
Doch Paul Soderman sagte nichts. Er telefonierte nicht und redete auch nicht mit sich selbst. Er schaltete den Fernseher ein und sah Nachrichten und eine Talkshow, die ich mir leider mit anhören musste. Dann ging er ins Bett.
Ich ließ die Kopfhörer auf und machte es mir in meinem Autositz gemütlich. Das würde eine lange Nacht werden.
Umsturz
Ich wurde wach, als ich den Wecker in seinem Haus klingeln hörte. Mir tat alles weh von der Nacht im Autositz, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Nur eine halbe Stunde später ging Paul Soderman aus dem Haus und marschierte zur Bushaltestelle an der Ecke. Offenbar wollte der Mann seinen Job fortsetzen, als wäre nichts geschehen.
Ich wartete ein paar Minuten, dann stieg ich aus dem Wagen, streckte mich und ging ein paar Schritte durch die Nachbarschaft. Paul Soderman lebte nicht gerade in einer gehobenen Gegend. Die kleinen Häuser in der Straße waren verfallen, aus einem dröhnte schon am frühen Morgen laute Musik, die eine kreischende Frauenstimme zu übertönen suchte. Vor einem anderen verbrannte ein Lateinamerikaner Latten und andere Holzreste, so dass schwarzer Qualm in den Himmel stieg. Niemand achtete auf einen Fremden, der ohne erkennbares Ziel durch die Straße spazierte.
Ich lief ein paar Minuten auf der einen Seite, bis ich an der Kreuzung die Straßenseite wechselte und zurückkehrte. Vor Paul Sodermans Haus blieb ich stehen und tat, als würde ich klingeln. Dann ging ich wie selbstverständlich zur Tür und öffnete mit einem Draht das Schloss. Das Ganze dauerte keine dreißig Sekunden. Niemand hatte mich bemerkt.
Im Haus roch es unangenehm nach altem Mann, ungespültem Geschirr und Alkohol. Ich ging zunächst in das erste Zimmer zu meiner Linken und landete in der Küche. Hier stapelte sich das Geschirr meterhoch in der Spüle, Essensreste lagen auf dem Tisch neben einer alten Zeitung. Im angrenzenden Wohnzimmer sah es ähnlich schmutzig aus. Auf dem Tisch lag ein Sammelsurium von Pappkartons verschiedener Fastfoodketten, eine halbe Pizza schimmelte leise vor sich hin. Eine leere Flasche Bourbon lag auf dem Fußboden, daneben eine Flasche Wodka, in der sich ein winziger Rest befand. Lagen die, wie der übrige Unrat, schon länger hier und hatte er beide gestern Abend ausgetrunken? Falls er sie gestern genossen hatte, war ihn das heute nicht anzusehen gewesen. Aber er hatte vermutlich auch Nachholbedarf nach seinem Aufenthalt auf dem Polizeirevier.
Ich sah mir das Wohnzimmer etwas genauer an, obwohl ich keine Ahnung hatte, wonach ich eigentlich suchte. Nach irgendeinem Hinweis, nach einer Verbindung zum Mord an Loreen.
Auf dem Tisch befand sich neben den Pappkartons und dem vergammelten Essen nicht viel. Eine zerknitterte Serviette, eine Socke und ein Brotmesser. Auf dem abgehalfterten Sofa lagen mehrere schmutzige Kleidungsstücke: ein hellblaues Hemd, eine andere Socke und eine Jacke. An ihnen war
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