Am Ende der Angst
schwarzer Mercedes hielt an der Straßenkreuzung und nahm ihn mit. Am Heck prangte kein Nummernschild.
Hellwach folgte ich dem Wagen in sicherer Entfernung durch die Stadt und konnte schon bald die Richtung erahnen. Er fuhr zum Wald. Ich spürte ein Kribbeln in meinen Händen und Knien, das besagte, dass ich mich auf der richtigen Spur befand. Führten sie mich an den Tatort und zu den Tätern? Gab es noch mehr Opfer, die beseitigt werden mussten?
Ich konnte förmlich das Adrenalin durch meine Adern rauschen hören. Wovon würde ich gleich Zeuge werden?
An einer roten Ampel hielten sie an. Ich stand zwei Wagen hinter ihnen. Doch genau in dem Moment, als die Ampel der Querstraße auf Grün umsprang, raste der schwarze Mercedes los und preschte über die Kreuzung. Nur haarscharf vermied er einen Unfall.
Scheiße. Ich fluchte lauthals und überlegte, ob ich ihm folgen sollte, ließ es aber sein. Denn dann wussten die Insassen, dass ich ihnen auf der Spur war. Und wer wäre so dumm, den Tatort eines Verbrechens anzusteuern, wenn ein Verfolger dicht auf den Fersen war?
Ich sah auf die Uhr. Es war fast neun Uhr. Im Osten brach bereits die Dämmerung an. Was würden sie in der Dunkelheit im Wald anstellen? Bestimmt keine Pilze suchen.
Ungeduldig wartete ich, bis die Ampel wieder Grün zeigte, und fuhr dann mit überhöhter Geschwindigkeit in die vermutete Richtung auf das Waldgebiet zu.
Die Straße wurde einsamer. Immer weniger Wagen waren unterwegs. Einen schwarzen Mercedes konnte ich nicht entdecken.
Irgendwann gingen die dünn besiedelten Vororte mit Wiesen und Weiden in dichten Wald über. Die Straße bog in einen Feldweg ab. Ich schaltete wegen der zunehmenden Dunkelheit das Licht an und folgte dem Weg, bis er schmaler und schlechter befahrbar wurde. Als er in einen Pfad mündete, hielt ich an und stieg aus. Von dem Mercedes war weit und breit keine Spur zu sehen. Wieder fluchte ich innerlich. Ich hatte ihn verloren. Um mich herum rauschten die Bäume im Abendwind, ein Fuchs schlich durch das Unterholz.
Hier kam ich nicht weiter. Ich wollte mich gerade wieder in den SUV setzen, als ich in der Ferne einen Schuss hörte. Ein zweiter folgte. Schnell duckte ich mich an den Wagen, weil ich glaubte, die Schüsse galten mir. Doch es schlug nichts in meiner näheren Umgebung ein. Stattdessen hörte ich einen Schrei.
Ich kroch auf den Beifahrersitz und öffnete das Handschuhfach, wo ich während der Observierungen meine Waffe aufbewahrte. Dann ging ich den Pfad entlang in die Richtung, aus der ich die Schüsse vernommen hatte.
Die Dunkelheit senkte sich immer stärker über das Land und schien förmlich aus dem Unterholz zu kriechen. Ich konnte kaum noch etwas erkennen. Die Schatten verschmolzen mit den dunklen Stämmen der Bäume und ließen den Weg trügerisch werden. Zweimal stolperte ich und wäre fast gefallen.
Auf einmal hörte ich ein lautes Rascheln links vor mir. Ich nahm die Waffe hoch und zielte auf das Gebüsch, aus dem es vermutlich gekommen war.
»Stehenbleiben oder ich schieße!«, rief ich in den dunklen Wald. Dass sich ein Reh oder Wildschwein davon sicherlich nicht beeindrucken lassen würde, war mir in dem Moment egal. Das Rascheln verstummte für einen Moment, dann ertönte es erneut. Etwa zehn Meter vor mir sah ich das Gestrüpp wackeln, als würde gleich ein Wildschweineber daraus hervorbrechen. Doch es war kein Schwein, das kam. Es war Paul Soderman.
Er kam auf mich zu gelaufen. Schweiß rann über sein Gesicht. Er atmete schwer.
»Bleiben Sie stehen!«, rief ich. »Halt!«
Doch der Mann blieb nicht stehen. Allerdings wurden seine Schritte kürzer. Er begann zu taumeln und fiel fast über seine eigenen Beine. Und da sah ich es. Sein Hemd war voller Blut. Es strömte an ihm herunter und tropfte auf den Waldboden.
Ich ließ die Waffe sinken.
Paul Soderman lief noch genau vier Schritte, dann fiel er auf den Boden. Als ich bei ihm ankam, atmete er nicht mehr. Er war tot.
Die Polizei traf eine halbe Stunde später mit mehreren Einsatzwagen ein. Ich hatte sie gerufen, mich während der Wartezeit ins Auto gesetzt und überlegt, ob ich nicht allein den Wald durchforsten sollte, bis sie ankamen. Aber das wäre Irrsinn gewesen. Ich hätte mich nur in dem Dickicht verletzt, ohne etwas zu finden. Das Nachtsichtgerät lag wohlbehütet in der Firma, so dass ich nur im Dunkeln getappt wäre. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und ich hätte dabei wichtige Spuren verwischt.
Fiona war unter den
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