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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Maschine herummanipuliert.«
    »Aber ich habe ihr doch einen Brief —«
    »Den hat sie bekommen, aber sie hat
sich geweigert, Ihre Anweisungen zu befolgen. Sie sagte, sie wolle nicht ihr
ganzes Leben aufgeben, ihre Fliegerei.«
    »Oh, mein Gott... Und mein Sohn? Wo ist
mein Sohn?«
    »Bei Freunden von uns in San Francisco.
Ihr Haus ist gut gesichert, und Hy hat zusätzlich noch einen Wachposten dorthin
abstellen lassen.«
    Walker stand mit gesenktem Kopf da,
rang sichtlich um Fassung. Als Hy und ich weiter in den Hangar vordrangen,
leistete er keinen Widerstand.
    »Zach muß die Hölle durchmachen«, sagte
er mit belegter Stimme. »Er hat Matty geliebt.«
    Hy sagte hart: »Das gilt für uns alle.«
    Walker sah auf; seine Augen waren
feucht. »Sie geben mir die Schuld an ihrem Tod.«
    Hy starrte ihn mit steinerner Miene an,
dann spiegelten sich widersprüchliche Impulse auf seinem Gesicht. »Ich bin vor
allem wütend. Wütend auf Sie, weil Sie sie in so eine Situation gebracht haben.
Wütend auf mich selbst, weil ich sie nicht gegen ihren Widerstand von diesem
Flugplatz geschleppt habe. Verdammt, ich bin sogar wütend auf sie, weil sie tot
ist.«
    Ich sagte: »Niemand von uns ist schuld.
Wir wissen alle, wer sie auf dem Gewissen hat.«
    Walkers Lippen preßten sich
aufeinander. Er steckte die Pistole in den Bund seiner Jeans.
    Hy fragte: »Haben Sie eine Ahnung, wo
Stirling ist?«
    Walker schüttelte den Kopf und schien
gerade anzuheben, etwas zu sagen, als ihn ein Hustenanfall überkam. Von nahem
sah er blaß und ausgezehrt aus, und seine Stirn war feucht.
    »Sind Sie okay?«
    »Hab mich erkältet... in den verdammten
Wäldern da draußen. Bin’s nicht wieder losgeworden.« Er kehrte uns den Rücken
und trat ins Dunkel.
    Ich sah Hy an. Der nickte zustimmend.
Dem Hustengeräusch nach hatte sich Walkers Erkältung womöglich zu einer
Lungenentzündung ausgewachsen.
    Gleich darauf flammte eine
Petroleumlampe auf. Ein Schlafsack und ein Rucksack lagen neben einem
Kerosinheizofen auf dem Boden. Walker schwenkte das Streichholz, bis es aus
war, und setzte sich hin.
    Ich zog Mütze und Handschuhe aus und
entledigte mich dann der Decken, die immer noch um meine Schultern hingen. Ich
legte sie zusammengefaltet auf den Boden, und Hy und ich setzten uns darauf.
    Walker fragte: »Wie wird Zach mit
Mattys Tod fertig?«
    Ich sagte: »Es ist schmerzlich für ihn.
Er wird Zeit brauchen, um drüber wegzukommen — Zeit und Ihre Hilfe.«
    Walker antwortete nicht. Er starrte in
eine dunkle Ecke des Hangars. Ich ließ es für den Moment gut sein. »Sie haben
Hys Frage noch nicht beantwortet. Was ist mit Stirling?«
    »Er war weg, als ich herkam.«
    »Weg? Wo soll er denn hin sein, ohne
Flugzeug?«
    »Auf die Jagd vielleicht. In dem
Vorratsspeicher hinter der Hütte ist nicht mehr viel Fleisch, wahrscheinlich
wollte er Vorräte für den Winter anlegen.«
    »Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Welches Datum haben wir heute?«
    »Den vierten Dezember.«
    Er schloß die Augen, rechnete nach.
»Okay, drei Tage, bis ich hierhergefunden hatte. Heißt, ich war am achtzehnten
November da.«
    »Sie glauben, er ist seit siebzehn
Tagen auf der Jagd?«
    Er zuckte die Achseln.
    Irgendwas war hier faul — oberfaul.
»Und Sie haben die ganze Zeit auf ihn gewartet?«
    Zorn blitzte aus seinen Augen. »Was zum
Teufel hätte ich denn sonst tun sollen? Diese Scheißkiste, die sie mir
vermietet haben, hatte einen Motorausfall, und ich mußte sie auf einer Holzfällerstraße
runtersetzen. Ich bin so wild in der Gegend herumgeirrt, bis ich endlich hier
war, daß ich die Maschine nie wiederfinden werde.«
    »Wir haben die Super Cub gefunden. Aber
was ist mit Stirlings Maule?« Ich zeigte auf die dunkle Silhouette.
    »Genauso unbrauchbar wie die andere.
Sie war halb zerlegt, als ich hier ankam, selbst das Funkgerät ist im Eimer.
Ich habe mich drangemacht, in der Hoffnung, sie so weit hinzukriegen, daß ich
es bis Arrowhead schaffe, aber ich bin nun mal kein Mechaniker.«
    Hy hatte stumm in die flackernde
Petroleumlampe gestarrt. Jetzt sagte er: »Möglich, daß Stirling zu Fuß
losgezogen ist oder einen Motorschlitten genommen hat. Wir wissen ja nicht, ob
der bei der Hütte sein einziger ist. Aber was anderes — was ist, wenn dieser J.
D. gar nicht Dune Stirling ist? Wir haben der Frau in Arrowhead kein Foto
gezeigt, weil das nicht zu der Geschichte gepaßt hätte, die wir ihr erzählt
haben.«
    »Ich weiß sicher, daß es Stirling ist«,
sagte Walker.

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