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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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des
Mammoth-Lakes-Gebiets in Kalifornien, und die Einleitung stammte von Julie
Spaulding. In Hys Augen stand ein solcher Schmerz, daß ich weggucken mußte. Ich
inspizierte die übrigen Bücher: Naturgeschichte, Geologie und Umwelt.
    Hy sagte gepreßt: »Der Scheißkerl hat
ihre beste Freundin umbringen lassen, und dafür wird er jetzt bezahlen.«
    Als wir aus der Hütte traten, mußten
wir feststellen, daß es inzwischen dunkel geworden war. Zu hören war nichts als
das ferne Brummen eines Flugzeugmotors, vermutlich oberhalb der viertausend
Fuß, die für das Überfliegen des Naturparks vorgeschrieben waren. Ich sagte
tonlos: »Jetzt sitzen wir hier bis morgen früh fest. Du kannst unmöglich im
Dunkeln von dieser Straße aus starten.«
    »Dann werden wir uns noch ein bißchen
weiter umschauen, bevor wir hier in der Hütte kampieren. So eine Gelegenheit
kommt vielleicht nicht wieder. Ich will mal einen Blick in den Hangar werfen.«
    Ich sah zum Himmel empor. Der dichte
Wolkenschleier war verschwunden, weggefegt von den heftigen Winden, die der
Kaltfront vorangingen. Ein Dreiviertelmond leuchtete hell herab, und jenseits
des Sees türmten sich Cumulus-Wolken.
    »Der Hangar ist ein ganzes Stück weg«,
sagte ich, »und das Wetter wird rasch Umschlägen. Wenn wir’s versuchen wollen,
sollten wir uns besser eine kleine Überlebensausrüstung ausborgen.«
    Er nickte, und wir gingen in die Hütte
zurück. Ich entzündete die Öllampe wieder, durchforstete die Borde, erbeutete
Studentenfutter, Trockenfleisch und eine Flasche Wasser. Hy nahm Wolldecken vom
Bett und requirierte zwei zusätzliche Jacken. Ich fand einen kleinen Rucksack,
steckte die Nahrungsmittel und * eine Schachtel Streichhölzer hinein und machte
mich dann auf die Suche nach Kerosin.
    »McCone, schau dir das mal an.«
    Ich drehte mich um, den Kerosinkanister
in der Hand. Hy zeigte auf den Fußboden unterm Tisch. Ich trat näher und sah
die Flecken. »Sieht aus wie getrocknetes Blut.«
    »Allerdings schwer zu sagen, wie alt.
Und ob Menschen- oder Tierblut.« Er leuchtete herum, offenbar auf der Suche
nach irgendwelchen Spuren von Gewalt. Es waren keine zu sehen, aber das bewies,
genau wie die Blutflecken, gar nichts.
    Mich überkam ein unbehagliches Gefühl.
»Wir sollten jetzt gehen.«
    Hy ging zur Rückwand hinüber, nahm ein
Gewehr aus dem Ständer und prüfte, ob es geladen war. »Kann nichts schaden, ein
bißchen besser gewappnet zu sein.«
    Ich wußte, er dachte nicht nur an
Tiere.
    Wir marschierten los, am Ufer entlang.
Es war so kalt, daß ich trotz der zusätzlichen Jacke zitterte. Der Mond goß
eine helle Lichtbahn über den zugefrorenen See, ließ das Eis schimmern. Und die
geballten Wolken senkten sich tiefer herab und rückten näher.
    Hy sagte nichts. Es war, als hätte ihn
der Anblick von Julies Namen auf dem Buch in Dune Stirlings Hütte wieder in
jene Stimmung versetzt, in der er in der Nacht nach Mattys Absturz gewesen war.
In jenen entrückten, unberechenbaren Zustand, in dem er sich befunden hatte,
als wir nach Sonoma County geflogen waren, um Ed Cutter zu stellen.
    Ich hakte ihn unter, um ihm zu verstehen
zu geben, daß ich immer noch an seiner Seite war.
     
    Noch ehe wir die Landebahn erreichten,
tobte das Unwetter los, mit Sturm und Schnee. Er pappte an unserer Kleidung,
stach mich in die Wangen, färbte Hys Schnurrbart und Augenbrauen weiß wie die
eines Greises. Wir arbeiteten uns weiter voran, stemmten uns gegen den Wind,
hatten Mühe, uns auf den Beinen zu halten. Ich glitt einmal aus und schlug hin,
und Hy fiel beinahe auf mich drauf, als er mir aufhelfen wollte. Es war jetzt
stockfinster, und der Strahl der Stablampe schien lächerlich schwach. »Genug
jetzt, McCone. Laß uns unter die Zedernäste da schlüpfen, uns unter den
Wolldecken verkriechen und gegenseitig warm halten. Tut mir leid, daß ich dich
hier rausgeschleppt habe. Wir hätten in der Hütte bleiben sollen.«
    »›Hätten sollen‹ hilft jetzt auch
nichts. Wir werden es schon überstehen.«
     
    »Was glaubst du, wie kalt es ist,
Ripinsky?«
    »Zwanzig Grad minus bestimmt.«
    »Aber solche Fronten sind schmal und
ziehen schnell durch.«
    »Meistens schon.«
    »Wie weit ist es noch bis zu diesem
Hangar?«
    * »McCone, ich weiß es nicht. Wenn das
hier nicht bald vorbei ist... ach, ich weiß auch nicht.«
    Bislang halten die Decken unsere
vereinte Körperwärme noch fest und schützen diese schneebedeckten Äste uns vor
dem schlimmsten ‘Wind. Aber langsam

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