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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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verstehe ich, wie Leute erfrieren können.
Gott, ich will nicht herausfinden, wie es ist, auf diese Art zu sterben...
     
    »Das Schlimmste ist vorbei, McCone.
Gehen wir.«
    »...Ich bin so müde.«
    »Tu mir das nicht an.«
    »Was?«
    »Los, steh auf. Der Wind hat
nachgelassen, es schneit nur noch leicht, und so weit kann es bis zum Hangar
nicht sein.«
    »Kann ich nicht noch ein Weilchen
schlafen?«
    »Steh auf!«
    Er packte mich an den Armen und hievte
mich hoch. Ich mußte ihm helfen. Wenn ich erst mal in Bewegung war, würde es
schon gehen.
    Und eines Tages werden wir über das
alles lachen. Vielleicht.
     
    Ich lehnte keuchend an der Außenwand
des Hangars. Trotz der Kälte war ich schweißgebadet, mein Haar feucht unter der
Strickmütze. Die Decken, die ich mir auf Hys Drängen um die Schultern gelegt
hatte, blähten sich und flatterten.
    Er zog seine Pistole und wollte sich
auf das zweiflüglige Tor des Hangars zubewegen, aber ich hielt ihn am Arm fest
und flüsterte: »Gib mir die Lampe. Ich mache eine Seite auf und leuchte rein. Gib
du mir Deckung.«
    »Bist du sicher, daß du das schaffst?«
    »Ja. Ich hab dir’s doch gesagt: Ich
brauchte nur Bewegung.« Noch immer Besorgnis im Blick, drückte er mir die
Stablampe in die Hand, trat beiseite und bezog Schußposition. Ich ergriff den
nicht vorgelegten Riegel auf meiner Seite, zog, schirmte den größten Teil
meines Körpers mit dem Torflügel ab, beugte mich aber so weit herum, daß ich
den Lichtstrahl nach drinnen richten konnte. Merkwürdigerweise war die Luft,
die aus der Öffnung kam, warm.
    Mitten im Hangar stand ein Flugzeug.
Dune Stirlings Maule. Der Boden ringsum war mit Werkzeug und Flugzeugteilen
übersät — ein ähnliches Chaos wie das Schrottlager vor der Hütte.
    Hy war jetzt neben mir. Er schubste
mich hinein und schloß das Tor hinter uns. »Er hat zuletzt an der Maschine
gearbeitet. So, wie sie aussieht, würde ich sagen, sie ist nicht flugtüchtig.«
    »Aber wo —«
    Ich hörte ein Geräusch und schwenkte
den Lichtstrahl nach rechts. Dann hörte ich wieder etwas und schwenkte ihn nach
links.
    Hinter der Maule kam ein Mann hervor.
Die Pistole in seiner Hand war auf uns gerichtet.
     
     
     
     

22
    »Ash Walker!«
     
    Auf meinen Ausruf reagierte er so
erschrocken, wie wir auf sein plötzliches Auftauchen reagiert haben mußten.
Dann spannte sich sein Gesicht vor Angst, und er duckte sich zusammen. Sein
Finger am Abzug zitterte.
    Mein erster Impuls war, die
Taschenlampe wegzuwerfen und nach meiner Pistole zu greifen, der zweite, mich
gegen Hy zu werfen und ihn aus der Schußbahn zu schleudern. Dann sagte Hy
ruhig: »Keine Panik.« Und ich sagte: »Matty schickt uns. Ich bin Sharon McCone,
eine ehemalige Flugschülerin von ihr. Das ist Mattys Freund Hy Ripinsky. Sie
muß von uns gesprochen haben.« Walker verharrte in seiner Kauerstellung und
sagte nichts, aber sein Abzugfinger entspannte sich etwas.
    »Ich bin Privatdetektivin, Ash. Matty
hat mich engagiert, damit ich Sie finde.«
    »Woher wissen Sie meinen richtigen
Namen?« fragte er. »Matty kennt ihn nicht.« Dann setzte er hinzu: »Nicht näher
kommen.«
    »Als Matty mich beauftragt hat, Sie zu
suchen, habe ich Ihre Vergangenheit erforscht.«
    »Das erklärt nicht, woher Sie wußten,
daß ich hier bin.«
    * »Das ist eine lange Geschichte, und
ich habe mit ziemlich vielen Leuten geredet. Erinnern Sie sich noch an Iona
Fowler, die Reporterin der Arkansas Democrat Gazette? Sie meinte, Sie
seien sehr mutig gewesen. Und Ihr Nachbar in Gulf Haven, Mr. Simmons? Er denkt
immer noch freundlich an Sie. Und dann sind da noch Wes und Carla Payne. Und
natürlich Zach.«
    Walker senkte die Pistole ein wenig. Er
wirkte erschüttert und verwirrt. Und ein bißchen zittrig.
    »Ash, wo ist Stirling?«
    Er ignorierte die Frage, schien sich am
Riemen zu reißen. »Matty und Zach — sind sie okay?«
    Ich sah Hy an. Sein Gesicht war hart,
und er zuckte die Achseln. »Sind sie okay?«
    »Zach schon, aber Matty... Hören Sie,
können wir nicht die Pistolen weglegen und miteinander reden?«
    »Was ist mit Matty?«
    Keine Möglichkeit, die Wahrheit zu
umgehen oder abzumildern. »Sie ist tot.«
    Einen Moment lang stand Walker ganz
still da, dann erschauerte er und ließ die Waffe neben sich zu Boden fallen.
Sein — jetzt bartüberwuchertes — Gesicht verzerrte sich, und er schloß die
Augen. »Was ist passiert?«
    »Sie ist während ihres Programms bei
der Flugshow abgestürzt. Jemand hatte an ihrer

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