Am Ende der Nacht
und ich hängte ihn ein und
entfernte die Erdung, während er meine Kreditkarte eingab. Nachdem ich den
Zettel unterschrieben hatte, folgte er mir zur Citabria zurück und strich noch
einmal mit wehmütigem Blick über die Tragfläche. »Irgendwann demnächst«, erklärte
ich, »komme ich mit der Maschine wieder hier rauf, und dann machen wir beide
einen kleinen Rundflug.«
»Danke, das wär toll.«
Es würde nie passieren. Bob war
siebenundfünfzig, hatte den größten Teil seines Erwachsenenlebens hier auf dem
Flugplatz verbracht, liebte Flugzeuge mehr als sonst irgend etwas auf der Welt
— und hatte eine Todesangst vor dem Fliegen. Er wäre im Erdboden versunken,
wenn er gewußt hätte, daß alle hier seine raffinierten Ausreden, warum er nie
mitflog oder Flugstunden nahm, längst durchschauten, also spielten alle dieses
Spiel mit. Doch genauso, wie Vorsicht einen guten Piloten ausmacht, kann Angst
vor dem Fliegen einen guten Tankwart ausmachen. Niemand, der Bob kannte, fühlte
sich nach dem Auftanken bemüßigt zu überprüfen, ob er die Tankdeckel auch
richtig festgeschraubt hatte.
Ich ließ die Citabria auf dem
Besucherabstellplatz und ging zu der Werkstatt, die neben Flugschule und
Flugzeugvermietung lag. Ich hatte gehofft, den Mechanikern hier ein paar Fragen
stellen zu können, aber die Werkstatt war geschlossen. Das Vermietungsbüro war
offen und machte das übliche rege Samstagsgeschäft, also ging ich rein und bat
die Frau hinterm Tresen nachzusehen, ob Gray Selby heute da sei. Laut Plan war
er mit einem Schüler unterwegs und mußte in einer Stunde — um zwölf — wieder
zurück sein.
Ich setzte mich in einen Kippsessel
neben der Tür, plauderte ein bißchen mit alten Bekannten, die an mir
vorbeikamen, und streute gelegentlich eine Frage nach John Seabrook oder
eventuellen fremden Besuchern in Hangar B ein. Niemand konnte mir etwas sagen,
was über Bob Cudas Auskünfte hinausging. Bald schon leerte sich der Raum, weil
die Leute nach Hause, in den Diner oder in die Lüfte entschwanden. Um zehn nach
zwölf war Gray Selby immer noch nicht wieder da, also nahm ich mir die
Zeitschrift Flight Training und versuchte mich in einen Artikel über Vergaservereisung
zu vertiefen — ein Thema, über das ein Flieger gar nicht genug wissen kann. Ich
konnte mich jedoch nicht konzentrieren und merkte, wie ich Absätze ein zweites
und drittes Mal las. Schließlich legte ich das Heft weg.
In dem gemütlichen Raum hingen
maßstabsgetreue Flugzeugmodelle von der Decke, und die Wände schmückten Fotos
von Flugschülern, aufgenommen am Tag ihres ersten Alleinflugs. Ich suchte meins
und fand eine jüngere Ausgabe meiner selbst, die die Tragflächenstrebe der
alten Cessna umarmte, das lange Haar windzerzaust, das breiteste Grinsen der
Welt im glühenden Gesicht.
Es heißt immer, der erste Alleinflug
sei das berauschendste Erlebnis, das es gibt. Und das stimmt auch.
Halb eins auf der Uhr hinterm Tresen.
Ich würde Selby noch zehn Minuten geben und dann einen Burger einpfeifen und zusehen,
daß ich nach Sacramento zurückkam.
Ich sah ihn durchs Fenster: ein
kleiner, gedrungener Mann mit kurzgeschorenem weißem Haar. Er trug seine alte
lederne Pilotenjacke — jenes Kleidungsstück, das in seiner Militärzeit die
Elite der Marineflieger vom gemeinen Fliegervolk unterschieden hatte und dies
bis heute tat. Hinter ihm zockelte ein Flugschüler her — höchstens zwanzig, mit
hängenden Schultern und blassem, erschöpftem Gesicht. Selby nahm immer zwei
Stufen auf einmal, stürmte energisch durch die Tür und fing sie gerade noch ab,
ehe sie dem jungen Mann ins Gesicht schlug. Über die Schulter sagte er: »Du wirst
es nicht schaffen, Junge, wenn du dir das nicht abgewöhnst. Und vor lauter
Schiß am Knüppel zu ziehen, ist die hirnrissigste Angewohnheit, die man haben
kann — der kürzeste Weg ins Grab.«
Der Flugschüler sagte nichts, ging
einfach nur mit dem Flugbuch zum Tresen, um zu zahlen. Ich sah ihm nach, und
mein Mitleid mit ihm schlug rasch in Zorn auf Selby um.
Sicher, grundsätzlich hatte er recht;
was der Schüler da gemacht hatte, konnte zu einem schlimmen Unfall führen. Wenn
man als Flugneuling Angst kriegt, dann meist deshalb, weil man denkt, man
stürzt ab. Sobald die Maschine sinkt, reagiert man instinktiv damit, am Knüppel
zu ziehen, um die Nase hochzureißen. Logisch und natürlich, aus Laiensicht.
Doch Überziehen kann zu einem Strömungsabriß führen, und wenn das in geringer
Höhe passiert
Weitere Kostenlose Bücher