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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Geburtsurkunden? Sind
die auch echt?« Bedeutungsvolles Zögern — ein sicheres Zeichen, daß da etwas
war. »Na ja, die Ämter für Bevölkerungsstatistik haben am Wochenende nicht
offen und die Krankenhausarchive auch nicht. Aber was ich gemacht habe, war,
das Telefonverzeichnis des Großraums Detroit nach den genannten Ärzten
durchzusuchen. Keine Nummer für den Doc, der Seabrook auf die Welt geholt hat —
er ist vermutlich tot — , aber eine Privatnummer für den Arzt, der Zachs Geburt
geleitet hat. Als ich ihn angerufen habe, hat er mir gesagt, er ist im
Ruhestand.«
    »Gute Arbeit, Mick! Konnte er sich an
die Seabrooks erinnern?«
    »Bestens. Sie waren mit seinem Sohn
befreundet. Und an das freudige Ereignis erinnert er sich auch.«
    Jetzt sagte mir der Klang seiner
Stimme, daß er eine Überraschung in petto hatte. »Und?« fragte ich ungeduldig.
Ich haßte es, wenn Mick seine Ergebnisberichte so in die Länge zog — und genau
deshalb tat er es.
    »Und«, sagte er, »der kleine Zachary war
schwarz.«
    »Was?«
    »Wie auch seine Eltern.«
    »Ach.« Ich schwieg einen Moment. »Tja,
dir ist ja wohl klar, was das bedeutet?«
    »Daß wir’s mit falschen Identitäten zu
tun haben.«
    »Du sagst, der Sohn des Arztes war mit
den Seabrooks befreundet. Weiß der Alte, ob er noch Kontakt zu ihnen hat?«
    »Hat er nicht. Die Seabrooks zogen weg,
als Zach etwa fünf Monate war. Der Sohn hat nie wieder was von ihnen gehört,
und kein anderer Arzt hat je die Patientenunterlagen der Frau angefordert.«
    »Ich gehe jede Wette ein, daß die
echten Seabrooks tot sind, und zwar schon über zehn Jahre. Und daß der Mann,
der sich für John Seabrook ausgibt, diese Geburtsurkunden an sich gebracht und
darauf falsche Identitäten für sich und seinen Sohn aufgebaut hat.«
    »Moment mal«, sagte Mick. »Steht auf
Geburtsurkunden die Hautfarbe?«
    Ich schloß die Augen und versuchte, die
von Seabrook heraufzubeschwören, aber es gelang mir nicht. »Ich weiß nicht,
aber selbst wenn, kann man das ändern.«
    »Und was ist mit den
Sozialversicherungsnummern?«
    »Der falsche John Seabrook hat sie
vermutlich beantragt, nachdem er an die Geburtsurkunden gekommen war.«
    »Ich würde gern mal einen Blick auf
sein Einzahlungskonto werfen.«
    »Das würde dir auch nichts sagen; es
reicht nur bis zu dem Zeitpunkt zurück, als er in Los Alegres aufgetaucht ist.«
    »Trotzdem...«
    »Nein, Mick. Nein. Die
Sozialversicherungsbehörde hütet ihre Unterlagen strenger als sonst irgendeine
Bundesbehörde. Selbst das FBI darf da ohne Gerichtsbeschluß keinen Einblick
nehmen.«
    »Es muß doch einen Weg geben.«
    »Mick, ich sagte nein!«
    Er stieß den gequälten Seufzer eines
Vollbluthackers aus. Einige Monate, ehe er bei mir angefangen hatte, war er in
den Computer der Schulaufsicht von Pacific Palisades eingedrungen und hatte
gewisse Informationen gewinnbringend weitergegeben — eine Missetat, die seine
Eltern veranlaßt hatte, ihn aus Südkalifornien zu verbannen und meiner
zweifelhaften Obhut zu unterstellen.
    »Okay«, sagte er, »aber du hast doch
nichts dagegen, wenn ich ein paar andere Sachen checke?«
    Noch vor einem Jahr hätte ich wissen
wollen, was das genau für Sachen waren, aber jetzt gab ich ihm einfach nur
grünes Licht und verabschiedete mich.
    Vielleicht, dachte ich, hatte ich
deshalb kapituliert, weil ich wußte, daß ich Mick ohnehin von nichts abhalten
konnte, was er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte. Oder vielleicht hatte ich
auch zuviel mit — häufig über die Grenzen des Legalen hinausgehenden —
Unternehmen wie Renshaw und Kessell zu tun gehabt, um meine Skrupel
aufrechtzuerhalten. Aber wahrscheinlich bröckelten diese einfach unter der
Einwirkung einer Welt, die das alles einen Scheißdreck kümmerte.
     
    Ich würde Matty nicht sagen, was Mick
herausgefunden hatte — jedenfalls nicht, bevor sie ihr Programm hinter sich
hatte, frühestens in fünf Stunden. Und ich wollte auch nicht weiter
herumstehen, während sie und Hy ihre ausgiebigen Checks durchführten — nicht,
wenn hier alles sicher schien und es anderswo Spuren zu verfolgen gab.
    Wieder draußen auf dem Platz,
unterbrach ich Hys minutiöse Inspektion des Zündsystems und bat ihn um die
Schlüssel der Citabria. Er sah verdutzt auf, erklärte Matty, er sei gleich
wieder da und begleitete mich zum Parkplatz. »Wo willst du hin?«
    »Nach Los Alegres.« Ich nahm die
Achtunddreißiger aus meiner Handtasche und gab sie ihm. »Hier, falls du

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