Am Ende der Nacht
lange stand, und um kurz vor neun konnte ich
das helle Rund bereits ahnen.
Der Flugplatz war klein: nur eine
Start- und Landebahn, ein Hangar und wenige Gästeabstellplätze — was uns
veranlaßt hatte, die Citabria auf dem Sacramento Metro Airport zu lassen und
einen Mietwagen zu nehmen. Man war schon dabei, Zuschauerbänke und niedrige
Absperrungen zu errichten; zwei Männer mühten sich, ein rot-weiß-blau
gestreiftes Zelt auszurollen, und Imbißwagen trafen ein. Eine Zeitlang stand
ich fröstelnd da und sah zu, wie Hy und Matty um die schlanke gelbe Maschine
herumgingen und den Check durchführten, wozu unter anderem die Überprüfung der
Bremshydraulik, der Treibstofftanks, des Propellers, der Klappen und Ruder
gehörte. Matty war heute morgen wieder ganz die alte: klaräugig und voller
Selbstvertrauen. Das lange Haar hatte sie mit einem fröhlichen gelb-roten Schal
zurückgebunden — dasselbe Strahlenmuster wie auf den Tragflächen ihrer
Maschine. Hy dagegen war schweigsam und nachdenklich gewesen, seit uns der Weckruf
um sieben aus dem Schlaf gerissen hatte.
Als sie die Motorabdeckung öffneten und
die Köpfe über die Innereien der Maschine beugten, beschloß ich, ein bißchen
herumzuspazieren. Der Anblick erinnerte mich an das letztemal, daß Hy und ich
so über einem Motor gehangen hatten; mein erster und einziger
Notreparaturversuch war auf eine Art und Weise mißglückt, die ihn, mich und
Habiba beinahe das Leben gekostet hätte.
Inzwischen hatte die Sonne ein Loch in
den Nebel gebrannt, und ihr Durchbruch schien die eintreffenden Piloten und
Mechaniker aufzumuntern. Leute riefen und winkten einander zu, grüßten mich
höflich und vermieden geflissentlich jede Bemerkung über das Wetter. Es bringt
Unglück, darüber zu reden. Obwohl Flieger von sich behaupten, sämtliche Kapricen
des Wetters zu durchschauen, gibt es doch nur wenige, die nicht insgeheim
glauben, daß es von einer launischen und boshaften Gottheit kontrolliert wird,
die jedes Wort mitbekommt.
Ich ging den Platz entlang und
bewunderte die parkenden Maschinen. Jede war auf ihre Weise schön. Da standen
Pitts Specials, jene winzigen Doppeldecker, die viele Jahre als die besten
amerikanischen Kunstflugmaschinen gegolten hatten, eine schlanke, aggressive
Extra 300 S, ein tschechischer Zlin-Eindecker, etliche Eigenbauten, eine
rotweiße Chipmunk Special. Ich blieb stehen und unterhielt mich mit dem
Besitzer einer Vorkriegs-Bücker Jungmeister, der behauptete, dieser blaue
Doppeldecker sei die einzig wirklich taugliche Maschine für eine saubere
gerissene Rolle. Er machte mich mit zwei Tragflächenakrobaten bekannt, einem
Ehepaar, dessen Spezialität synchrone Bewegungen auf einem fliegenden
Doppeldecker waren. Obwohl das in meinen Augen ziemlich wahnsinnig war, wirkten
die beiden ganz locker und normal, als sie mir Geschichten über Tragflächenartisten
und waghalsige Piloten der zwanziger und dreißiger Jahre erzählten. Nach einer
Weile wanderte ich weiter und bewunderte von fern eine belgische Stampe, deren
Besitzer — nach der finsteren Miene, mit der er die Tragflächen wachste, zu urteilen
— heute keinen guten Tag hatte.
Schließlich wandten sich meine Gedanken
wieder der Arbeit zu. Ich zog mich in den Mietwagen zurück, nahm mein Handy
heraus und wählte die Nummer von Micks Apartment. Niemand da, nur der
Anrufbeantworter. Als ich im Büro anrief, informierte mich Ted — der auch
samstags kommt, dafür aber montags morgens freimacht, wenn Neals Buchladen zu
hat daß mein Neffe ebenfalls da war.
Mick klang extrem fröhlich für
jemanden, dessen Freundin mit jemand anderem ausgeht. Vielleicht war Keims Date
gestern abend ja schiefgelaufen, und vielleicht war sie noch bei ihm
vorbeigekommen, um ihm zu sagen, was für ein Goldstück er war. Aber
wahrscheinlicher war, daß seine gute Laune mit irgendeinem Triumph am Computer
zu tun hatte.
Ich fragte: »Und? Hast du was für
mich?«
»Was ziemlich Komisches. Ich erzähl’s
dir der Reihe nach. Angefangen habe ich mit den Sozialversicherungsnummern, die
du mir für Seabrook und den Jungen genannt hast. Sie sind echt — oder weisen
zumindest keinen der offensichtlichen Fehler auf, die gefälschte meistens an
sich haben, wie zum Beispiel eine Neun vorn oder vier Nullen am Ende. Als
nächstes habe ich gecheckt, in welchem Staat sie ausgestellt wurden;
drei-acht-vier und drei-acht-sechs stehen für Michigan, was mit den Geburtsurkunden
übereinstimmt.«
»Was ist mit den
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